Der Angeklagte hatte an Morgen des 22. November 2018 um 8.21 Uhr in der Zentrale des SÜDKURIER Medienhauses in Konstanz mit seinem Mobiltelefon angerufen und erklärt, dass eine halbe Stunde später in den Räumen des Amts- und Landgerichts in der Bismarckstraße eine Bombe hochgehe.
Nur neun Minuten später sperrten Polizeibeamte das Gebiet weiträumig ab. Vor Gericht zeigte sich der 46-Jährige geständig und reumütig: "Es tut mir leid, dass ich die Bevölkerung von Waldshut in Angst und Schrecken versetzt habe", sagte er.
Die Drohung ging zuerst beim SÜDKURIER ein
Auf die Frage der Vorsitzenden Richterin Maria Goj, warum er zunächst beim SÜDKURIER und 20 Minuten später beim Polizeipräsidium Freiburg mit einer Explosion im Gericht gedroht hatte, sagte der gelernte Einzelhandelskaufmann: "Ich weiß nicht, was mich geritten hat. Ich stand total unter Drogeneinfluss." Am Tag zuvor und am Tag der Bombendrohung habe er einen Cocktail aus Heroin, Kokain, Cannabis, Valium und Morphium zu sich genommen.
Goj wollte wissen, wie er denn an die Telefonnummern des SÜDKURIER und des Polizeipräsidiums gekommen sei. "Bei der Polizei habe ich die 110 gewählt, die Nummer des SÜDKURIER habe ich gegoogelt." Die Richterin darauf: "Dann können Sie nicht ganz neben sich gestanden haben, wenn Sie die richtige Nummer gewählt haben." Sie zweifelte die Aussage des Angeklagten an, dass er überhaupt nicht gewusst habe, was er tat.
Während der rund 30-minütigen Gerichtsverhandlung, bei der keine Zeugen angehört wurden, schilderte die Richterin kurz den Lebenslauf des Angeklagten. So habe der heute 46-Jährige bereits mit 15 Jahren angefangen, Cannabis zu konsumieren. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte kamen zahlreiche Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und andere Delikte wie Hehlerei, Diebstähle und Erschleichung von Leistungen hinzu, wegen denen er zum Teil im Gefängnis saß.
Angeklagter wollte sich mit Drohung einem Berufungsverfahren entziehen
Am Morgen des 22. November, dem Tag der Bombendrohung, sollte der Angeklagte wegen eines Berufungsverfahrens vor dem Amtsgericht Waldshut-Tiengen erscheinen. "Mit den Anrufen beim SÜDKURIER und beim Polizeipräsidium wollten Sie sich diesem Verfahren entziehen", sagte Katharina Müller, Vertreterin der Anklage, in ihrem Plädoyer über das Motiv des 46-Jährigen.
Der Angeklagte habe es billigend in Kauf genommen, dass die beiden Mitarbeiter von SÜDKURIER und Polizei seinen Anruf ernst genommen haben, woraufhin die Gebäude in der Waldshuter Bahnhofsvorstadt evakuiert und die Bismarckstraße gesperrt werden mussten, was zur Störung des öffentlichen Friedens und zu Verkehrsbehinderungen geführt habe. "Es war klar, dass die Nachricht sich in der Bevölkerung rasch verbreitet, wenn Sie die Drohung über ein Medienhaus kommunizieren", sagte Müller an den 46-Jährigen gewandt.
Zugunsten des Angeklagten spreche, so die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, dass er geständig sei und sich schriftlich sowohl bei den Mitarbeitern des SÜDKURIER als auch des Gerichts entschuldigt habe. "Das habe ich ohne Wissen meines Anwalts getan, das kam von mir aus", sagte der Angeklagte. Als positiv wertete Müller auch, dass er derzeit die Hilfe einer Schuldenberatung – er hat laut eigenen Angaben mehr als 50 000 Euro Schulden – und einer Drogenberatung in Anspruch nimmt.
Seit seiner Verlegung aus der Untersuchungshaft in Waldshut, wo er seit 20. Dezember einsaß, in die Justizvollzugsanstalt Freiburg am 18. Februar habe er keine Drogen und Ersatzstoffe genommen, wie er sagte. Weil er mehrfach vorbestraft ist, forderte Müller eine Haftstrafe von neun Monaten ohne Bewährung.
Eine "möglichst moderate Strafe" erhoffte sich Verteidiger Lambert Krause für seinen Mandanten. "Dass es eine Freiheitsstrafe wird, ist klar", sagte er und sprach von einer "völlig durchgeknallten Situation", in die sich der 46-Jährige am 22. November gebracht habe. "Er hat das Gehirn abgeschaltet." Die Bombendrohung sei völlig spontan gewesen.
Richterin Maria Goj verurteilte den Angeklagten schließlich zu neun Monaten Haft ohne Bewährung. Er muss außerdem die Kosten des Verfahrens tragen. Nickend akzeptierte der Angeklagte das Urteil. Die jetzt verhängte neunmonatige Haftstrafe kommt zu den bisherigen Strafen hinzu, die er bis 23. März 2021 absitzen muss.
Aus dem Strafgesetzbuch
Dem anonymen Anrufer drohten laut Strafgesetzbuch (Paragraph 126a) wegen „Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“ bis zu drei Jahre Haft. Neben einer Bombendrohung fallen darunter unter anderem auch die Ankündigung eines schweren Landfriedenbruchs, Mordes, Raubes oder gefährlichen Eingriffs in den Verkehr. Im Fall der Bombendrohung vom 22. November 2018 in Waldshut wurde der Angeklagte zu neun Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt.