Mit Altbürgermeister Johann Meier hat die Domstadt einen neuen Ehrenbürger – den 16. oder den 17.? Diese Frage beschäftigt höchstens den Chronisten. Aber wer waren die Persönlichkeiten, die von der Stadt auf diese besondere Weise geehrt wurden? In einer Serie stellen wir St. Blasiens Ehrenbürger vor.
Die Klosterherrschaft hat die Begriffe „Bürger“ und folglich Ehrenbürger nicht gekannt. Damals gab es nur Untertanen. Nach dem erzwungenen Wegzug der Benediktinermönche 1807 haben die „Hinterbliebenen“ sich erst selber finden müssen – und zwar eine zeitlang getrennt in Spinnerei- oder Fabrikgemeinde und der „Vogtei“ in der Rest- oder Altgemeinde.
Erste Überlegungen im Jahr 1870
Die Vernunft siegt bald, 1836 bildet sich die bürgerliche Einheitsgemeinde. Aber jetzt drängen andere Aufgaben als die Kür eines Ehrenbürgers. Das dauert bis zum Frühsommer 1870, als sich der Gemeinderat angeregt, besser: angestoßen fühlt, einer großherzoglichen Auszeichnung für den im Mai 1823 in Auggen geborenen, 1857 nach St. Blasien übergesiedelten Spinnereibetreiber Ernst Friedrich Krafft die Ehrenbürgerwürde folgen zu lassen. Mehr als unglücklich nur, dass alle nichtöffentlichen Überlegungen, Beratungen und Beschlüsse angesichts des tobenden deutsch-französischen Kriegs plötzlich unwichtig werden und nicht an die Öffentlichkeit gelangen.
Das Vorhaben der Auszeichnung, die verspätete Zustimmung in einer Bürgerversammlung (20 Anwesende) und die Rechnung für die in einer Freiburger Druckerei künstlerisch gestaltete Urkunde sind in einer vor bald 30 Jahren ausgegrabenen Akte belegt. Das wohl nicht mehr zu lösende Rätsel: Kein Vermerk über Ort und Zeitpunkt der Verleihung. Der umfassende und gründliche St. Blasier Heimatforscher Bernhard Steinert, der ein Jahrhundert später selber Ehrenbürger sein wird, stört sich vor allem daran, dass zum Tod Kraffts am 10. Juli 1898 in den vielen Nachrufen der Hinweis auf den St. Blasier Ehrenbürger fehlt.
Großherziger Förderer
Verdient ist die Ehrenbürgerschaft für den Geheimen Kommerzienrat Ernst Friedrich Krafft ohne Wenn und Aber. Als Mitglied der Zweiten Badischen Kammer und zeitweilig des Reichstags, als zwar unnahbarer, aber doch willkommener Arbeitgeber und auch Retter der Spinnerei über die Brandkatastrophe 1874 hinaus und erst recht als großherziger Förderer und letztlich Gründer der evangelischen Kirchengemeinde hat er sich zweifelsfrei um das Gemeinwohl Verdienste errungen.
Das unmittelbar nach seinem Tod errichtete, bis heute erhaltene und gepflegte Denkmal zwischen Kurgarten und sogenanntem Patresgarten sagt genügend aus über die doch vorherrschende Wertschätzung dieses Mitbürgers und Fabrikherrn mit Ecken und Kanten. Der Widerstand gegen eine in den 1980er Jahren geplante Verlegung des Denkmals spricht Bände.
In Vergessenheit geraten
Vielleicht war die Ehrenbürgerschaft aufgrund der geschilderten Rahmenbedingungen schlichtweg in Vergessenheit geraten oder den Nachrufverfassern einfach auch zu „gering“ angesichts beispielsweise höchster großherzoglicher Orden. Aber sei‘s drum – an dieser Ehrenbürgerschaft lässt sich längst nicht mehr zweifeln, die heutige Domstadt St. Blasien verzeichnet also insgesamt 17 besonders geehrte Bürger.