In seine Heimat Syrien, der er 2015 den Rücken kehrte, will der studierte Wirtschaftswissenschaftler Hassan Aldib nie mehr zurückkehren. Inzwischen besitzt er die deutsche Staatsangehörigkeit und ist Heimleiter in einer der beiden Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge in Todtmoos und der Unterkunft und Wehr.
Hasan Aldib stammt aus Hamar, der, wie er schmunzelnd sagt, besten Stadt im Syrien. Jede Stadt seines Heimatlandes sei für etwas Besonderes bekannt, Hamar für Süßigkeiten und Käse, erzählt er. In Syrien studierte Aldib Wirtschaftswissenschaften. Als er aber 2015 Militärdienst leisten sollte, habe er sich entschieden, das Land zu verlassen. Seine Flucht führte über die Balkanroute. Dabei war das Boot, dass ihn und einige andere Flüchtlinge von der Türkei nach Griechenland bringen sollte, vom Kurs abgekommen. Dank seiner Kenntnisse in Sachen Astronomie, seinem Hobby, gelang es Aldib, das Boot wieder auf den richtigen Weg zurückzubringen, erzählt er.
Schließlich landete er in Deutschland und in St. Blasien. Die ersten drei Monate in der Dom-Stadt verbrachte Aldib in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge, bevor er als Gast im Patreshaus der Jesuiten aufgenommen wurde. Deutsch zu lernen, sei ihm von Anfang an sehr wichtig gewesen, sagt Aldib. Der Deutschunterricht bei einem Freiwilligen des Helferkreises Asyl habe ihm dabei „sehr, sehr geholfen“, wie er dankbar zurückblickt.
Im Laufe der Zeit begann Aldib, Veronika Faller bei den Domkonzerten zu unterstützen. Eine Arbeitsstelle fand Aldib in einem Gasthaus in Todtmoos, zunächst als Putz- und Küchenhilfe. Nach und nach half er dann auch bei der Buchhaltung. Nachdem das Gasthaus durch ein Feuer zerstört worden war, kümmerte er sich im Rahmen des Wiederaufbaus um Versicherungsfragen und das Verbuchen von Rechnungen. Dies habe ihm beim Deutschlernen sehr geholfen, erinnert er sich.
In einer kleinen Pension am Schluchsee war Hassan Aldib in der Folgezeit als Rezeptionist beschäftigt und übernahm vor drei Jahren die Buchhaltung der schweizerischen Hotelkette, zu der die Pension gehört. Es seien anstrengende zwei Jahre mit Zwölf-Stunden-Arbeitstagen, ohne Freizeit oder Urlaub gewesen, berichtet Aldib.
In einem der Betriebe der Hotelkette sind heute Geflüchtete untergebracht. Auf diesem Wege knüpfte Aldib Kontakte zum Landratsamt Waldshut, das ihm schließlich die Heimleitung in Gemeinschaftsunterkünften anbot. Diese Chance nahm er gerne an, sagte er.
Inzwischen ist Hassan Aldib Heimleiter der Gemeinschaftsunterkünfte in Wehr und im Hotel „Fünf Jahreszeiten“ in Todtmoos sowie stellvertretender Heimleiter in mehreren anderen Gemeinschaftsunterkünften. Sein Ziel als Heimleiter sei es, die Geflüchteten nach Kräften bei der Integration zu unterstützen, damit sie ihren Weg in Deutschland finden. Dabei helfen ihm seine eigenen Erfahrungen, denn „ich habe das alles schon selber erlebt und weiß, was wichtig ist“. Das Erlernen der Sprache und die Suche nach einer Arbeit seien elementar, erklärt er. Von großer Bedeutung für die Integration seien außerdem die Teilnahme am öffentlichen Leben und vor allem der Kontakt mit den Einheimischen.
Auch in seinem Privatleben hat sich seit seiner Flucht aus Syrien einiges für Hassan Aldib geändert. In Deutschland lernte er seine ebenfalls aus Syrien stammende Ehefrau Angel kennen, vor eineinhalb Jahren kam Sohn Fabian auf die Welt. Inzwischen hat Aldib auch die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Seine syrische Staatsangehörigkeit würde er gerne aufgeben. Aber: „Die klebt an mir“, bedauerte er, denn für den syrischen Staat komme ein Verzicht auf die Staatsangehörigkeit nicht in Betracht.
Er vermisse seine Familie und Freunde, aber nicht das Land. Nach Syrien will er keinen Fuß mehr setzen. Dafür hat er auch einen Grund: Dort fehle es an Respekt, man werde nicht wie ein Mensch behandelt. Und wenn etwas funktionieren solle, müsse man mit Geld nachhelfen. „Dieses Land fasse ich nicht mehr an“, sagt er. Familie und Freunde werde er dennoch in Zukunft sehen, Treffen werde es allerdings in anderen Ländern geben. Er und andere Geflüchtete hätten in St. Blasien viel Hilfe erfahren, viel Spaß bei Aktivitäten gehabt und viel gelacht, sagt Aldib und lobt den Einsatz des Helferkreises. Das Café International habe Türen geöffnet und viele Kontakte zu den deutschen Mitbürgern ermöglicht.