Der Rhein wird wegen seines oft ruhigen Wesens gerne unterschätzt. Er kann auch anders, wie das letzte Hochwasser von 2021 bewiesen hat. Extreme Wasserstände gab es schon früher, zum Beispiel in den Jahren 1999 und 1994, als es in Rheinfelden nicht viel brauchte und der Rhein wäre in die Altstadt eingedrungen. René Leuenberger, bis 2021 Präsident des Pontoniersportvereins Laufenburg/Schweiz, erklärt: „Auch wenn der Rhein reguliert wurde, haben wir mit dem Wasser eine Naturgewalt, welche sich jederzeit verändern kann.“

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Ähnlich Gerhard Kunsemüller, ebenfalls aus Laufenburg: Seit vielen Jahren paddelt er im Kanu auf dem Rhein und weiß: „Bei Hochwasser ist der Rhein ein reißender Strom, bei wenig Wasser wirkt er wie ein See.“

Deshalb sei es für Wassersportler wichtig, die sich stets ändernden Gegebenheiten genau zu beobachten. Gerade von Anfängern würden Gefahrenstellen oft verkannt, so Kunsemüller. Gelegentlich spielt auch der Leichtsinn eine Rolle – wie 1975, als zwei Männer im Rhein bei Laufenburg ertranken, nachdem ihr Motorboot gekippt war.

Ein Teil der Ausstellung „Gefahr am Fluss“: Dieses surreale Gemälde von Carolo Müller mit Nixen oder Sirenen an einem Flussufer.
Ein Teil der Ausstellung „Gefahr am Fluss“: Dieses surreale Gemälde von Carolo Müller mit Nixen oder Sirenen an einem Flussufer. | Bild: Peter Schütz

Nun zeigt der Museumsverein Schiff seit dem 5. Februar eine Ausstellung über den Rhein. Jedoch weniger über dessen Schönheit, sondern über die Gefahren, die von ihm ausgehen können. Die Schau heißt denn auch „Gefahr am Fluss“. Kuratiert wird sie von Ariane Dannacher, Vizepräsidentin des Museumsvereins. Die Idee stammt von ihr, nachdem sie in Konstanz vor drei Jahren die Ausstellung „Der gefährliche See“ gesehen hat.

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Dessen Konzept mit Geschichten vom Bodensee, zum Beispiel über die „Rheinnot im Rheintal und spektakuläre Unglücksfälle auf dem See, neuzeitlichen Veränderungen sowie Kunstwerken aus Alpen- und Bodenseeregion, hat sie überzeugt. „Ich habe gefunden, so etwas kann man auch hier machen, es gibt sicher Geschichten dazu“, blickt Ariane Dannacher zurück.

Ariane Dannacher mit einem Salzgefäss, neben ihr Hannes Burger, Präsident des Museumsvereins Schiff.
Ariane Dannacher mit einem Salzgefäss, neben ihr Hannes Burger, Präsident des Museumsvereins Schiff. | Bild: Peter Schütz

Gedacht, getan: Weil auch der Rhein in Laufenburg voller Geschichten aus verschiedenen Zeiten ist, hat sie mit der Recherche begonnen, in Frage kommende Bilder organisiert und mehrere Autoren für eine 80-seitige Broschüre gewinnen können. Im Fokus stehen Ertrag und Risiko des Rheins für Fischer, Flößer, Schiffer und Touristen. Das Resultat kann sich sehen lassen.

Franz Schwendemann zum Beispiel befasst sich mit der erst seit 100 Jahren erforschten Flussgeschichte des Hochrheins bei Laufenburg, Felix Morsdorf gibt Einblicke in die Bedeutung von Pegeln, Seen und Satelliten die Hochwassergefahren. Martin Blümcke, Stadtarchivar von Laufenburg/Baden, berichtet von den Gefahren im Fließwasser, schildert dramatische Geschichten und widmet sich der früheren Schifffahrt und Flößerei auf dem Hochrhein, insbesondere in Laufenburg.

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Was heute eine Touristenattraktion sein könnte, jedoch dem Kraftwerksbau zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum Opfer fiel, ist Thema des Beitrags von Ariane Dannacher: In „Die versunkenen und gesprengten Felsen von Laufenburg“ berichtet sie vom Laufen, der Stromschnelle bei der alten Rheinbrücke. „Als die Sprengarbeiten für den Kraftwerkbau 1908 begannen, war sein Ende nur noch eine Frage der Zeit“, schreibt Dannacher. Speziell schließlich ihre Schilderung von Eisgang und „Rhygfröri“.

Kaum zu glauben und noch gar nicht so lange her: Der Rhein konnte schon mal zufrieren, derart, dass die Eisdecke Menschengruppen trug. Dies beweisen die Fotos von einem Treibeisgewölbe 1891 oder von 1929, als sogar ein Motorrad auf dem Eis gefahren wurde. Der Rhein fror später noch zwei Mal zu: in den Jahren 1956 und 1963.

Motorradfahrer Ernst Maier und Grenzwächter Carolo Müller, im Februar 1929, als der Rhein zugefroren war.
Motorradfahrer Ernst Maier und Grenzwächter Carolo Müller, im Februar 1929, als der Rhein zugefroren war. | Bild: Privat/Museum Schiff, Leoni Laufenburg

Ernst Berger, Lehrer an der Oberschule in Laufenburg, notierte am 22. Januar 1963: „Der Rhein ist mit Ausnahme weniger Stellen mit einer Eisdecke überzogen. Das Motorschiff des Kraftwerks wirkt als Eisbrecher, was den zahlreichen Wasservögeln zugutekommt. Schwäne, Blesshühner, Tafel- und Reiherenten werden immer mehr zusammengedrängt. Tierfreunde versuchen ihnen Futter zuzuwerfen.“

Ariane Dannacher hat sich in den Räumen des Museums Schiff zusätzlich eines neuen Mediums bedient, indem sie Hörstationen eingerichtet hat. Hinzu kommt ein Film über ein Hochwasserereignis. Abgerundet wird das Thema mit Gemälden – eines davon stammt aus Todtmoos im Schwarzwald – sowie Modellen von Weidlingen. Theo Bachmann hat die Nachbildung eines Karrens beigesteuert, während vom früheren Grenzwächter Carolo Müller ein surreales Gemälde mit Nixen an einem Flussufer zu sehen ist.

Ein Treibeisgewölbe im Februar 1891. Stadtpfarrer Hermann Müller von Großlaufenburg (links) erließ im strengen Winter 1891 einen Aufruf ...
Ein Treibeisgewölbe im Februar 1891. Stadtpfarrer Hermann Müller von Großlaufenburg (links) erließ im strengen Winter 1891 einen Aufruf zum Spenden an die frierenden italienischen Bauarbeiter. | Bild: Privat/Museum Schiff, Stadtarchiv Laufenburg/Baden

So trifft im Museum Schiff Wissenschaft auf Kunst, Geschichte von früher kommt in der Gegenwart an. Der Großteil der gezeigten Dokumente gehört zum Bestand des Museums Schiff. „Die Ausstellung ist sehr stark grenzüberschreitend“, findet Hannes Burger, Präsident des Museumsvereins. Was ja passt. Denn das Museum Schiff ist ein Museum der Region „für hüben und drüben“, so Burger.

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