
Einschusslöcher zieren die Fassade des Schweizer Infanteriewerks. Mit roter Farbe wurden sie gut kenntlich gemacht. Dass ein Bunker der neutralen Schweiz Einschusslöcher vorweist, wirft Fragen auf. Die Geschichte zu den Löchern dahinter kennt Fritz Gehring vom Militär- und Festungsmuseum Full-Reuenthal. Er führt durch den Bunker Koblenz Tunnel.

Franzosen schießen auf den Schweizer Bunker
Wie Gehring erklärt, entstanden die Einschusslöcher durch ein Missverständnis. 1945, als französische Truppen immer weiter vorrückten, kam es zu einem Gefecht auf der Rheinbrücke. Danach schossen französische Soldaten unwissentlich auf die Festungsanlage.
„Die Franzosen hielten den Bunker noch für deutsches Gebiet“, sagt Gehring. Es seien jedoch nur wenige Schüsse abgegeben worden, so Gehring. Auch die Schweizer sahen den Beschuss offenbar nicht als Bedrohung. „Sie haben nicht zurückgeschossen“, erklärt er.

Dass der Bunker überhaupt in dieser exponierten Lage stand, war kein Zufall.
Bunker-Treppe bis auf die Bahngleise
Aus dem Inneren hatte man uneingeschränkte Sicht auf die beiden Rheinbrücken von Koblenz – das war jedoch nicht der einzige Grund für die Positionierung. Steigt man in den Bunker hinab, gelangt man zuerst zu den Schießscharten.
Eine Leiter, versteckt hinter einer dicken Metalltür, führt eine Etage tiefer. Dort befanden sich die Telefonzentrale, die Küche, Betten und der Aufenthaltsraum.
Was ist hinter dem Guckloch aus dem Bunker zu sehen?
Das Besondere versteckt sich hinter einer weiteren Tür. Ein Treppenschacht, der 20 Meter in die Tiefe führt. 97 Stufen weiter unten ist der Maschinenraum. Am Ende des Raums befindet sich der Eingang in den Tunnel Koblenz. Aus einem kleinen Guckloch einer verriegelten Tür kann man die Gleise sehen.
Früher befand sich in dem Tunnel ein weiterer Maschinengewehrstand.
Erster Prototyp von Schweizer Bunkern
Was heute unscheinbar wirkt, war einst wegweisend. Der Bunker wurde 1937 gebaut – damals als Prototyp, so auch sein Name: Prototyp Infanteriewerk Koblenz Tunnel. Er zählt zu den ersten seiner Art. Anlass für den Bau war ein Ingenieurkurs der Armee im Jahr 1934. Mit der wachsenden Gefahr aus Deutschland wurde 1935 das Büro für Befestigungsbauten in Bern per Bundesratsentscheid reaktiviert. 1921 war es nach dem Ersten Weltkrieg aufgelöst worden.

Aufgrund der strategisch wichtigen Lage der Koblenzer Brücken sollte eine künstliche Befestigung errichtet werden. So entstand das Infanteriewerk. Es diente als Frontalwerk und sollte die Sicherheit der Brücken gewährleisten. Seine Grundstruktur findet sich in vielen Bunkern entlang der Grenze wieder, etwa bei den Frontalwerken Seglingen-Eglisau, Feuerthalen-Güetli und Stein am Rhein-Burg.
So viel Platz gibt es im Inneren des Bunkers
Wie das in der Praxis aussah, zeigt ein Blick ins Innere. In dem Bunker konnten 19 Soldaten untergebracht werden. Er war ausgestattet mit einer Infanteriekanone, zwei Maschinengewehren und einem Beobachtungsstand.

Da der Bunker ein früher Prototyp war, wurde er im Inventar des Bundes als Objekt von nationaler Bedeutung eingestuft.
Den Schweizer Bunker selbst entdecken
Das Militär- und Festungsmuseum Full-Reuenthal liegt im Kanton Aargau. Es vereint das Festungsmuseum Reuenthal und das Militärmuseum Full. Das Festungsmuseum zeigt ein Artilleriewerk von 1937 bis 39 mit originaler Bewaffnung. Das Militärmuseum präsentiert Panzer, Geschütze und Fahrzeuge aus dem 20. Jahrhundert. Der Verein besitzt und pflegt rund 100 historische Bunker- und Befestigungsanlagen im Aargau, die öffentlich zugänglich gemacht werden. Führungen werden durch diverse Anlagen angeboten. Eben auch durch den Bunker Koblenz Tunnel.