So früh hat der Wahlkampf um die Landtagsmandate im Wahlkreis Waldshut wohl noch nie begonnen: Gewählt wird zwar erst im März 2026. Doch die Parteien haben ihre Kandidaten bereits im Frühjahr nominiert. Seither läuft das Werben um die Wählergunst – allerdings in sehr unterschiedlicher Intensität. Wie die Strategie der Kandidaten der fünf im Landtag vertretenen Parteien für den Wahlkampf aussieht, warum ein Frühstart durchaus auch Vorteile bringen kann und worauf sich die Wähler in den nächsten Monaten noch einstellen können? Wir haben nachgefragt.

Niklas Nüssle (Grüne): „Regierungsarbeit genießt Priorität“

Niklas Nüssle
Niklas Nüssle | Bild: Grüne

Noch keine konkreten Wahlkampf-Aktionen hat Grünen-Kandidat Niklas Nüssle unternommen. Als bereits amtierender Abgeordneter und Vertreter des Landes im Europäischen Ausschuss in Brüssel, fehle im derzeit schlicht die Zeit, wie Nüssle darstellt. Denn: „Bei den aktuellen Herausforderungen, vor denen Baden-Württemberg steht, können wir es uns nicht erlauben, ein halbes Jahr vor Ende der Legislaturperiode die Regierungsarbeit einzustellen und uns in den Wahlkampf zu verstricken.“

Mit der Amtserfahrung der vergangenen fünf Jahre gehe er derweil durchaus selbstbewusst in den Wahlkampf, den er im Herbst beginnen werde. Gleichzeitig glaube er aber auch nicht an einen „Amtsbonus“. Denn eben jenes Amt führe dazu, dass er auch während des „heißen Wahlkampfs“ immer wieder viel Zeit in Stuttgart oder Brüssel verbringen werde.

Für die nächsten Monate habe er gemeinsam mit den ehrenamtlichen Mitarbeitern der Grünen vor Ort derweil Vorbereitungen getroffen. Dazu zähle ein umfangreiches Programm mit vielen Veranstaltungen und persönlichen Treffen, das noch ausgebaut werde.

Akzente in dem breiten Themenspektrum zu setzen, das die Region beschäftige, vor allem aber den Menschen zuzuhören – das seien wichtige Komponenten für den Wahlkampf, schildert Nüssle. Darauf sei er gut vorbereitet, er habe aber nicht vor, sich stressen zu lassen: „Zugzwang und Stress sind Gift für einen guten Wahlkampf.“

Simon Herzog (CDU): „Präsent sein und zuhören für tragfähige Antworten“

Simon Herzog
Simon Herzog | Bild: Ursula Freudig

Eine ganz andere Strategie fährt der CDU-Kandidat Simon Herzog. Seitdem er im März die amtierende Abgeordnete Sabine Hartmann-Müller im parteiinternen Machtkampf entthront hat, ist er eifrig und öffentlichkeitswirksam im Wahlkreis Waldshut unterwegs. Besuche bei sämtlichen Bürgermeistern und den beiden Landratsämtern habe er bereits absolviert, dazu zahlreiche Veranstaltungen besucht, schildert er.

„Mein Ziel ist klar: präsent sein, zuhören, Inhalte erarbeiten und zeigen, dass ich bereit bin, Verantwortung zu übernehmen.“ So begründet Herzog seinen frühzeitigen Start in den Wahlkampf. Er sehe sich dabei als Gegenpol zu „populistischen Parteien“, denn ihm gehe es darum, tragfähige Antworten zu entwickeln, so Herzog.

„Gerade als junger Kandidat kann ich in dieser langen Phase unglaublich viel lernen und gleichzeitig zeigen, welche Kompetenzen ich bereits mitbringe“, verweist er auf einen weiteren Aspekt. All die gewonnenen Erkenntnisse sollen in seine persönliche Wahlagenda einfließen, aber auch ins Wahlprogramm der Landes-CDU. Und sie sollen ihm dabei helfen, die weiteren Wahlkampfmonate zu strukturieren und zu organisieren, sagt er. Denn so ganz nebenbei gelte es in seinem Fall, die Weichen so zu stellen, dass er Beruf und Wahlkampf gerade in der heißen Phase gut miteinander vereinbaren könne.

Joana Stöhrer Da Costa (SPD): „Früher Start für mehr Zeit zum Zuhören“

Joana Stöhrer da Costa
Joana Stöhrer da Costa | Bild: Völk, Melanie

Ein strammes Programm hat auch Joana Stöhrer Da Costa (SPD) in den vergangenen Wochen bereits absolviert. Dazu hätten persönliche Treffen und Austausch mit Ortsvereinen und Entscheidungsträgern in der Region ebenso gehört wie Besuche von Institutionen und Veranstaltungen. Daran werde sie in den nächsten Wochen und Monaten anknüpfen. Ihr Team und sie arbeiten bereits mit großem Engagement an der weiteren Planung und Terminierung, berichtet Stöhrer Da Costa.

Den frühen Start begründet sie einerseits mit dem Wunsch, Zeit für die Menschen und ihre Themen zu haben. Ins Gespräch kommen „nicht nur im Vorbeigehen, sondern mit echtem Interesse“, das sei ihr persönlich ein wichtiges Anliegen, so die Kandidatin. Außerdem ermögliche ihr der rechtzeitige Einstieg in den Wahlkampf, diesen besser mit ihren anderen Verpflichtungen im Privaten, im Studium und der Arbeit zu vereinbaren.

Druck entstehe für sie dadurch nicht: „Ich mache Politik, weil mich die Themen bewegen. Nicht weil ich muss, sondern weil ich will.“ Entsprechend sei ihr Ziel auch, in den bevorstehenden Wahlkampfwochen persönliche thematische Akzente zu setzen – gerade bei Themen, für die sie brenne und bei denen sie den größten Handlungsbedarf sehe, so die SPD-Kandidatin.

Nathalie Wagner (FDP): „Ressourcen für die heiße Phase schonen“

Nathalie Wagner
Nathalie Wagner | Bild: Fdp

„Von den Aktionen der Konkurrenz lasse ich mich nicht unter Druck setzen.“ So bringt Nathalie Wagner, Kandidatin der FDP, ihre Haltung zum frühen Wahlkampfstart auf den Punkt. Einen Wahlkampf plane natürlich auch sie.

Vorerst gehe es ihr aber um einen „klaren Fokus auf Sachthemen und Zuhören“, um die Herausforderungen für den Wahlkreis zu kennen und Antworten darauf zu finden, zeigt sie sich überzeugt. Zudem gelte es gerade für eine verhältnismäßig kleine Partei wie die FDP, mit den Kräften zu haushalten, um dann in der heißen Phase des Wahlkampfs, richtig loslegen zu können.

In diesem Sinne konzentriere sie sich derzeit auf die Beschaffung von Informationen und den Austausch mit Einrichtungen und Unternehmen. Gleichzeitig werde daran gearbeitet, den FDP-Kreisverband organisatorisch besser aufzustellen, um die kommenden Monate bis zur Wahl möglichst effektiv zu nutzen.

Für die kommenden Monate sei bereits ein Paket an Terminen geschnürt. Dazu seien bereits diverse Besuche und Veranstaltungen mit Abgeordneten und Vertretern des FDP-Bundesvorstands geplant. Auch extravagante Aktionen könnte sich Wagner vorstellen. Und: Ihre Aktivitäten auf den einschlägigen Social-Media-Kanälen wede sie intensivieren.

Matthias Jehle (AfD): „Wahlkampf ist dauerhafter Prozess“

Matthias Jehle
Matthias Jehle | Bild: privat

Der AfD-Kandidat Matthias Jehle sei längst in den Wahlkampf gestartet, wie er darstellt: „Ich bin bereits viel im Wahlkreis unterwegs und suche bewusst den direkten Kontakt zu den Menschen.“ Infostände, Bürgergespräche und andere Veranstaltungen habe er bereits absolviert.

Genauso werde er in den kommenden Monaten weiter verfahren. Ergänzend werde er an verschiedenen Veranstaltungen teilnehmen und über die sozialen Medien auf sich, seine Ziele und Themen aufmerksam machen, kündigt Jehle an.

Im generell frühen Start des Wahlkampfs sehe er kein Problem: „Ein früher Wahlkampf macht deutlich, wer klare Positionen hat“, so Jehle weiter. Dass auch etliche seiner Konkurrenten bereits gestartet sind, sei umso mehr ein Zeichen für einen lebhaften Wettbewerb um die Wähler.

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Er selbst betrachte Wahlkampf indes als „dauerhaften Prozess“, wobei er den Wahlkampf in verschiedene Phasen abstufe. Besonders intensiv werde es in den sechs Wochen vor der Wahl, die er unter das Zeichen verstärkter persönlicher Präsenz in der Region und direkten Dialog mit den Menschen stellen möchte.