Während es um den sogenannten Fluglärm-Streit in der Region die vergangenen Monate auffallend ruhig geworden ist, gehen die Bauarbeiten am und um den Flughafen Zürich-Kloten weiter. Die Schweizer arbeiten strategisch langfristig.
Um die An- und Abflugkonzepte leistungsfähiger und sicherer zu machen, sollen zwei Pisten ab 2030 verlängert werden. Doch um die Piste 28 überhaupt nach Westen verlängern zu können, muss zunächst der dort gelegene Flusslauf der Glatt angepasst werden. Die Verantwortlichen der Flughafen Zürich AG sprechen von einem „Revitalisierungsprojekt als ökologische Ersatzmaßnahme für eigene Bauprojekte“, das bereits seit dem Frühjahr läuft.
Kein nachweislicher Zusammenhang mit dem Flugbetrieb
Auf einer Länge von mehr als drei Kilometern soll die heute kanalisierte Glatt wieder zu einem naturnahen Fluss umgestaltet und somit renaturiert werden. In einer Pressemeldung heißt es nun: „Nach umfangreichen Beprobungen wurde die verbreitete Chemikalie PFAS im Boden entdeckt. Deshalb wird vorläufig nur der bereits begonnene Abschnitt der Glattrevitalisierung fertiggestellt.“ Bei PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) handelt es sich um künstlich hergestellte Chemikalien, die wasser-, fett- und schmutzabweisende Eigenschaften aufweisen.
Die PFAS-betroffenen Flächen liegen auf dem Gemeindegebiet von Rümlang und Opfikon und befinden sich damit außerhalb des Flughafenperimeters. „Die Schadstoffbelastung im Boden hat keinen nachweislichen Zusammenhang mit dem Flughafen oder dem Flugbetrieb“, schreibt die Flughafen Zürich AG in der Pressemitteilung. Das Projektgebiet sei bisher größtenteils landwirtschaftlich genutzt worden.
Chemikalien verursachen Mehrkosten in Millionenhöhe
Die Schadstoffbelastung des ersten Bauabschnitts im Gebiet Eichhof seien recht gering, sodass ein Teil des bereits abgetragenen Bodens verwertet werden könne. „Die Flughafen Zürich AG hat sich deshalb entschlossen, diesen Abschnitt trotz Mehrkosten in Millionenhöhe bis Ende 2026 fertig zu bauen.“ Wie es danach weitergeht, ist derzeit unklar.
Auch rechtlich sei noch offen, wie mit PFAS-belastetem Boden umzugehen sei. Bei der Entsorgung werde das Erdreich als Sonderabfall klassifiziert und bringe dadurch enorme Mehrkosten mit sich. In der Pressemeldung weiter: „Aufgrund dieser ungeklärten Gesetzeslage hat die Flughafen Zürich AG beschlossen, über die weiteren Projektabschnitte erst zu entscheiden, wenn klare gesetzliche Rahmenbedingungen vorliegen, wie künftig mit PFAS belastetem Boden umzugehen ist.“
Scheitert die geplante Pistenverlängerung also wegen einer Chemikalie?
Am Zürcher Flughafen sollen ab 2030 zwei Pisten verlängert werden, um die An- und Abflugkonzepte leistungsfähiger und sicherer zu machen, wie es auf der offiziellen Internetseite der Aktiengesellschaft heißt. Die aktuell kürzeste Piste 28 führt im Ostkonzept zu sporadischen, nicht planbaren Südlandungen. Das verringert die Kapazität des Konzepts, es entstehen Verspätungen. Zusätzlich wird bei Bise (ein aus Osten wehender, schneidend kalter Wind) die Verfügbarkeit der Piste 28 eingeschränkt.
Gerade abends, wenn der Luftraum über Deutschland gesperrt ist, kommt es so oft zu Verspätungen bis in die Nacht, weil Flugzeuge entweder starten oder landen können. Beides gleichzeitig ist nicht mehr möglich. Durch geplante Pistenverlängerung um 400 Meter nach Westen wären die Probleme behoben. Schwere Langstreckenmaschinen könnten dann auch auf der Piste 28 landen, das Südkonzept bräuchte es nicht mehr.
Doch scheitert die geplante Pistenverlängerung wegen einer im Boden gefundenen Chemikalie? Bettina Kunz, Pressesprecherin am Flughafen Zürich, gibt Entwarnung: „Nein, derzeit nicht. Die Glattrevitalisierung ist eine ökologische Ersatzmaßnahme, die als Poollösung den Ersatzbedarf laufender und künftiger Ausbauvorhaben der Flughafen Zürich AG deckt. Der Bauabschnitt eins deckt in etwa den Ersatzbedarf, der durch die Ausbauten in der Zone West ausgelöst wird. Weitere Vorhaben mit Ersatzbedarf sind zurzeit erst in Planung.“