Im Zusammenhang mit der Zoll-Razzia bei Nagelstudios in Waldshut besteht der Verdacht auf illegalen Aufenthalt und Schleusung sowie Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt. Zwei Beschuldigte wurden vorläufig festgenommen. Darüber hat einen Tag nach den Kontrollen die Staatsanwaltschaft informiert.
Die Razzia war ab Mittwochmorgen in der Waldshuter Innenstadt durchgeführt worden. Die Operation unter Beteiligung zahlreicher Fahrzeuge und Beamten, teils in Zivil, hatte in der belebten Fußgängerzone für Aufsehen gesorgt. Schnell wurde den Augenzeugen klar, dass die Kontrollen den Nagelstudios galten, die sich nach gleichem Erscheinungsbild seit etwa zwei Jahren massiv in der Kaiserstraße und in den benachbarten Gassen etabliert haben.
Insgesamt neun Betriebe betroffen
In der Stadt ist diese Entwicklung, wie sie auch in anderen Kommunen in mehr oder weniger ausgeprägter Form zu beobachten ist, auf Kritik gestoßen. So hat etwa der Werbe- und Förderungskreis die Befürchtung formuliert, dass die Angebotsvielfalt leiden könnte.
Wiederholt hat es in dem Zusammenhang auch Forderungen gegeben, das Geschäftsmodell der Betriebe, in deren Räumen teilweise die Beschäftigten nicht nur arbeiten, sondern auch übernachten, näher unter die Lupe zu nehmen.
Nun hat die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamts Singen in der Innenstadt Nagelstudios überprüft, die alle dem gleichen bekannten Muster zuzurechnen sind. Wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung der Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen hervorgeht, waren insgesamt neun Betriebe betroffen. Es habe sich um eine "eine anlassunabhängige Betriebskontrolle" gehandelt.
Insgesamt 75 Beamte im Einsatz
Staatsanwalts-Sprecher Florian Schumann: "Im Laufe der Prüfungen ergaben sich der Verdacht auf Straftaten des Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz (illegaler Aufenthalt und Schleusung) und Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt. Daraufhin wurden beim Amtsgericht Durchsuchungsbeschlüsse für sieben Nagelstudios und mehrere Privatwohnungen erwirkt und noch am selben Tag vollzogen. Zwei Personen wurden vorläufig festgenommen. Die Ermittlungen dauern an. Hierzu müssen insbesondere die sichergestellten Unterlagen ausgewertet werden."
Der Einsatz des Zolls wurde unterstützt von Beamten der Bundespolizei. Logistische Hilfe leistete das Polizeirevier an der Poststraße als Ausgangsbasis. Auch ein Teil des Parkplatzes am Kornhaus sowie Räume des städtischen Gebäudes wurden für die umfangreiche Operation genutzt. Bis in die Abendstunden waren Mitarbeiter des Zolls zu beobachten, die stapelweise Aktenordner sichergestellt hatten. Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft waren insgesamt 75 Beamte im Einsatz. In den betroffenen Nagelstudios war am Donnerstag wieder der übliche Geschäftsbetrieb zu beobachten.
"40.000 Euro in bar aus der Tasche"
Berichte von angestammten Geschäftsleuten aus Waldshut werfen ein Schlaglicht auf die Szene der Nagelstudios, die sich nach gleichem Erscheinungsbild seit etwa zwei Jahren in der Innenstadt angesiedelt haben.
- Bündel von Bargeld: Von mehreren Ladenbetreibern oder Immobilienbesitzern aus der Innenstadt gibt es Berichte über offensive Suche nach weiteren Geschäftsräumen durch Betreiber von Nagelstudios. Bei Besuchen in ihren Geschäften sollten die Angesprochenen mit hohen Bargeldbeträgen dazu überredet werden, ihren Laden zur Verfügung zu stellen. Ein Geschäftsmann (Name ist der Redaktion bekannt) sagte gegenüber dieser Zeitung über eine solche Begegnung: "Er hat 40.000 Euro in bar aus der Tasche gezogen." Auf das Angebot ist er nicht eingegangen.
- Die Expansion der Nagelstudios (teils kritisch betrachtet unter dem Aspekt der Angebotsvielfalt) kann nach bisherigen Auskünften des Rathauses mit baurechtlichen oder anderen juristischen Mitteln nicht verhindert werden. Das heißt: Immobilienbesitzern kann es nicht verwehrt werden, auf lukrative Pacht-Angebote von Nagelstudio-Betreibern einzugehen. Ungeachtet dessen gibt es unter Inhabern von Ladenräumen differenzierte Sichtweisen. Es sind auch Fälle bekannt, in denen solche Offerten abgelehnt wurden. Ein Immobilienbesitzer aus Waldshut (Name der Redaktion bekannt) sagte zum Beispiel: "Ich möchte mir meine Stadt nicht kaputt machen."