„Sie haben sich in der Öffentlichkeit, insbesondere gegenüber dem Südkurier, abfällig über unsere Praxis geäußert. Die stellt eine Rufschädigung und üble Nachrede dar“: So reagierte jetzt ein Waldshuter Arzt, der zuvor seinen Patientinnen und Patienten gegenüber kommuniziert hatte, nur mehr per App und nicht mehr länger telefonisch oder per E-Mail erreichbar zu sein.
Günter Lanz aus Beringen in der Schweiz, dessen 88-jährige Mutter Lucia Lanz aus Waldshut Patientin dieser Praxis war, fand das erschreckend und wandte sich damit an diese Zeitung, die darüber auch berichtet hat. Nun ist die Sache eskaliert.
Hausverbot für Mutter und Sohn
Denn auch aufgrund der Berichterstattung hat ihm jene Waldshuter Arztpraxis Hausverbot erteilt – ihm wie der Mutter. Angeblich soll Günter Lanz „respektlos“ mit den Praxis-Mitarbeitenden umgegangen sein und ihnen gegenüber auch „abfällige Bemerkungen“ gemacht haben. Der Mutter wird vorgehalten, „mehrfach“ in der Praxis „randaliert“ zu haben.
Anzeige wegen Hausfriedensbruch als Drohung
Nun wurde weder der Name des Arztes öffentlich, noch stellt ein Bericht über die Kommunikationswege einer Praxis kaum Rufschädigung oder üble Nachrede dar. Aber dennoch: „Müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir ab sofort keinen weiteren Kontakt mit Ihnen wünschen“, schreibt der Arzt an Lanz.
Und weiter: „Jeder weitere Kontaktversuch Ihrerseits wird als Verletzung des Hausverbots gewertet und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.“ Die Praxis nennt etwa eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Außerdem behauptet der Arzt, Lucia Lanz sei gar nicht seine Patientin.
Aufgrund der Eskalation im Streit beider Parteien musste Günter Lanz für seine betagte Mutter einen neuen Arzt in Waldshut suchen. Das ist ihm inzwischen nach längerer Suche auch gelungen.
Was der Sohn zu den Vorwürfen sagt
Was die frühere Praxis ihm und seiner Mutter vorwirft, sei für ihn völlig aus der Luft gegriffen. Er sei niemals respektlos mit den Praxis-Mitarbeitenden umgegangen und habe ihnen gegenüber auch keine abfälligen Bemerkungen gemacht. Und auch seine körperlich stark beeinträchtigte und unter Demenz leidende Mutter habe niemals in der Praxis „randaliert“.
Und was sagt die Ärztekammer?
Bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg um eine Stellungnahme gebeten, heißt es: Ein Vertragsarzt, womit die niedergelassenen Mediziner mit Kassenzulassung gemeint sind, „darf einen gesetzlich Versicherten grundsätzlich nicht ablehnen. Es besteht eine Behandlungsverpflichtung.“ Diese könne aber enden, wenn das Vertrauensverhältnis zum Patienten grundlegend gestört sei, wenn dieser etwa den Arzt „drangsaliere“.
Kai Sonntag, Leiter des Stabsbereichs Kommunikation der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, ergänzt: „Grundsätzlich haben Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung einen Behandlungsanspruch bei einem Kassenarzt. Es gibt einen Grund, warum die Behandlung verweigert werden kann; wenn das Arzt-Patientenverhältnis gestört ist. Das müsste dann aber im Einzelfall geprüft werden.“
Erheblicher Ermessensspielraum für den Arzt
Die Landesärztekammer spricht berufsrechtlich von einem „erheblichen Ermessensspielraum“ in der Beurteilung der Frage, ob insbesondere eine etwaige Zerrüttung des gebotenen Vertrauensverhältnisses vorliegt.
Und sie hat noch einen „Rat“ auf Lager – die betroffene Praxis selbst anhören. Das hat diese Zeitung auch versucht. Es gelang ihr aber trotz mehrfacher Nachfrage nicht. Denn der nur über einen Anwalt erreichbare Arzt war zu keiner Stellungnahme im aktuellen Fall bereit.