Trotz Pandemie und Online-Handel sehen die Rheinfelder Händler eine Zukunft für den stationären Modeverkauf in Rheinfelden. „Damit hat keiner gerechnet“, kommentiert Holger Roy, Geschäftsführer des Modehauses Bohn, die Schließung. „Das ist ein Tiefschlag für Freiburg, Kaiser ist in ganz Deutschland ein Name.“ Auch Evelyn Geib, Inhaberin der Modeboutique Evelyn, findet das Kaiser-Aus „für Freiburg ganz schlimm. Kaiser gehört einfach dazu.“
Rückgang des Umsatzes
Schon in den vergangenen Jahren hatte Kaiser einen Rückgang des Umsatzes festgestellt, vor allem durch die Zunahme des Online-Handels. Diese Entwicklung habe die Pandemie verstärkt. Holger Roy ist sich sicher: „Da werden noch einige folgen, es wird Schließungen hageln.“ Auch weil es für inhabergeführte Läden oft schwierig sei, einen Nachfolger zu finden. Auch das Modehaus Bohn, das es seit 1900 gibt, gäbe es nicht mehr, hätte er die Geschäftsführung nicht übernommen, sagt Roy. „Da muss etwas passieren, damit die Innenstädte nicht sterben.“
Innenstadt sei unattraktiv
Die Rheinfelder Innenstadt hält Roy nicht für attraktiv, es fehlten Cafés, Attraktionen, Feste. Das Modehaus habe viele Stammkunden – neue Kunden zu gewinnen, sei aber schwierig, weil in Rheinfelden kaum flaniert werde. „Wir haben so schöne Plätze, aber die sind nicht belebt.“ Roy sieht die Stadtverwaltung und die Wirtschaftsförderung (WST) in der Verantwortung. Dass zum Beispiel ausgerechnet jetzt mehr Parkplätze gebührenpflichtig werden sollen (der Gemeinderat berät dazu am heutigen Donnerstag), sei ein Problem. Das sieht auch Evelyn Geib so, die Parkgebühren belasteten die Kunden, „die extra nach Rheinfelden kommen, um die Läden zu unterstützen“. Auch die Baustelle in der Karl-Fürstenberg-Straße, mit der während der vergangenen Monate das Nahwärme- und Breitbandnetz ausgebaut wurde, habe die Einzelhändler in der Pandemie zusätzlich belastet. „Klar, das muss gemacht werden – aber ich weiß nicht, wie wir es bislang geschafft haben.“
Lockdown im Frühjahr verherrend
Corona sei für beide Geschäfte sehr hart gewesen, 25 bis 30 Prozent des Umsatzes habe man locker verloren, so Roy. Gerade der Lockdown im Frühjahr sei verheerend gewesen: „Das ist unsere Hochsaison.“ In diesem Jahr sei der Umsatz im Vergleich zu 2020 sogar noch rückläufig. Vor allem die Unsicherheit über drohende Lockdowns sei ein Problem, schließlich müsse man beim Bestellen der Ware planen können. Noch immer kämen nur die Hälfte der Schweizer Kunden. Auch die Anlässe für ein schickes Outfit fehlten noch – und fürs Homeoffice braucht es keine neuen Hemden. Mit Corona habe sich aber auch die Mode verändert, „es ist alles ein bisschen bequemer geworden, aber trotzdem schön und straßenfähig“. Das passe gut in die Zeit, findet Holger Roy.
Kontakt und Beratung wichtig
Auch Geib sagt: „Nur mit Click & Collect oder Meet kann man nicht überleben.“ Im Lockdown habe sie darauf gesetzt, im Kontakt mit den Kunden zu bleiben, über Nachrichten oder mal ein Paket, per Videochat bestellt. „Das war auf keinen Fall deckend, aber wir wollten zeigen, dass wir für die Kunden da sind.“ Als diese dann wieder in die Läden durften, habe manch eine „auch mal eine Hose gekauft, die sie gar nicht brauchte – um uns zu unterstützen“. Gleichzeitig werde der Online-Handel weiter zunehmen, allein schon wegen der Bequemlichkeit, meint Geib. Man müsse die Menschen „wach rütteln“, damit diese den stationären Handel annehmen. Sie selbst setze auf „ein gutes Team, ein individuelles Angebot – und ehrliche, kompetente Beratung“. Natürlich mache sie sich Sorgen, sagt Geib: „Das wäre ja ein Unding, wenn ich mir keine Gedanken machte, wo es hingeht, ob ich das schaffe.“ Aber sie bleibe zuversichtlich.
Auch das Modehaus Bohn setzt auf die persönliche Beratung, um dem Online-Boom zu trotzen. „Man will beim Einkaufen ja auch etwas erleben“, sagt Roy. „Bei uns bekommt man eine Stilberatung dazu.“ Außerdem müsste die Retoure beim Online-Handel kostenpflichtig werden, findet Roy, weil das meiste wieder zurückgeschickt werde. Um sein Haus mache er sich trotz allem keine Sorgen. „Wir sind gut aufgestellt. Ich sorge mich aber um viele Häuser der Branche.“