Rheinfelden – 2027 hätte die Feuerwehrabteilung Rheinfelden ihr 125-Jahr-Jubiläum gefeiert. Der letzte Abteilungskommandant Enrico Leipzig (50) und sein letzter Stellvertreter Thomas Kieper (58) erinnern sich noch an das 100-Jährige, das kurz nach der Jahrtausendwende im Bürgersaal ausgiebig gefeiert wurde. Anlässlich des Festes sei auch das Basler Häbse-Theater zum ersten Mal in Rheinfelden zu Gast gewesen. „Die Abteilung Rheinfelden wurde in der Bevölkerung sicher wahrgenommen“, sagt Leipzig, „wir waren als städtische Einrichtung präsent, etwa mit dem Güggelfescht.“ Leipzig zog erst 1997 nach Rheinfelden, war aber bereits in Schopfheim im Feuerwehrdienst. Er bleibt wie bisher stellvertretender Kommandant der Gesamtwehr.
Der gebürtige Nordschwabener Thomas Kieper erinnert sich, wie er in Rheinfelden bereits „als Bub Schläuche aufhing und am Sonntagmorgen beim Frühschoppen um das Gerätehaus herumsprang“. Sein Vater Klaus war 25 Jahre in der Feuerwehr. 1977 wurde Kieper selbst mit 14 Jahren Mitglied der 1970 gegründeten Jugendfeuerwehr, 1983 trat er in die Aktivmannschaft über. Seit er in der Feuerwehr ist, begleiten ihn die Planungen zum neuen Gerätehaus.
Obwohl das Feuerwehrhaus in Rheinfelden in der Hardstraße spätestens seit den 1970er Jahren an seine Kapazitätsgrenzen gekommen war, übernahm die Abteilung zentrale Aufgaben für die Gesamtwehr. Das Tanklöschfahrzeug, das bereits 1973 beschafft wurde, aber aus Platzmangel in Nollingen untergebracht war, wurde 1986 nach dem Umzug von dort nach Rheinfelden geholt.
Die Abteilung Rheinfelden rückte damit auch in die Ortsteile aus. „Das wurde in den Dörfern nicht gerne gesehen“, erinnert sich Kieper: „Aber mit nur sechs Mann Besatzung waren wir ganz schnell vor Ort.“ Die Löschfahrzeuge in den anderen Abteilungen hätten damals noch von neun Mann besetzt werden müssen. Wegen der niedrigen Tore im Feuerwehrhaus von nur 2,90 Metern Höhe habe die Abteilung Rheinfelden allerdings Spezialanfertigungen gebraucht, sagt Kieper: „Wir konnten keine Fahrzeuge nach DIN bestellen, sondern nur nach Tor.“
Der Grundsatz war, dass der Löschzug in Rheinfelden als größter Abteilung stehe. Zu einem Löschzug gehört neben einem Führungs- und zwei Fahrzeugen auch die Drehleiter. Sie wurde deshalb 1990 bei einer Neubeschaffung ebenfalls in Rheinfelden, statt wie die vorherige in Nollingen, stationiert. Leipzig bestätigt: „Die Abteilung Rheinfelden war beim Ausrücken immer sehr schnell wegen ihres Standorts.“
In der Abteilung dienten zuletzt fünf Frauen. Die erste Feuerwehrfrau, Sandra Ihringer, trat als Quereinsteigerin im Mai 2001 ihren Dienst an, hat Leipzig recherchiert. Schon sechs Monate später folgte mit Daniela Lang das erste Eigengewächs aus der Jugendfeuerwehr.
Lebhaft in Erinnerung geblieben ist Enrico Leipzig der Eintritt Natalie Müllers, der Schwiegertochter des ehemaligen Abteilungskommandanten Gerhard Müller: Mit einer Körpergröße von nur 1,63 Metern musste erst eine Spezialgröße für die Uniform bestellt werden. Leipzig legt Wert darauf, dass „in der Abteilung Rheinfelden alle willkommen waren“: Auch die Staatsangehörigkeit habe keine Rolle gespielt. Mitglieder mit italienischem und türkischem Pass hätten das bewiesen.
Die Anfänge der Gesamtwehr Rheinfelden liegen in Nollingen
Rheinfeldens Wehr startete als Nollinger Abteilung.
- Beginn: Als die Freiwillige Feuerwehr Rheinfelden am 17. Dezember 1901 bei einer Versammlung im Wasserturm mit 69 Mitgliedern gegründet wurde, war sie eine Abteilung der Feuerwehr Nollingen. Dieses Verhältnis sollte sich erst 1930 ändern, als die Gesamtwehr der Stadt mit einer Neuorganisation in die drei Kompanien Nollingen, Rheinfelden und Warmbach eingeteilt wurde, die später als Löschzüge bezeichnet wurden. Erst nach der Eingemeindungsphase in den 1970er-Jahren wurden die „Löschzüge“ Abteilungen genannt. 1936 wurden die zuvor als Vereine organisierten Feuerwehren im Deutschen Reich als „Feuerlöschpolizei“ in staatliche Behörden umgewandelt, wie Gerhard Salg, ehemaliger Kommandant und heutiger Feuerwehrarchivar, weiß.
- Promis sind dabei: Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs seien vor allem angesehene Rheinfelder Bürger in Führungspositionen Mitglied der Abteilung gewesen. Peter Krauseneck und Ernst Danner zählen zu den Bekanntesten. Unter den Feuerwehr-Promis ragte Bauunternehmer Karl Metzger hervor, der von 1919 bis 1939 die Feuerwehr durch Demokratie und Diktatur führte und prägte. Als er 1940 starb, wurde ihm ein Begräbnis auf dem Hauptfriedhof zuteil, das mit dem Geleit zahlreicher Wehren aus den Kreisen Säckingen, Waldshut und Lörrach einem Staatsbegräbnis glich. Salg hütet eine filmische Dokumentation der Beerdigung in seinem Archiv. Der Dienst dieser vielen Lokalprominenten hatte einen Nachteil: Die Übungsdisziplin ließ in dieser Zeit enorm zu wünschen übrig. Metzger machte etwa vor der Wiederwahl 1923 einen besseren Übungsbesuch zur Bedingung, um sich weiterhin als Kommandant zur Verfügung zu stellen. Geldstrafen für säumige Wehrmänner wurden eingeführt. Laut den Protokollen gehen die nunmehr von oben ernannten „Wehrführer“ während des Dritten Reiches dazu über, Feuerwehrmänner mit mangelnder Disziplin öffentlich mit Namen zu denunzieren.