Wer die Orte des Hotzenwaldes erkundet, trifft an einigen Hauswänden auf das aufgemalte Bild einer bewurzelten Tanne mit vier roten und vier schwarzen Eichhörnchen auf den Ästen. Sie verweisen als Wappensymbol auf die ehemalige vorderösterreichische Grafschaft Hauenstein, die heute weitgehend dem Gebiet des Hotzenwalds entspricht.
Die damalige Grafschaft war auf acht Einungsgemeinden aufgeteilt: Dogern, Birndorf, Görwihl, Hochsal, Höchenschwander Berg, Murg, Rickenbach und Wolpadingen (heute Dachsberg).
Die Eichhörnchen als Zeichen der Einung
Die vier roten Eichhörnchen sollen für Einungen oberhalb und die vier schwarzen für Einungen unterhalb der Alb stehen. Die Hausgemälde sind eine von vielen Projekten der historischen Einungsmeister, die sich regelmäßig in ihrer Stube im Dogerner Hirschen treffen.
Sie erinnern an die echten Einungsmeister, die 650 Jahre lang (1371 bis 1806) den acht Einungen der damaligen Grafschaft vorstanden und einen Redmann als Sprecher hatten. Mit einem großen Festbankett in Dogern haben die historischen Einungsmeister dieses runde Geschichtsjubiläum kürzlich gefeiert.
Bauern hatten Wahlrecht
Diese 650 Jahre sind in die Geschichtsbücher eingegangen, weil die Einungsmeister für demokratische Grundprinzipien stehen, die in der damaligen Zeit ein absolutes Novum waren. Während fast überall Grundherren aus dem Adel und Klerus nahezu unbegrenzt auf Grundlage der Leibeigenschaft über ihre Untertanen herrschten, hatten die unter Habsburger Herrschaft stehenden Bauern der Grafschaft Hauenstein weitgehende Rechte und Privilegien.
Sie durften beispielsweise Eigentum besitzen, waren nicht dem Kloster St. Blasien unterworfen und wählten ihre Vertreter selbst: Jeder verheiratete Mann, egal ob reich oder arm, frei oder leibeigen, durfte wählen. Die Männer kamen alle zwei Jahre in den einzelnen Einungen im Freien zusammen, um durch Handaufzeigen ihren Anführer, ihren Einungsmeister zu wählen.

Danach, am 24. April (St. Georgstag), trafen sich die acht alten und acht neuen Einungsmeister in Görwihl, dem Hauptort der Grafschaft. Auf dem Platz vor dem Adler wählten sie aus ihren Reihen einen Redmann als Sprecher der gesamten Grafschaft vor den Obrigkeiten, vor allem vor dem Waldvogt in Waldshut, der dem heutigen Landrat vergleichbar ist.

Die demokratisch aufgebaute Verwaltung der Grafschaft Hauenstein ging einher mit einer für die damalige Zeit bemerkenswerten Selbstständigkeit: Steuern wurden eigenverantwortlich eingezogen, die niedere Gerichtsbarkeit wurde ausgeübt und mit dem sogenannten Landfahnen, schützte sich die Grafschaft selbst gegen Übergriffe von außen.
Gründung der Grafschaft zur Selbsthilfe
Dieser Selbstschutz gilt als Anlass für die Gründung der Grafschaft Hauenstein mit ihrer Einungsverfassung. 1291, nach dem Tod von König Rudolf von Habsburg, spielten Machtkämpfe um seine Nachfolge marodierenden Banden und Heeren in die Karten. Auch die Hauensteiner wurden zunehmend Opfer räuberischer Plünderungen und beschlossen daher, sich zur Selbsthilfe zusammen zu tun. Die Einungen und eine gemeinsame Bürgerwehr entstanden.

Teil der Geschichte der Grafschaft Hauenstein sind die Salpeterer-Unruhen. Die freien Bauern der Grafschaft kamen zunehmend in Konflikt mit dem Kloster St. Blasien, das seine Bauern in Leibeigenschaft hielt und Ansprüche an die freien Bauern in der Grafschaft Hauenstein geltend machte.

Nach blutigen Auseinandersetzungen kaufte sich die Grafschaft Hauenstein 1738 von diesen Ansprüchen frei. Die Loskaufurkunde ist im Besitz der historischen Einungsmeister. 1806 endete die ebenso unruhige wie erstaunliche Geschichte der Einungen. Die Grafschaft Hauenstein wurde aufgelöst und fiel an das neu gegründete Großherzogtum Baden.