Frau Blatter, Sie engagieren sich ehrenamtlich im Sportverein, und das, obwohl Sie selbst gar nicht Fußball spielen?
Der Sportverein gehörte in meinem Elternhaus zum Familienleben. Ich kannte nichts anderes. Meine Eltern setzten sich immer ehrenamtlich für den Sportverein ein. So bin ich aufgewachsen. Sie haben uns Kinder stets zum Sportplatz mitgenommen. Ich hätte sehr gerne Fußball gespielt. Mein Vater war aber der Meinung: „Fußball isch nüt für Wieber!“ [„Fußball ist nichts für Frauen!“]. Also war das für mich erledigt. Meine jüngeren Schwestern durften dann Fußball spielen.
Wie hat Ihr eigenes Engagement für den Verein begonnen?
Mein Vater war zweiter Vorstand als mich der damalige Vorsitzende Hansgerd Blatter 1989 ansprach: „Du könntest doch die Bewirtung beim Jugendturnier organisieren.“ Es war klar, dass ich helfe, wenn Not am Mann ist. Mein Bruder Edgar ist seit 1997 als Nachfolger unseres Vaters zweiter Vorstand und ist es bis heute. Von 1992 bis 2014 war ich Vorstandsmitglied unter den Vorsitzenden Rainer Beck, Josef Morath und Oliver Eichkorn.

Es blieb nicht beim Einsatz beim Jugendturnier?
Nein, ganz und gar nicht. Von da an war ich bei jedem Fest des FCs und bei der Narrenzunft für Essen und Getränke, Arbeitspläne und Preiskalkulation zuständig. Als die amerikanischen Soldaten für den Sportplatzbau da waren, haben wir sie tagsüber mit belegten Brötchen, Kaffee und Kuchen versorgt.

Von Grümpelturnier und Waldfesten, über den laufenden Spielbetrieb, Chilbistand, Schertle-Schmidt-Turnier, Pferdemarkt, Narrentreffen, Dorffeste, Waldtage, Badeseefest, einfach an jedem Ereignis der beiden Vereine war ich für die Bewirtung zuständig. Das schwierigste sind immer die Arbeitspläne. Es ist frustrierend, wenn Absagen kommen oder jemand zum zugeteilten Einsatz nicht erscheint.
Welche waren die größten Ereignisse, bei denen Sie die Bewirtung organisiert haben?
Die viertägigen Black Forest Highland Games 2000 waren ein Riesenspektakel. 400 Leute waren in verschiedenen Festzelten im Einsatz auf 60.000 Quadratmetern Festgelände. Das Fest war ein Riesenerfolg und ging an unsere Grenzen. Angestrebtes Ziel und Voraussetzung waren, dass der FC durch die Veranstaltung schuldenfrei das Traumprojekt „Vereinsheim“ in Angriff nehmen kann. Das Ziel wurde erreicht. Die Highland Games brachten unglaubliche Resonanz. Jahre danach kamen noch Anfragen, wann es eine Wiederholung gäbe. Dann war da auch die Ü30-Party mit rappelvollem Saal im Haus des Gastes. Aufgrund unseres Erfolges veranstaltete der Wirt der Oberen Alp ein Jahr später auch eine Ü30 Party. Dieses Event war nach einigen Jahren für uns auch zu groß. Die Sportplatzeinweihung 1995 unter Vorstand Rainer Beck, 2002 das 75-jährige FC-Jubiläum unter Vorsitz von Josef Morath– 2004 die dreitägige Vereinsheim-Einweihung unter Vorsitz von Oliver Eichkorn waren ebenso Großveranstaltungen mit unzähligen Arbeitsplänen und Schichtwechseln für die Bewirtungen. 2006 startete Hagehole, wo Vereine selbständig wirteten und ich für Narrenzunft und FC zuständig war. Kulinarische Besonderheit war der Ochs am Spieß, den ich organisiert habe. Drei Narrentreffen waren große Herausforderungen für mich und die Mitglieder. Wir haben in Birkendorf Glück, Macher in den Vereinen zu haben.

Sie haben sich zur Festwirtin im Hintergrund entwickelt?
Meine Arbeit in der Waldschenke kam uns dabei zugute. Die Wirte, mein Onkel Wolfgang Matt war Vereinsmensch und Hartmut Kaiser Ortsvorsteher. So gab es keine Probleme, wenn ich Essen in der Restaurantküche wie beispielsweise Soßen, Salate, Schnitzel panieren vorbereitet habe. Ich hatte freie Hand. Auch Metzger und Getränkehändler kannte ich gut und wusste, was ich bestellen muss. Unterstützt werde ich stets von meinen Schwestern Carolin und Annette, sowie meiner Tochter Sarah und Schwägerin Ute.
Wenn man das alles hört, wären Sie eine ideale Wirtin mit eigener Wirtschaft gewesen.
Mein Vater meinte, wenn er gewusst hätte, dass ich mich so entwickle, hätte er das Gasthaus Birke für mich gekauft. Es hätte mir Spaß gemacht, aber jetzt würde ich nicht mehr zurück in die Gastronomie.
Waren alle Vereinsfeste erfolgreich?
Wir hatten immer Gewinn für den Verein, mal mehr, mal weniger. Ich habe so kalkuliert, dass wir nicht drauflegen. Es sollte für den Verein etwas hängen bleiben. Die Feste waren auch deshalb erfolgreich, weil wir Leute haben, die Talent für Organisation und gute Ideen haben. Ich meine, das ist eine der Stärken bei uns in Birkendorf.
Konnten Sie selbst bei Jubiläen oder Einweihungen mitfeiern oder nur arbeiten?
Ich habe alles nebenher gemacht. Die Feste waren stets in der Hochsaison, wenn ich als Köchin in der Waldschenke gebraucht wurde. Nur einmal habe ich gesagt: „Beim Festbankett zur Vereinsheim-Einweihung will ich dabei sein. Das lass ich mir nicht nehmen.“ Zuviel hatten wir gemeinsam auf dieses Ziel hingearbeitet und durchgestanden. Mit Vorstandskollegen und den vielen ehrenamtlichen Helfern konnte ich den Erfolg feiern. Sonst hatte ich wegen meinem Job als Köchin nie Zeit dazu.
Sind Sie motiviert weiterzumachen?
Wenn es Ärger gab, wollte ich schon manchmal hinschmeißen. Aber das ist immer bald verflogen. Mir ist es wichtig, dass es im Verein für die Jugend weitergeht. Und wir sind zuversichtlich. Die nächste Generation, die wir herangezogen haben, steht parat. Wir können uns langsam zurückziehen. Motivierte junge Leute wie der Verein Rackelhahn übernehmen nach und nach. Meine drei Neffen Tobias, Pius und Jakob sind auch dabei, aber nicht nur sie. Nico Reichardt übernimmt dieses Jahr am Ersten Weihnachtstag das Vorbereiten von Essen für den Theaterabend, was ich früher in der Waldschenke gemacht habe. Das freut mich. Ich hätte früher gerne Kinder und Jugendliche trainiert, was aber zeitmäßig nicht ging. Nach dem Wechsel meines Arbeitsplatzes war es möglich. Jetzt bin ich Trainerin. Zusammen mit meinem Mann Roberto trainiere ich die Damenmannschaft der SG Steina-Schlüchttal. Das macht mir sehr viel Spaß.
Sie sind als erste Frau 2022 zum Ehrenmitglied des FC Birkendorf ernannt worden. Was haben Sie dabei empfunden?
Ich hab mich über diese Wertschätzung sehr gefreut. Wertschätzung habe ich auch an meiner Hochzeit im letzten Jahr durch die Vereine erfahren. Sie sind alle gekommen – Jugend- Herren- und Damenmannschaften, die Mitglieder der Narrenzunft und das Hagehole-Team – standen nach der kirchlichen Trauung in Birkendorf Spalier und haben uns beglückwünscht.