Die Debatte um den Ausbau des schnellen Mobilfunk-Standards 5G hat nun auch Schopfheim erreicht: Eine neu gegründete Bürgerinitiative (BI) will den Ausbau des Netzes und damit eine erhöhte Strahlendosis für die Bürger in Schopfheim verhindern. Die vornehmlich aus Medizinern zusammengesetzte neue BI will – unter anderem mit einem Ärzteappell – vor allem über mögliche gesundheitliche Risiken aufklären und mit einer Unterschriftenaktion erreichen, dass eine Bürgerversammlung zum Thema Mobilfunk-Ausbau einberufen wird.
- Worum geht es? Der Mobilfunkstandard 5G ist – es steckt im Namen – die fünfte Generation der technischen Entwicklung des Mobilfunknetzes. Mit dieser neuen Entwicklungsstufe soll verglichen mit dem jetzigen Standard 4G (LTE) die bis zu zehnfache Übertragungsgeschwindigkeit möglich sein. Der neue Standard ermöglicht nicht nur schnelleres Surfen mit mobilen Geräten im Internet, sondern gilt auch als Basis für technologische Entwicklungen, etwa für autonomes Fahren oder sogenannte Smart-Home-Lösungen. Industrie und Gewerbe benötigen den Standard, um die Maschinenparks technologisch auf dem neuesten Stand zu halten. Die Verfügbarkeit des leistungsfähigen neuen Netzes ist also auch ein Standortfaktor. Der Ausbau des Netzes auf den 5 G-Standard bringt aber auch mit sich, dass eine deutlich höhere Bandbreite in den Funkfrequenzen benötigt wird. Im vergangenen Jahr wurden diese Frequenzen bundesweit an die Anbieter versteigert – damit fiel der Startschuss für den Ausbau des Netzes. Nun gibt es aber auch Stimmen, die vor den bislang unerforschten gesundheitlichen Auswirkungen dieser technischen Änderungen warnen. Die Diskussion darüber ist bereits vielerorts losgebrochen, etwa in Freiburg. Dort möchte ein Bündnis namens „Freiburg 5G-frei“ den Ausbau des Netzes verhindern.
- Was möchte die neue BI? Darum geht es nun auch in Schopfheim. Donnerstagmorgen, 8 Uhr, Dienstzimmer von Bürgermeister Dirk Harscher. Apothekerin Dagmar Fuchs, Baubiologin Heidemarie Walter und die beiden Ärzte Michael Kübler und Andreas Vogel haben sich für einen Termin angemeldet. Bevor sie an die große Öffentlichkeit gehen, möchten sie ihr Anliegen erst einmal im Rathaus präsentieren. Dirk Harscher und Bauamts-Fachgruppenleiter Bernd Benz – er ist im Rathaus für das Thema zuständig – haben sich Zeit genommen. Die neue BI überreicht Dirk Harscher einen sogenannten Schopfheimer Ärzteappell – Titel: „Gesundheit geht vor.“ Die BI-Gründer mit vorwiegend Mediziner-Hintergrund treibt die Sorge um die unerforschten Langzeitwirkungen der höheren Strahlendosis um. „Als Ärzte und in Heilberufen Tätige sehen wir uns in Anbetracht eines aus unserer Sicht fahrlässigen Vorsorgemangels durch die politischen Entscheidungsträger dazu verpflichtet, auf die gesundheitlichen Risiken und absehbaren gesellschaftlichen Folgewirkungen aufmerksam zu machen“, heißt es in dem Schreiben.
„Und ist daran gelegen, einen ausgewogenen Meinungsbildungsprozess anzustoßen“, sagt Michael Kübler in der kurzen Diskussionsrunde. „Es gibt sehr starke wirtschaftliche Interessen, die den Ausbau vorantreiben. Vor allem die Mobilfunk-Industrie.“ Die gesundheitlichen Risiken würden in der öffentlichen Debatte außen vor gelassen. „Dabei gibt es erhebliche Risiken, die auch erforscht sind“, ergänzt Andreas Vogel. Im Ärzteappell ist von psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen und chronischen Erkrankungen bis hin zu Krebs bei Erwachsenen die Rede. Durch die flächendeckende Einführung von 5G würden diese Risiken um ein Vielfaches erhöht. „Es soll ein Diskurs zustande kommen“, sagt Michael Kübler.
„Bevor so etwas eingeführt wird, muss transparent darüber gesprochen werden.“ Es gebe Beispiele, wo die Einführung politisch verhindert wurde, die BI-Gründer nennen da etwa den Kanton Genf in der Schweiz und die Europastadt Brüssel. Ähnliches könnte in Schopfheim geschehen. Um das Anliegen publik zu machen und Unterstützer zu finden, startet nun eine Unterschriftenaktion. Wenn 1000 Unterschriften – das sind fünf Prozent der Wahlberechtigten – zusammengekommen sind, ist der Weg frei für eine Bürgerversammlung.
- Wie sieht die Stadt die Sache? „Wir sind an geltendes Recht gebunden“, erklärt Bernd Benz. Dass die Stadt den Ausbau des schnellen Mobilfunkstandards auf kommunaler Ebene verhindern kann, hält er für unrealistisch. „Wir können kein Bundesrecht ausheben. Es sind eigentlich die Bundestagsabgeordneten, an die Sie sich wenden müssen“, sagt der Fachgruppenleiter. Gleichwohl – und da ist er sich mit Bürgermeister Dirk Harscher einig – ist auch Benz überzeugt, dass die veränderte Strahlung gesundheitliche Auswirkungen haben kann. „Es ist gut, dass transparent informiert wird“, sagt der Bürgermeister. „Da stehe ich voll dahinter.“ Benz und Harscher lassen allerdings durchblicken, dass ihnen auch an der Wettbewerbsfähigkeit des Gewerbestandorts Schopfheim gelegen ist.
Am Mittwoch, 18. März, soll es ab 19.30 Uhr eine Bürgerinformationsveranstaltung mit Fachleuten zum 5G-Standard im evangelischen Gemeindehaus geben.