„So, das war die Brücke“, sagt Gurtweils Ortsvorsteher Claudio Helling trocken, während sich im Hintergrund die Greifzähne der Bagger durch den Beton der Brückenköpfe nagen. Nach einer Nutzungsdauer von 96 Jahren ist die Schlüchtbrücke in Gurtweil am Freitagmorgen endgültig abgerissen worden. Was vor einem knappen Jahrhundert in teils mühsamer Handarbeit erbaut wurde, haben nun zwei große Spezialmaschinen zerstört.
„Das ist ein Gebiss wie ein Dinosaurier“, erklärt Karl Ernesti, Chef des gleichnamigen Abbruchunternehmens aus Waldshut-Tiengen, und zeigt dabei auf den Greifer eines der beiden Bagger. Kurz zuvor hatten die beiden Baumaschinen – jeweils am gegenüberliegenden Ufer platziert – die Verbindung über die Schlücht gekappt und dabei jede Menge Staub aufgewirbelt.

„An der Brücke wurde nie grundlegend etwas saniert“, erinnert der städtische Tiefbauamtsleiter Theo Merz beim Pressetermin vor Ort, warum der marode Übergang durch einen Neubau ersetzt werden muss. Deshalb sei es nun zu spät und zu teuer, um das bestehende Bauwerk zu retten, das den Gurtweiler Ortskern über die Pater-Jordan-Straße mit dem Wohngebiet rund um die Königsberger Straße verbindet.
„Die Brücke war nicht mehr tragfähig“, fügt Merz hinzu. Unter anderem wegen der stark fortgeschrittenen Korrosion an der Tragkonstruktion durften Fußgänger und Radfahrer die Schlüchtbrücke seit März 2020 nicht mehr benutzten. Bereits 2008 war sie für den motorisierten Verkehr gesperrt worden.
Für den Abbruch der alten Brücke und den Neubau hatte der Gemeinderat Waldshut-Tiengen Anfang dieses Jahres Mittel in Höhe von 800.000 Euro verteilt auf die Haushaltsjahre 2021 und 2022 bewilligt. In der kommenden Sitzung des Gremiums soll die Entwurfsplanung für einen neuen Übergang über die Schlücht vorgestellt werden. Angaben über die Kosten für das Bauwerk, das Theo Merz zufolge drei Meter breit wird, wollen der Tiefbauamtsleiter und der Oberbürgermeister im Vorfeld der Sitzung nicht machen. Frank verrät nur so viel: „Es ist eine hohe Fördersumme zu erwarten.“

Merz fügt hinzu: „Der Neubau kann erst beauftragt werden, wenn der Förderbescheid vom Land da ist.“ Der Tiefbauamtsleiter ist aber zuversichtlich, dass die neue Schlüchtbrücke im kommenden Jahr gebaut und fertiggestellt wird. Dann steht der Übergang wieder Fußgängern und Radfahrern offen, die aktuell auf die sogenannten Rohrbrücke ausweichen müssen. Den Neubau einer Autobrücke hatte der Gemeinderat bereits 2009 mit klarer Mehrheit abgelehnt.
Von der nun abgerissenen Schlüchtbrücke bleibt zumindest teilweise etwas übrig. „Das Material wird recycelt“, erklärt Karl Ernesti. So würden die Stahlstreben, die einstmals dem Bauwerk ihre Standfestigkeit verliehen haben, in die Schrottsammlung kommen. „Und der zerkleinerte Beton wird unter anderem im Straßenbau wiederverwendet“, berichtet der Unternehmenschef.