Ursula Freudig

Herr Wetz, die Stadt zahlt die Miete für die Schwarzenbergsäle und die Freunde Schloss Tiengen bespielen sie. Wie kam es zu dieser Übereinkunft?

Ende 2012 ging das Schloss vom Land in Privathand über. Die Stadt war zu diesem Zeitpunkt schon Nutzer des Schlosskellers und weiterer Räume, beispielsweise für die Zunft und das Heimatmuseum. Diese kulturelle Nutzung des Gebäudes setzte sie mit der Unterstützung unseres Vereins und der Heinrich-Kaminski-Gesellschaft kontinuierlich fort. Die Initiative hierfür kam aber letztlich von unserer Seite. Kurz nach dem Kauf durch Kai Flender konnte man das Schloss besichtigen. Unser jetziger zweiter Vorsitzender Bernd Salfner erkannte, dass die damals noch namenlosen Schwarzenbergsäle ideal für Ausstellungen sein könnten und suchte Verbündete. Unter seiner Regie entwickelten wir ein Konzept, dem der damalige Oberbürgermeister Martin Albers und später der Gemeinderat zustimmten. Daraufhin gründeten wir den Verein Freunde Schloss Tiengen.

Wie lange läuft der Mietvertrag zwischen Stadt und Schlosseigentümer für die Schwarzenbergsäle?

Zehn Jahre. Fünf Jahre sind also schon vorüber, aber die Stadt hat eine Option auf Verlängerung. Wir gehen nicht davon aus, dass wir in fünf Jahren aufhören müssen. Aber es ist natürlich nötig, frühzeitig darüber zu sprechen.

Sind die Freunde Schloss Tiengen eine Erfolgsgeschichte?

Ja, würde ich schon sagen. Mit rund 50 Mitgliedern fingen wir an, heute sind wir 130. Wir haben seit Gründung weit über 90 Veranstaltungen in den Schwarzenberg-Sälen. Die erste war im Mai 2014 eine Retrospektive mit Werken von Paul Klahn, zwei Wochen später hatten wir ein beeindruckendes Streichquartett aus Basel bei uns. Der Zuspruch bei allen Veranstaltungen war und ist immer gut. Wir sind mittlerweile ein anerkannter Kulturträger der Stadt und der Region. Mir persönlich ist es auch wichtig, dass durch die Veranstaltungen in den Sälen das Schloss der Öffentlichkeit zugänglich bleibt.

Was ist das Erfolgsrezept der „Freunde Schloss Tiengen“?

Die Vielfalt und Qualität unseres Programms bilden die Grundlage. Unser System mit drei Vorsitzenden und fünf Beiräten, die für verschiedene Bereiche – Kunst, Literatur, Musik, Allgemeinbildung und technische Belange – zuständig sind, hat sich wirklich bewährt. Alle bringen sich mit Wissen, Ideen und großem Einsatz ein. Etwas Besonderes bei uns ist auch, dass wir gern themenübergreifend arbeiten. Zum Beispiel hatten wir 2015 eine junge Pianistin, die Chopins „Preludes“ vortrug. Gekoppelt war dies mit einer Ausstellung mit Radierungen eines Künstlers zu den einzelnen Stücken sowie mit einer Lesung aus Chopins Briefen. Wichtig sind auch unsere vielen Helferinnen und Helfer, die uns bei der Aufsicht bei Ausstellungen, in der Küche oder beim Kassieren unterstützen. Deshalb haben wir kürzlich allen Helfern eine Flasche Wein mit einem von Bernd Salfner künstlerisch gestalteten Etikett als kleines Dankeschön überreicht.

Sind Kooperationen nicht auch eines Ihrer Markenzeichen?

Ja, wir arbeiten eng mit anderen Kulturträgern wie der Stadt, der Goethe- und vor allem auch der Kaminski-Gesellschaft zusammen. Herbert Müller-Lupp ist als Vorsitzender der Kaminski-Gesellschaft automatisch Vorstandsmitglied bei uns.

Vergangenes Jahr wurde mit einem Jazzkonzert die klassische Schiene verlassen. War dies eine gute Entscheidung?

Das Kiki-Manders-Konzert war ein voller Erfolg. Es hat uns auch jüngeres Publikum gebracht und Töne ins Schloss, die man dort noch nie gehört hat. Während der Aufführung und der virtuosen Darbietung des Schlagzeugers habe ich scherzhaft schon meine Bedenken geäußert, ob auch der Stuck an der Decke halten würde. Das zweite Jazzkonzert folgt im Herbst mit dem Menzel Mutzke Quartett. Es ist gut, wenn wir Sachen machen, die nicht so konservativ rüberkommen, und wir so ein anderes Publikum ansprechen und vielleicht auch neue Mitglieder gewinnen können.

Wer sind denn Ihre Stammmitglieder und Ihr Stammpublikum?

Es sind natürlich kulturinteressierte und überwiegend ältere Menschen. Es wäre aber besser, wenn alle Altersstufen vertreten wären. Kulturelles Ehrenamt ist insgesamt sehr motivierend, aber es sollte von vielen Kreisen getragen werden, nur dann führt es auch zu einer breiten Gemeinsamkeit in diesem Bereich. Viele sagen, es ist gut, was ihr macht, kommen dann aber doch nur zum kleinen Teil zu den Veranstaltungen.

Was wünschen Sie sich für die kommenden zwei Jahre, für die Sie kürzlich als Vorsitzender des Vereins wiedergewählt wurden?

Wir haben doch noch ein bisschen einen elitären Ruf, das sollte sich ändern. Niemand sollte Schwellenangst haben, zu unseren Veranstaltungen zu kommen. Wir organisieren sie schließlich für alle. Und ich wünsche mir, dass auch die technischen Angelegenheiten in Ordnung kommen. Der Hof muss besser beleuchtet werden und die schlechte Sichtbarkeit einer Stufe im Eingangsbereich, was schon zu Unfällen geführt hat, muss verbessert werden. Wir als Veranstalter, die Stadt als Mieter und Herr Flender als Eigentümer sind gefordert. Ich persönlich bin glücklich und dankbar, wie viel Neues ich bei meiner Arbeit im Verein kennengelernt und gelernt habe. Und ich hoffe, dass ich wie bisher auch, durch die Kontakte zu Vereinsmitgliedern und Vorstand und durch die verschiedenen Veranstaltungen bereichert nach Hause gehen kann.