Seine wahre Größe gibt das kleine metallene Gebäude an der Hauensteiner Straße auf den ersten Blick nicht preis. Dafür muss es schon betreten werden, aber das steht nur Roland Schleicher zu. Seit 2019 betreut er die Pegelanlage in Hauenstein am Rhein, einem Ortsteil der Stadt Laufenburg.

Sie ist eine von insgesamt 110 gleicher Anlagen in Baden-Württemberg. In Schleichers Verantwortung liegen 22 Pegelanlagen in den Landkreisen Waldshut, Lörrach, Breisgau-Hochschwarzwald sowie im Stadtkreis Freiburg. Seine Aufgabe: Er ist zuständig für die Funktionstüchtigkeit der hochsensiblen Instrumente, die in den Pegelanlagen vorhanden sind und immer die aktuellen Wasserstände liefern.
„Es ist wichtig, dass die Anlagen jeden Tag ihre Daten liefern“, erklärt Roland Schleicher. Der gelernte Maschinenbauer hat seinen Dienstsitz in Bad Säckingen. Er ist beim Regierungspräsidium Freiburg (RP), Landesbetrieb Gewässer, Abteilung 5 Umwelt, angestellt. Das RP Freiburg ist für diese Pegelanlagen verantwortlich und liefert die Daten an die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW), beziehungsweise die Hochwasservorhersagezentrale (HVZ).

Auch Ingenieurbüros sind an diesen Daten interessiert, da oft für neue Baugebiete oder andere Maßnahmen Gutachten erstellt werden müssen. Durch die adäquate Betreuung in der Region des RP Freiburg konnten auch die hohen Wasserstände im Juli 2021 aufgezeichnet werden. Die Bilanz: Ein solches Hochwasser, wie es aufgetreten ist, kommt statistisch nur alle 10 bis 15 Jahre vor.
Eine Pegelanlage liefert kontinuierlich Informationen über Wasserstand und Wassermenge und löst eine Alarmierung bei Hochwasser aus. Darüber hinaus liefert der Pegel Daten über die Häufigkeit von Hoch- und Niedrigwasser für Hochwasserschutz und Flächennutzung – eine segensreiche Einrichtung also, die Leben retten kann. Die Messwerte – Abfluss und Wasserstand – an den Oberflächengewässern können zeitnah über die Hochwasservorhersagezentrale der Landesanstalt für Umwelt aufgerufen werden.
Das RP Freiburg betreut auch Rückhaltemaßnahmen am Oberrhein und konnte durch deren Einsatz im Juli effektiv die Bevölkerung schützen, bis der Rheinpegel abgesenkt war und damit die Schutzdämme entlang der freien Rheinstrecke nördlich der letzten Staustufe bei Iffezheim entlastet waren. „In Baden-Württemberg haben sich die im Rahmen des Integrierten Rheinprogrammes entwickelten Maßnahmen zur Hochwasserminderung im Rhein wieder einmal bewährt“, erklärt Eva Bell, Präsidentin der LUBW.
Roland Schleicher, für den Hauenstein „der wichtigste Pegel ist“, überwacht die Daten zur Übermittlung an die LUBW. „Es ist wichtig, dass die Pegelanlagen jeden Tag ihre Daten liefern“, ist er überzeugt. Gerade jetzt muss alles funktionieren, denn der Rhein hat überdurchschnittlich viel Wasser. Um diese Jahreszeit beträgt der Wasserstand des Rheins normalerweise rund 6,50 Meter, jetzt beträgt er zwischen 7,50 und 8 Meter. Beim Hochwasser im Juli lag er bei 9,88 Meter, der Abfluss rund 3200 Kubik pro Sekunde.
Hinter der Pegelanlage befinden sich fünf Pegellatten. Sie dienen der optischen Kontrolle und sind so aufgestellt, dass es möglich ist, bei jedem Wasserstand nachzumessen und die Anlage zu prüfen, ohne sich selbst in Gefahr zu begeben.
Die Pegelanlagen sind an Gewässern erster Ordnung – sie gehören dem Land – und an Gewässern zweiter Ordnung (Kommunen, Private) platziert. Dass Pegelanlagen auch an Gewässern zweiter Ordnung stehen, ergibt mit Blick in das Klettgau Sinn: Dort gibt es sehr schnell ansteigende Flüsse, die bereits zu Überschwemmungen geführt haben. Die Betriebspegel in Riedern, Erzingen und Weissweil dienen somit dem Schutz der Bevölkerung. Die Gemeinde Klettgau beteiligt sich an den Unterhaltsmaßnahmen der Anlagen, kann dafür auch mit den Pegeldaten ihre Stellwehre steuern.
Überflutungen im Juli 2021
Die Pegelanlage in Hauenstein gehört deshalb zu den wichtigsten ihrer Art, weil sie sich unweit vom Zusammenfluss der drei großen Flüsse Rhein, Reuss und Aare im so genannten Wasserschloss des Kantons Aargau befindet. Worauf Roland Schleicher schwört: Über die App „Meine Pegel“ kann sich die Bevölkerung über aktuelle Wasserstände und die Hochwasservorhersagen informieren. Die App bietet zusätzlich die Möglichkeit, sich bei Überschreitung von individuell konfigurierbaren Wasserständen an Pegeln automatisiert informieren zu lassen.
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