Saddam Hussein gibt Kuweit nicht frei, in Litauen übernimmt die Sowjetarmee die Macht und in Stuttgart tritt Ministerpräsident Späth wegen der Segeltörn-Affäre zurück: Das waren am 14. Januar 1991 Schlagzeilen im Politikteil des Alb-Bote. Und auch der Lokalteil hatte einen Knüller: „Dresen räumt das Feld“ hieß es mit Blick auf die am 15. September anstehende Oberbürgermeister-Wahl. Der damals 49-jährige Franz-Joseph Dresen hatte am Samstag seinen Verzicht auf die Kandidatur für eine dritte Amtszeit erklärt und sich in den Urlaub verabschiedet.
Der seit 1975 und nach der Wiederwahl 1983 amtierende Dresen hatte zuvor die Spitzen der örtlichen CDU über seinen Schritt informiert, der für Eingeweihte so überraschend nicht war: „Die Sache ist so klar, dass jeder Versuch, ihn umzustimmen, absolut überflüssig war“, sagte CDU-Fraktionssprecher Seger. „Jetzt wird‘s interessanter“, kommentierte SPD-Fraktionssprecher Günter Heinrich und rechnete sich für die Genossen beste Chancen auf einen zugkräftigen SPD-Kandidaten von auswärts aus.
Aus dem Urlaub zurück, nannte Dresen als Grund für seinen schon seit der Wiederwahl 1983 gefassten und damals intern bekannt gegeben Verzicht seine „persönliche Lebensplanung“: Als 49-Jährigem falle ihm ein beruflicher Neuanfang noch leicht, meinte der gelernte Jurist. Mehr verriet er nicht, allerdings so viel: „Ich werde in Waldshut-Tiengen bleiben.“
Dresen hielt Wort, doch bei CDU und SPD knirschte es im Wahlkampfgetriebe. Statt des erhofften CDU-Einheitskandidaten gabs die Konkurrenzkandidatur des späteren Wahlsiegers Martin Albers und Krach in der Partei. Die war angesichts der später bekannt gewordenen Skandälchen ihres offiziellen Bewerbers Walschburger über dessen Niederlage allerdings schnell froh. Obwohl sogar der SPD-Kandidat hinter Albers auf Platz zwei gekommen war. Der hieß übrigens Günter Heinrich, denn der ausgeguckte auswärtige Bewerber hatte die Sozis im Stich gelassen. Martin Albers schaffte drei Amtszeiten – und seit 2015 sitzt Philipp Frank auf dem OB-Sessel.