Christiane Sahli

15 Jahre lang war Elisabeth Kaiser als Schöffin am Sozialgericht Freiburg tätig, zum Ende des Jahres endet ihre ehrenamtliche Tätigkeit. Viele Erfahrungen hat sie in diese Zeit gemacht, so manches Schicksal hat sie belastet. 

Das könnte Sie auch interessieren

An zwei bis vier Verhandlungstagen im Jahr übte Elisabeth Kaiser ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Laienrichterin aus. Gemeinsam mit einem hauptamtlichen Richter und einem weiteren Schöffen, oft ein Sozialarbeiter eines Wohlfahrtsverbandes, traf sie eine Vielzahl von Entscheidungen. Am Verhandlungstag vor Beginn der Gerichtsverhandlungen hatten die Schöffen Gelegenheit, sich anhand von Auszügen aus den Akten in die anstehenden Fälle einzuarbeiten, die Richter führten zudem in die Fälle ein. Meist standen mehrere Verhandlungen an einem Tag an.

Wissenswertes rund um Schöffen

Zuständig sind die Sozialgerichte unter anderem in Angelegenheiten der Sozialversicherung in ihren verschiedenen Zweigen (Renten-, Kranken-, Unfall- und Pflegeversicherung) und der privaten Pflegeversicherung, der Grundsicherung für Arbeitssuchende, in Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsrechtes.

Das könnte Sie auch interessieren

Und da treten immer wieder menschliche Schicksale zutage, sagte Elisabeth Kaiser, viele Tränen seien geflossen. Besonders nahe ging ihr der Fall einer Familie mit einem behinderten und einem gesunden Kind. Das behinderte Kind hatte keinerlei Gefahrenbewusstsein und musste daher rund um die Uhr, auch nachts, überwacht werden. Da der Vater unter der Woche die Meisterschule besuchte, war die Mutter in dieser Zeit für Betreuung der Kinder alleine zuständig.

Um wenigsten nachts schlafen zu können, was bis dahin nicht möglich war, hatte die Mutter die Übernahme der Kosten (rund 3500 Euro) für ein Spezialbett mit hoher Umrandung, welches dem Kind das Verlassen des Bettes unmöglich machen sollte, beantragt – vergeblich.

„Wut auf den Sozialstaat“

Erst vor dem Sozialgericht erreichte die Mutter, die, so Elisabeth Kaiser, mit ihren Kräften und Nerven völlig am Ende gewesen sei, ihr Ziel. Für die ablehnende Entscheidung der Behörde zeigte die Schöffin keinerlei Verständnis. „Da bekommt man die Wut auf den Sozialstaat“, sagte sie und wies darauf hin, dass die Unterbringung des Kindes in einem Heim deutlich teurer geworden wäre. In der Folgezeit baute Elisabeth Kaiser zu der Familie eine persönliche Beziehung auf, zweimal kam ihr der Erlös des SPD-Flohmarktes in St. Blasien zugute.

Das könnte Sie auch interessieren

Dies war nur einer von vielen Fällen, die Elisabeth Kaiser nahegingen. So wie auch der Fall eines körperlich und geistig Behinderten, für den die von Arzt befürwortete Weiterführung einer Therapie abgelehnt wurde. Da laufe man Gefahr, den Glauben an den Sozialstaat zu verlieren, so die engagierte Schöffin.

Richter sind sozial eingestellt

Eine Erfahrung hat Elisabeth Kaiser in den 15 Jahren ihrer Tätigkeit als Schöffin gemacht: Die Richter, mit denen sie zu tun hatte, seien alle sehr sozial eingestellt, sagte sie. Man sei immer bemüht gewesen, den Interessen der Betroffenen so weit wie möglich Rechnung zu tragen. Und so manches Mal gab es auch harte Worte für die Behördenvertreter. Die Zusammenarbeit mit den Richter sei immer gut gewesen, auch wenn sie gelegentlich von den Schöffen überstimmt wurden.

Das könnte Sie auch interessieren

Sie habe viele bereichernde Erfahrungen gemacht, aber auch Erfahrungen, auf die sie hätte verzichten können, so das Fazit von Elisabeth Kaiser am Ende ihrer Amtszeit. Und sie wünscht sich mehr Empathie und weniger Paragraphenreiterei von Seiten der Behördenvertreter.