Ingrid Böhm

Vor einem Jahr hat die SPD-Fraktion einen Vorstoß unternommen mit einem Antrag an die Verwaltungsspitze mit OB Klaus Eberhardt, die hausärztliche Versorgung zum Thema im Gemeinderat zu machen. Die Lage hat sich seither bekanntlich nicht verbessert. Wer neu in einer Praxis als Patient aufgenommen werden möchte, muss warten, weil die praktizierenden Hausärzte ausgelastet sind. Nun war das Thema erneut auf der Tagesordnung des Gemeinderats. 

Die SPD hat 2019 eine kommunale Übersicht der Verwaltung zur weiteren hausärztliche Entwicklung beantragt, nachdem immer mehr Hausärzte ins Rentenalter kommen und sich die Nachfolgefrage stellt und sich durch Zuzug die Situation verschärft. Deshalb gibt es ein Interesse, Lösungsmodelle auszuwerten und Initiativen anderer Kommunen, die sich für die Praxis eignen. Besonderes Interesse hat die Fraktion an einem medizinischen Versorgungszentrum für Rheinfelden angemeldet, das jungen Ärzten „in naher Zukunft eine der heutigen Zeit angepasste Alternative“ biete und damit die hausärztliche Versorgung der Bevölkerung „bestmöglich“ sichere.

Im Bericht geht die Verwaltung auf Bemühungen seit 2014 ein. Dabei wurden eine Projektgruppe eingerichtet und Bausteine für ein Handlungsprogramm entworfen, das auch mit Blick auf den Krankenhausstandort die fachärztliche Versorgung sichert. „Die Situation für die Stadt bleibt schwierig“, heißt es trotz der Bemühungen auf verschiedenen Ebenen.

Nach den aktuellen Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) für den Mittelbereich Rheinfelden mit Grenzach-Wyhlen und Schwörstadt, liege die hausärztliche Versorgung derzeit bei 95 Prozent, während Lörrach/Weil und Schopfheim demnach auf 100 und mehr Prozent kommen.

Auch Aussagen von Ärztesprecher Ludwig Fritze zur Entwicklung werden berücksichtigt. Als wesentliche Rahmenbedingungen, damit sich Ärzte niederlassen, sieht die Verwaltung, dass Kinderbetreuung garantiert oder städtische Wohnungen vermittelt werden. Auch kommunale Unterstützung beim Umgang mit Behörden und der Suche nach Praxisräumen werde erwartet. Als weitreichendste Option für die Versorgung der Zukunft wird der kommunale Betrieb eines MVZs bezeichnet.

Das könnte Sie auch interessieren

Für ein Medizinisches Versorgungszentrum gebe es eine „wachsende Zahl positiver wie auch negativer Beispiele“, heißt es in der Gemeinderatsvorlage. Trotz seit 2018 verbesserter gesetzlichen Grundlagen erkennt die Verwaltung dafür einen „erheblichen Personal-, Kapital- und generellen Ressourcenaufwand“, der mit einem „bleibenden unternehmerischen Risiko behaftet“ sei. Die Folgerung lautet deshalb: „Aus Sicht der Stadtverwaltung kommt diese Option für die Stadt Rheinfelden derzeit nicht in Frage“. Eine kommunale Verantwortung wird dennoch gesehen. Deshalb wollen sich Stadtverwaltung und Wirtschaftsförderung weiter bemühen, die Ansiedlung von Haus- und Fachärzten „im Rahmen des Möglichen“ zu unterstützen, heißt es.

Zu den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) nimmt die Verwaltung detailliert Stellung. Häufig bestehe die Lösung der Versorgungsproblematik bei diesem Modell darin, dass Ärzte aus dem Ausland dafür angeworben werden. Ein MVZ biete in der Regel fachübergreifende oder rein hausärztliche Einrichtungen. Als Vorteil kommt unter anderem zur Sprache, dass Synergien in dieser Konstellation entstehen beim Abrechnungswesen, steuertechnischen Belangen, gemeinsamer Gerätenutzung, flexiblen Arbeitszeiten und erweiterten Öffnungszeiten.

Kritisch wird dagegen „das Eindringen gewinnorientierter Managementformen“ betrachtet, auch dass die ärztliche Freiberuflichkeit gefährdet werde oder Praxen verdrängt werden. Eine möglicherweise mangelnde Identifikation der Ärzte und der Patienten mit dem Zentrum geben ebenfalls zu denken.