Die Organisation Brauchbarschaft setzt für den besonders langen Gebrauch schon erworbener Güter ein. Das spart Rohstoffe und Geld. Die Verantwortlichen verweisen auf das Portal verleih.bar, welches das Verleihen und Ausleihen vor Ort vereinfacht. Die Organisation veranstaltet zudem Reparatur-Cafés, Tauschmärkte und andere Veranstaltungen. Wer sein Rad instand setzen oder etwas verschenken will, der ist willkommen.

Marina Bevilacqua hofft, dass es der Brauchbarschaft gelingt, eine Achtsamkeit den Dingen gegenüber zu schaffen. Sie hat einen Film gesehen, in dem Menschen gefragt wurden, woher sie ihre Aufmachungen für ein Festival haben. Fast alle hätten den Online-Marktplatz Temu angegeben. Dieser bietet Billigwaren an; selten gedacht für die langfristige Nutzung. Für diese werden aber auch Rohstoffe verbraucht und billige Arbeitskräfte eingesetzt.

„Was tun wir der Welt und uns selbst an?“, fragt die Aktivistin und schlägt eine Alternative vor. Beim Tauschmarkt der Brauchbarschaft kosten Kleider und andere Dinge gar nichts. Das Prinzip ist ganz einfach: Man bringt maximal sieben Dinge mit. Man stöbert und nimmt maximal sieben Dinge wieder mit. Und das alles ohne Geld.

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„Wir freuen uns über jeden, der da ist“

Marina Bevilacqua nutzt solche Angebote. Seit rund fünf Jahren habe sie vielleicht drei Kleidungsstücke neu gekauft, sagt sie. Alles andere habe sie getauscht, geliehen oder geschenkt bekommen. Der Verschenkmarkt soll aber auch ein Treffen für Leute sein, die sich Gedanken über den Verbrauch von Rohstoffen machen oder einfach nur Gesellschaft suchen. „Wir freuen uns über jeden, der da ist.“

Bei den Reparatur-Cafés erlebe sie immer wieder, mit wie wenigen Kniffen sich Kleider retten lassen. Es gibt dort auch eine Textilabteilung mit Nähmaschinen. Weil die Nachfrage so groß ist, will die Brauchbarschaft im Herbst Nähkurse im Café Mondial anbieten. Bei einem ersten Aufruf meldeten sich 50 Interessenten, sagt Mitstreiter Rolf Jansen.

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Alle zwei Wochen leistet die Brauchbarschaft Hilfe zur Selbsthilfe. Und zwar für Menschen, die ihr Rad reparieren wollen. Die nötigen Ersatzteile müssten die Interessenten zwar selbst beschaffen, aber Spezialisten zeigen ihnen, wie zum Beispiel ein platter Reifen (auch am Hinterrad) repariert werden kann. Es gehe nicht darum, dass man sein Rad in die Hände von Fachleuten gibt, die dann die Reparatur vornehmen. Die Fachleute helfen den Interessenten aber dabei, es selbst zu machen.

Zudem hat sich die Brauchbarschaft zusammen mit Kirchen der Erzdiözese Freiburg der Plattform verleih.bar angeschlossen. Dort können Bürger Dinge zum Verleihen anbieten oder selbst ausleihen. Die Organisation will weg vom Zwang, alles kaufen zu müssen. Es geht vor allem um Sachen, die nicht täglich gebraucht werden und dann nur herumstehen und -liegen, etwa das Messgerät für den Stromverbrauch, eine Eismaschine oder für Kinder das Set mit Anleitung zum Bauen eines Roboters.

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Großes Ärgernis: der geplante Verschleiß

Es gehe darum, Dinge in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen, sagt Rolf Jansen. Viele hätten da schnell Angst ums Eigentum. Die Erfahrung zeige aber, es funktioniere, dem anderen zu vertrauen. Dies bestätigt Marina Bevilacqua. Man habe mit vergleichbaren Projekten gesprochen. Die Rückmeldung: Die allermeisten gehen respektvoll mit den Sachen um.

Mitstreiter Wolfgang Läuger sagt: „Es gibt viele Ängste, aber wenig Probleme.“ Zudem sei immer klar, wer sich eine Sache ausgeliehen hat. Noch sei das Ganze im Aufbau, aber verleih.bar solle die Plattform zum Teilen für ganz Konstanz werden. Verschiedene Institutionen wollten sich dieser noch anschließen. Sie haben eigene Geräte zum Verleihen. Wolfgang Läuger will zum Beispiel seine Spiele anbieten – niemand muss sie sich dann selbst kaufen.

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Er bemängelt, dass viele Dinge vorzeitig ihr Ende erreichen (geplanter Verschleiß) und vieles so hergestellt wurde, dass eine Reparatur gar nicht vorgesehen ist. Läuger denkt etwa an Elektrogeräte mit verschweißtem Gehäuse. Die Menschen in den Reparatur-Cafés haben Spezialwerkzeuge, um solche Hüllen dennoch zu öffnen, ohne sie zu beschädigen. Läuger sagt, er versuche, alles zu reparieren.

Da er ziemlich groß sei, habe er Schwierigkeiten, Kleider in seiner Länge zu bekommen. Also bessere er das schon Erworbene gerne aus. Jüngst hat die Europäische Union in einer Richtlinie das Recht auf Reparatur beschlossen. Bis Juli 2026 müssen Mitgliedstaaten die Pflicht der Hersteller zur Reparatur in nationales Recht umsetzen. Wolfgang Läuger ist noch skeptisch, ob künftig wirklich zu angemessenen Preisen instandgesetzt wird.

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Die Brauchbarschaft hat rund 30 Mitglieder, aber rund 300 Menschen beziehen den Rundbrief mit den Neuigkeiten. Sie übernimmt Reparaturen am Kulturkiosk in der Moltkestraße. Marina Bevilacqua hofft, dass über die Organisation der bewusste Umgang mit Rohstoffen in Gang kommt.