Alle zehn Jahre gibt es EU-weit einen Zensus, bei dem auch in Deutschland zehn Prozent der Gesamtbevölkerung statistisch befragt werden, etwa zu ihrer Wohnsituation oder zum Bildungsgrad. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf politische Handlungsfelder ziehen. Rheinfelden als Kreisstadt mit mehr als 30.000 Einwohnern ist verpflichtet, eine eigene Erhebungsstelle zu unterhalten. Diese ist aber nicht im Rathaus untergebracht, sondern in einer ehemaligen Zahnarztpraxis. Und das hat mit dem Datenschutz zu tun.

Ein Schild weist auf das Büro der Zensus-Erhebungsstelle hin.
Ein Schild weist auf das Büro der Zensus-Erhebungsstelle hin. | Bild: Verena Pichler

Katja Teuchert steht vor dem Haus Nummer 21 an der Zähringerstraße, in dem eine Apotheke und eine Arztpraxis ansässig sind – und nun auch die Erhebungsstelle für den Zensus. „Ich dachte, Sie finden uns vielleicht sonst nicht“, sagte die Mitarbeiterin des Hauptamts lachend.

Und damit liegt sie goldrichtig, denn nichts weist auf die Büroräume hin, in der Teuchert gemeinsam mit Claudia Effenberger in den kommenden eineinhalb Jahren tätig sein wird. Ihre Aufgabe: Die Erhebung der Rheinfelder Daten zu organisieren, die sogenannten Erhebungsbeauftragten schulen und die Daten ans statistische Landesamt Baden-Württemberg melden. Coronabedingt wurde der Zensus, der eigentlich 2021 fällig gewesen wäre, verschoben.

Das Büro ist mit einem Empfangsbereich und einem kleinen Besprechungszimmer ausgestattet, die Tür zum Arbeitszimmer aber bleibt geschlossen. „Aus Datenschutzgründen dürfen wir da niemanden hineinlassen“, erläutert Teuchert. Der Datenschutz ist auch der Grund, warum die Erhebungsstelle nicht im Rathaus untergebracht ist, sondern in Privaträumen nur einen Steinwurf entfernt. „Wir haben schon geprüft, ob es möglich ist, die Stelle im Rathaus einzurichten“, schildert Teuchert. Allerdings seien viele Räume Durchgangszimmer, sodass der Datenschutz wegen zu viel Publikumsverkehrs nicht gewährleistet wäre. Auch seien die räumlichen Kapazitäten im Rathaus ohnehin schon begrenzt.

Doch nicht nur in der analogen Welt gibt es hohe Hürden. „Wir legen die Daten in einer Cloud ab“, schildert Teuchert. Noch nie habe sie so hohe Anforderungen an Passwörter gehabt, sagt sie schmunzelnd. Rund 100.000 Euro Kosten entstehen der Stadt durch die Erhebung, einen Großteil bekommt sie zurückerstattet.

Die Befragten

Wer beim Zensus 2022 befragt wird, entscheidet das Statistische Landesamt per zufälliger Auswahl an Wohnanschriften, in Rheinfelden sind davon in der Hauptziehung rund 3400 Personen betroffen. „Hinzu kommen nochmals etwa 1000 Menschen aus Einrichtungen wie die Gemeinschaftsunterkunft oder Pflegeheimen“, erläutert Teuchert. Wer ausgewählt wurde, ist verpflichtet, mitzumachen. „Im schlimmsten Fall droht ein Bußgeld“, sagt Teuchert. Aktuell sortieren Teuchert und Effenberger die eingegangenen Anschriften und versuchen, sinnvolle Cluster für die Befragungen zu bilden.

Die Ausgewählten werden per Schreiben informiert und ein sogenannter Erhebungsbeauftragter vereinbart einen Termin für ein Interview. Wer mag, kann den Fragebogen auch im Internet ausfüllen. Die Fragen drehen sich etwa um den Bildungsstand, die Wohnsituation oder die Erwerbstätigkeit. Zwischen 25 und 30 solcher Beauftragter braucht die Stadt und ist noch auf der Suche nach Helfenden. Dafür gibt es eine Aufwandsentschädigung.

Claudia Effenberger wurde einzig für den Zensus angestellt und freut sich auf das Projekt. Demnächst kommt noch eine dritte Kraft hinzu. Denn die Hochphase beginnt erst im kommenden Jahr: Zwischen Mai und November erfolgen die Befragungen, danach werden die Daten anonymisiert ans Statistische Landesamt zurückgeschickt. „Die Nachbereitungsphase endet im Mai 2023“, so Teuchert.

Sie und ihre Kollegin finden den Zensus spannend und sinnvoll. „Die Daten dienen als Grundlage für verschiedene politische Entscheidungen“, erklärt Effenberger. Etwa, wo es an Kitas und Schulen fehlt und wo Handlungsbedarf im Wohnungsbau besteht. Aber auch die Finanzzuweisungen, beispielsweise vom Land oder der EU richten sich nach den Ergebnissen des Zensus. Er diene auch dazu, die Einwohnerregister von „Karteileichen“ zu befreien. „Es kommt ja immer wieder mal vor, dass sich jemand beim Umzug nicht neu anmeldet“, so Teuchert.

Deshalb könnten die Ausgewählten es auch eher als Privileg, denn als Pflicht verstehen. „Mit seinen Antworten gestaltet man ja mit“, findet Effenberger.