St. Blasien Im gut besuchten Literaturcafé im Domhotel stellten Margit und Adolf Jens Koemeda ihre neuen Bücher vor. Das Ehepaar – beide Psychoanalytiker – hat sich dem Bereich der Autobiografie genähert, indem es die jeweils eigene Familiengeschichte ins Visier nimmt, die, zum eigenen Erstaunen von Margit Koemeda, sich zu einem gewissen Grad auch als Emigrantengeschichte erweist.

Margit Koemeda hat bereits im Untertitel ihres Romans, „Die fehlenden Sprossen in meiner Leiter“, die familiäre Spurensuche als ihr Thema offengelegt, wobei sie immer wieder von der Betrachtung ihrer Familie zu gesellschaftlichen Fragen vordringt. Adolf Jens Koemedas Romantitel lautet „Trennung. Die unerträgliche Leichtigkeit der Lüge“. Ihm geht es nicht nur um persönliche Trennungsschicksale, sondern auch um die Trennung ehemals als Brudervölker verstandener Gemeinschaften. Margit Koemedas Lesebeispiele drehten sich um den Rückblick auf das Leben ihrer Eltern, wobei sie einfließen ließ, dass ihre Recherchen Unbekanntes und bisweilen auch Unbelegbares zutage gefördert hatten. Auch familiäre Reaktionen auf Fragen von ihr oder ihrer Schwester, die sich als emotionale Tretminen entpuppt hatten, seien ihr nun verständlicher geworden.

Der Vater hatte selten etwas erzählt, obwohl er im Krieg in Russland gewesen war. Auch die aus dem Erzgebirge stammende Mutter, wohin sie aus Graz groteskerweise vor den Russen flüchtete und wo heute keiner mehr lebt, der Auskunft geben könnte, ist entwurzelt. Wie wirkt sich dies auf das eigene Ich aus, wie viele Generationen sind von solchen alten Traumatisierungen betroffen? Solche Fragen wirft Koemeda mit ihrem Buch auf. Sie möchte damit zum Nachdenken über den Umgang mit dem Nachlass der Eltern, mit der eigenen Familiengeschichte anregen.

Adolf Jens Koemeda gab einen Einblick in das Schicksal der Familie eines aus Prag stammenden Mannes, der, jetzt in Deutschland lebend, seinem Freund von Menschen erzählt, die eine Rolle in seinem Leben gespielt haben. Wie der Onkel, ein weltfremder Geschichtslehrer, der sich zu viele politische Sprüche erlaubte und deshalb in eine kleine Dorfschule versetzt wurde. Dann gab es da noch den Elektriker, der zu erfolgreich einen Betrieb mit 15  Angestellten aufgebaut hatte, und der verhaftet, verurteilt und in die Uranminen geschickt wurde. Sein Betrieb wurde verstaatlicht. Mit diesen Beispielen illustrierte Koemeda die Unberechenbarkeit und Willkür der Russen, eine Unberechenbarkeit, die von der Rolle der Roten Armee als Befreier vom Nationalsozialismus in die von neuen Unterdrückern wechselte.

Die Diskussion drehte sich um die Motivation, autobiografisch angelegte Bücher zu schreiben. Mal wurde eine Tendenz zu mehr Autobiografien festgestellt. Andererseits würde auch eine Unmenge literarischer Werke autobiografische Hintergründe aufweisen.