Wiesental – Neues Jahr, alte Probleme bei der S6: Bahn-Kenner Karl Argast von Pro Schiene Dreiland ist über die Unzuverlässigkeit des Betreibers SBB Deutschland erbost: „Züge der S6 wenden vermehrt aufgrund von Verspätungen in Schopfheim, was sich allerdings nicht immer und auch nicht jedem erschließt.“ Der SPD-Politiker aus Zell spricht von „chaotischen Zuständen“.

Bereits im Herbst gab es Schlagzeilen, dass sich die Zugverspätungen und Ausfälle auf der Wiesentalverbindung häufen. Jetzt setzen sich die Mängel fort. In der vergangenen Woche haben Züge den Zielbahnhof Zell wieder nicht erreicht. Die Fahrt dauerte zum Beispiel am Dienstagnachmittag vom Badischen Bahnhof in Basel bis Zell zwei Stunden statt der fahrplanmäßigen 40 Minuten. Informiert wurden die Fahrgäste darüber nicht.

Nach der Abfahrt am Dienstag, 13.17 Uhr, Badischer Bahnhof, bleibt der Zug in Riehen stehen. Durchsage: Ein Stellwerkproblem, einige Minuten Verzögerung. Dann geschieht 30 Minuten nichts: keine Durchsage, keine Bewegung. Einige nehmen es mit Humor: schließlich sitzt man im Warmen, während draußen in der Kälte Fahrgäste, die in Gegenrichtung wollen, am Bahnsteig stehen. Nach 30 Minuten setzt sich der Zug in Bewegung. Man schöpft Hoffnung, dass nun alles nach Plan weiterläuft. In Haagen bleibt der Zug wieder stehen. Diesmal kommt die Ansage vom Band: „Weil ein entgegenkommender Zug abgewartet werden muss.“

In Schopfheim das Aus: Aufgrund der hohen Verspätung fährt die S6 nicht bis Zell, sondern endet. „Schon wieder“, entfährt es einigen Fahrgästen. Die Passagiere verlassen den auf Gleis 1 eingefahrenen Zug, gehen durch die Unterführung zu Gleis 2, wo die Bahnen nach Zell planmäßig abfahren, und gesellen sich zu den Wartenden, die schon 30 Minuten dort stehen – bei Schneeregenschauern und Windböen. Die Anzeige kündigt den nächsten Zug in 15 Minuten an. Dann wird der Zug per Durchsage angekündigt: Einfahrt aus Basel auf Gleis 1. Die Hälfte der Fahrgäste rennt durch die Unterführung. Taschen platzen, Lebensmittel fallen auf den Boden. Der Zug rollt ein. Die Zielanzeige wechselt auf „geschlossen“. Auch dieser Zug endet in Schopfheim, was Entrüstung auslöst. Erst der übernächste Zug schafft es nach Zell, wo man entnervt um 15 Uhr ankommt.

Laut Pro Schiene werde die S6 teilweise mit 20-minütiger Verspätung bis Zell geführt. Für den Nahverkehrsexperten Argast ist klar, dass sich Fahrgäste andere Mobilitätswege suchen und auf das Auto umsteigen, wenn die Bahn nicht zuverlässig fährt. „Fahrgäste sind mit Recht mehr als sauer“, so Argast. „Arztbesuch, kulturelle Veranstaltungen und so weiter werden mindestens zu Tagesunternehmungen.“ Pro Schiene befürchtet eine Streckenkappung, wenn Angebot und Resonanz schlechter werden. Mobilitätswende und Klimawende seien ernsthaft in Gefahr.

Björn Oeschger, Sprecher von SBB Deutschland, bezeichnete die Ausfälle im Herbst als Einzelfälle. Jetzt bezieht Daniel König, Marktleiter der SBB Deutschland, Stellung: „Wie bereits geschrieben, handelte es sich um eine Stellwerksstörung des Stellwerks Lörrach der Deutschen Bahn, die zu einem Totalunterbruch zwischen Weil und Steinen sowie zwischen Riehen und Zell führte. Nebst sechs Fahrten der S5 hat die Störung genau die geschilderten Zugfahrten betroffen.“ König erläutert, dass die SBB Deutschland auf die Schieneninfrastruktur der Deutschen Bahn angewiesen sei. „Unser Antrag und die entsprechende Absprache war, dass keine Züge der S6 vorzeitig gewendet werden, sprich Ihre und die nachfolgende S6 waren nicht für eine vorzeitige Wendung in Schopfheim vorgesehen“, so der Marktleiter. „Daher konnten wir am Bahnhof mit den beschränkt nutzbaren Tools der Deutschen Bahn auch keine direkte Information durchführen.“ Für eine Verbesserung bei derartigen Situationen richte die SBB eine Leitstelle in Lörrach mit erhöhten Personalressourcen ein.

Grundsätzlich sei die SBB „in einem intensiven Austausch mit der Deutschen Bahn“. König: „Sie haben den Anspruch, sicher und pünktlich an Ihr Ziel zu gelangen.“ Dass dies nicht funktioniert hat, tue ihm sehr leid. „Was wir voll auf unsere Schulter nehmen müssen, sind die fehlenden Durchsagen nach der Erstinformation in der S6 im Bahnhof Riehen. Dies bitten wir vielmals zu entschuldigen.“