Der Fall bleibt bis heute ein Rätsel: In den Morgenstunden des 7. Juli 2020 wird ein schwer verletzter Mann in einer Tiefgarageneinfahrt in der Otto-Adam-Straße beim Konstanzer Seerhein gefunden. Der 60-Jährige hat massive Kopfverletzungen, er verstirbt noch am selben Tag in einer Klinik. Schnell ist klar: Es ist nach vorläufigen Untersuchungsergebnissen von einem Gewaltverbrechen auszugehen, teilt Uwe Vincon, der damalige Chef der Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz, dem SÜDKURIER auf Nachfrage mit.

Nur kurze Zeit später gründet die Kriminalpolizei wegen des Verdachts eines Tötungsdelikts eine 30-köpfige Sonderkommission (Soko) namens „Promenade“, um den oder die Täter doch noch zu fassen. Den hohen Personalaufwand begründet der Polizeisprecher damals so: „Es ist schon viel Zeit vergangen, die uns jetzt unter den Nägeln brennt. Deshalb wird da jetzt alles reingesteckt, was verfügbar ist.“

Dabei werden verschiedene Zeugen befragt und kriminaltechnische Maßnahmen am Auffindeort sowie an der Wohnadresse des Verstorbenen durchgeführt. Unter anderem suchen Polizisten den Bereich am Seerhein mit einem Personenspürhund ab. Leider vergeblich.

Der schwer verletzte Mann schleppte sich im Juli 2020 wohl noch in diese Tiefgarageneinfahrt. Die Kopfverletzungen wurden ihm allerdings ...
Der schwer verletzte Mann schleppte sich im Juli 2020 wohl noch in diese Tiefgarageneinfahrt. Die Kopfverletzungen wurden ihm allerdings andernorts beigebracht. Von wem? Das weiterhin unklar. | Bild: Timm Lechler

Doch nicht nur die Polizei geht 2020 Hinweisen um den Tod des alleinstehenden, iranischen Asylbewerbers nach, auch der SÜDKURIER begibt sich auf Spurensuche. Ein Reporter redet damals mit Anwohnern beim Fundort des Schwerverletzten und mit ehemaligen Mitbewohnern des Mannes. Der Einlass zum Gebäude, einer Flüchtlingsunterkunft in der Byk-Gulden-Straße, in dem der Iraner lebte, wird der Presse verwehrt. Die Kriminalpolizei ist an diesem Tag bereits vor Ort.

Trotz aller polizeilichen Anstrengungen verläuft sich der Fall mit ungeklärter Todesursache, die Soko wird aufgelöst, die Ermittlungen eingestellt – und mit ihr endet auch die Berichterstattung um den mysteriösen Fall. Doch viele Fragen bleiben offen: Warum musste der Mann sterben? Wer war der Täter und was sein Motiv? Gab es einen Tatverdächtigen? Wann wurden die Ermittlungen eingestellt? Wie und wo hat sich die Tat genau abgespielt? Und warum konnten die Beamten der zuständigen Kriminalpolizeidirektion Rottweil zunächst am Fundort des Mannes keine Anzeichen für ein Verbrechen feststellen?

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Recherche ergibt neue Erkenntnisse

Einige dieser Fragen kann der SÜDKURIER nach erneuter Recherche aufklären – und so zumindest für die Öffentlichkeit etwas Licht ins Dunkel bringen. So zeigt sich beispielsweise, dass die Polizei kurz glaubte, den Verantwortlichen für die Tat gefunden zu haben. „Im Rahmen der Ermittlungen der Sonderkommission konnte ein Tatverdächtiger ermittelt werden“, teilt Katrin Rosenthal, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz, auf Nachfrage im Juli 2025 mit.

Allerdings: „Die Beweislage war jedoch nicht ausreichend, sodass die Staatsanwaltschaft das Verfahren mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt hat.“ Sprich: Der Tatverdächtige wurde mangels Beweisen wieder auf freien Fuß gesetzt. Um wen es sich gehandelt hat und ob er tatsächlich der Täter gewesen ist, bleibt unklar.

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Wie die Polizei weiter mitteilt, sei die Soko nach rund vier Wochen umfangreicher Ermittlungsarbeit aufgelöst worden – ohne echtes Ergebnis. Weitere Ermittlungsansätze oder Hinweise habe es danach nicht mehr gegeben. Allerdings konnten die Beamten der Kripo ein fehlendes Detail der mysteriösen Todesumstände aufklären. Nämlich, warum es am Fundort des Schwerverletzten keine Hinweise auf ein Gewaltverbrechen gab: Die Tat wurde an anderer Stelle verübt.

Fundort ist nicht der Tatort

„Die Ermittlungen ergaben, dass das spätere Opfer in der Nähe des Herosé-Parks in Streit geriet und es hierbei auf unbekannte Art zu massiven Kopfverletzungen kam“, sagt Katrin Rosenthal. „Todesursächlich war schlussendlich eine Hirnblutung, die auch dazu geführt hat, dass das Opfer nach der Gewaltanwendung vom eigentlichen Tatort noch weglaufen konnte und irgendwann in der Tiefgarageneinfahrt liegen blieb.“

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Beim Rettungsdienst sei man demnach zunächst von einem „alkoholbedingten Sturzgeschehen“ ausgegangen – bis die bildgebenden Verfahren in der Klinik und die allgemeine Untersuchung dringende Hinweise auf ein Tötungsdelikt ergaben. Nach dem Bekanntwerden der Diagnose und der vermuteten Todesursache seien sofort polizeiliche Maßnahmen eingeleitet worden.

Doch trotz alledem bleibt das Rätsel um den Tod des 60-jährigen Iraners und dessen Umstände wohl auch in Zukunft weiter bestehen. Denn aktuell seien laut Polizeiangaben alle Hinweise und Ermittlungsansätze abgearbeitet, heißt es abschließend. Die Spur ist kalt.