Durch die neue Verordnung in der Corona-Krise ist die Unsicherheit im Gastgewerbe eher noch größer geworden. Gaststätten müssen mindestens bis zum 4. Mai geschlossen bleiben, Übernachtungsbetriebe dürfen keine Urlaubsgäste haben. Und es gibt keine Aussagen der Politik, wann es Lockerungen geben könnte. „Wir hatten auf eine gewisse Lockerung gehofft in der Gastronomie und Hotellerie“, sagt der Reichenauer Tourismuschef Karl Wehrle. „Die existenzbedrohliche Lage wird für manche Betriebe von Tag zu Tag schlimmer.“

Die Soforthilfen von Bund und Land würden nur kurzfristig helfen. „Ich glaube, es braucht noch einen größeren Topf“, so Wehrle. Und es bleibe die Unsicherheit, was ab dem 4. Mai sein werde, wenn die nächste Verordnung gelte. Er vermisse ein positives Signal, so Wehrle: Die Betriebe bräuchten ja auch eine gewisse Vorlaufzeit. „Die Politik ist gefordert, einen Stufenplan zu erarbeiten, der eine schrittweise Öffnung für unsere Betriebe ermöglicht.“ Natürlich müssten Auflagen beachtet werden, und die medizinische Lage dies erlauben, räumt er ein. Doch: „Den wirtschaftlichen Aspekt darf man nicht übersehen.“

„Die Lage ist dramatisch.“

Die Bedeutung des Tourismus betont auch Wehrles Allensbacher Kollegin. „Die Lage ist dramatisch, es ist eine ganz schwierige Situation. Und es ist existenzbedrohend. An kann nur hoffen, dass es alle gut meistern.“ Gaststätten könnten mit Abholservice und Hotels mit geschäftlichen Übernachtungen keine großen Umsätze machen. Von der neuen Verordnung habe sie noch keine Lockerung fürs Gastgewerbe erwartet, höchstens erhofft, so Schürnbrand. Und natürlich könnten Lockerungen nur schrittweise erfolgen. Doch auch die Allensbacher Tourismuschefin betont: „Natürlich wäre es gut, wenn es eine Perspektive gäbe.“ Der SÜDKURIER fragte bei einigen Betrieben nach.

Restaurant Zum Weinbrunnen: „Wir versuchen halt zu überleben“, sagt Jutta Peube vom Allensbacher Weinbrunnen, aber: „Im Moment ist es schon existenzbedrohend. Wir warten auf staatliche Hilfen.“ Der neue Abholservice sei anfangs nur zögerlich angenommen worden. „Jetzt läuft schon ein bisschen was, aber das reicht natürlich nicht zum Überleben.“ Vor allem, wenn es noch längere Zeit so bleibe.. „Wir haben natürlich gehofft, dass sich zum Mai hin was tut.“ Wenigstens in der Außengastronomie. Wobei Peube meint, dass Abstandsregelungen in ihrem Lokal nicht so leicht umsetzbar seien, wenn der Betrieb wieder anlaufen könne. Und dann würden zudem Veranstaltungen und Feiern fehlen. Sie hoffe, dass nun wenigstens der Mehrwertsteuersatz endlich auf sieben Prozent reduziert werde.

Gastwirte meinen, wenigstens im Außenbereich könnte schon bald problemlos bewirtet werden. So auch Rainer Brandt vom Allensbacher ...
Gastwirte meinen, wenigstens im Außenbereich könnte schon bald problemlos bewirtet werden. So auch Rainer Brandt vom Allensbacher Seegarten-Restaurant. Hier wäre genug Platz, um einige Tische zu entfernen und mehr Abstand einzuhalten. | Bild: Zoch, Thomas

Seegarten-Restaurant: „Wenn das noch allzu lange anhält, wird‘s eng“, erklärt auch Rainer Brandt vom Seegarten-Restaurant. „In zwei Monaten muss es weitergehen. Ich halte noch etwas durch.“ Seine neun Festangestellten seien in Kurzarbeit, Geld aber noch keines geflossen. Und auch Brandt wartet noch auf staatliche Hilfe. Seine Liquidität sichere er über Kredite. Zumindest beim Geschäft auf der Terrasse wäre schon jetzt eine Lockerung möglich gewesen, meint auch Brandt. „Auf einer Bank am See sitzen die Leute enger beisammen.“ Wenigstens laufe sein Abhol- und Lieferservice zufrieden stellend. „Ich habe ein paar Gäste, die wollen jeden Tag was zu essen von uns.“ Aber das sei natürlich nur ein Bruchteil dessen, was sonst bei diesem schönen Wetter möglich wäre.

Haus Rose: Staatliche Soforthilfe habe er schon bekommen, so Stefan Helmlinger, 9000 Euro für drei Monate. Aber: „Das reicht hinten und vorne nicht.“ Er habe allein 8000 Euro Fixkosten im Monat, aber einen dicken Ordner mit Stornierungen. Vereinzelt habe er Handwerker und Geschäftsreisende im Haus. „Das ist natürlich marginal“, so Helmlinger, er habe vielleicht zehn Prozent vom üblichen Umsatz. Existenzangst habe er nur deshalb nicht, weil sein Vater der Verpächter sei. Aber er müsse sein Konto überziehen und es sei klar: „Daran werden wir ein paar Jahre zu knabbern haben.“ Auch Helmlinger beklagt die fehlende Perspektive, wann es weitergehen kann. Dann könnte er wenigstens neue Buchungen annehmen.

Soforthilfe reicht für drei Monate

Hotel Garni Die Ente: „Die Lage ist bescheiden“, sagt Cornelia Bächler von der Allensbacher Ente. Auch die Zahl der Geschäftsreisenden sei kein Vergleich zu vor der Kris. Mit der Soforthilfe von 9000 Euro könne man schon drei Monate überleben, meint sie, aber: „Was danach kommt, wissen wir noch nicht. Wenn wir im Juli nicht aufmachen können, dann wird es schwierig.“ Aber auch dann würden Stammgäste fehlen, die sonst wegen des Seenachtfests oder dem Reichenauer Weinfest kämen, meint Bächler. Aber sie habe auch Verständnis für die Entscheidung der Regierung. Es wäre nicht machbar und zu gefährlich, bald wieder viele Gäste aufzunehmen, meint Bächler.

Restaurant Küferei: Besonders hart trifft die Krise die Wirtsleute der Reichenauer Küferei. Im Winter war drei Monate geschlossen, man habe das Lokal komplett umgebaut und modernisiert und Geld investiert, berichtet Dagmar Stader. Doch ein paar Tage nach der Wiedereröffnung habe man wieder schließen müssen. Soforthilfe habe man zwar bekommen, doch: „Wir können nicht sagen, wie lange das reicht, um die Existenz zu retten.“ Das hänge davon ab, wann wieder geöffnet werden darf. Und auch davon, ob dann Gäste kommen und Touristen, oder ob die vielleicht Angst hätten. „Da sind viele offene Fragen“, so Stader. Doch: „Wir versuchen das Beste daraus zu machen.“ Man wolle weiter für die Gäste da sein. Der Abhol- und Lieferservice werde zwar am Wochenende, allerdings kaum unter der Woche genutzt. „Das ist natürlich kein Vergleich dazu, wenn man offen hat.“

Dagmar Stader und ihr Mann Rolf haben im Winter alles umgebaut und modernisiert in ihrer Küferei auf der Reichenau – und viel Geld ...
Dagmar Stader und ihr Mann Rolf haben im Winter alles umgebaut und modernisiert in ihrer Küferei auf der Reichenau – und viel Geld investiert. Ein paar Tage nach der Eröffnung mussten sie wieder schließen. | Bild: Zoch, Thomas

Bütezettel: Wenigstens der Abholservice werde „einigermaßen okay angenommen“, berichtet dagegen Clemens Wolf vom Reichenauer Bütezettel. Er spüre Rückendeckung und Solidarität von der Reichenauern. „Das ist sicher mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber überleben können wir damit langfristig nicht. Wir wollen uns nicht verschulden.“ 9000 Euro Soforthilfe hätten er und sein Partner beantragt, doch Wolf meint: „Das ist ein netter Schachzug, aber das reicht ja nicht.“ Bei monatlichen Fixkosten von 6000 bis 8000 Euro. Und es gebe eben die große Unsicherheit, wie es sich entwickeln werde. Veranstaltungen seien wohl noch länger nicht möglich, so Wolf. Er hätte auch keine Lust, mit Mundschutz in der Kneipe zu arbeiten. Doch Wolf ist zuversichtlich: „Es wird auf jeden Fall weitergehen – aber gerade eben so.“ Und das Geld, das jetzt verloren gehe, müssten er und sein Partner aus eigener Kraft wieder erwirtschaften. Die Krise werde Arbeitsplätze kosten, so Wolf. Und 450-Euro-Aushilfen würden dabei von der Politik völlig vergessen.

Strandhotel Löchnerhaus: „Die Stimmungslage ist nicht gut“, sagt Martin Baumgärtel vom Löchnerhaus. Wenn es irgendwann im Mai weitergehen könnte, käme man vielleicht mit einem blauen Auge davon. Doch es gebe eben die Unsicherheit, wann und wie es weitergeht – zum Beispiel mit hohen Auflagen. Das werde ganz entscheidend sein. „Für kleinere Betriebe kommt es dann vielleicht gar nicht mehr in Frage, weiterzumachen.“ Sein Personal sei in Kurzarbeit und damit einigermaßen versorgt, so Baumgärtel. Und er und seine Frau hätten zwar keine Existenzängste, weil sie Angestellte seien bei der Gesellschaft, der das Hotel gehört. Doch bei einer Wiederöffnung dürften Auflagen auch zu Zusatzkosten führen – zum Beispiel für zusätzliche Desinfektionsanlagen. Er habe aber schon auch Verständnis für die Entscheidungen. „Man hat ja auch eine Verpflichtung den Gästen gegenüber.“ Doch Baumgärtel schätzt, dass die Verluste im Tourismus landesweit weit höher sein werden, als es die Regierung aktuell prognostiziert.

„Die Saison ist gelaufen“

Campingplatz Sandseele: „Die Saison ist gelaufen“, meint Caroline Motz vom Campingplatz Sandseele schon jetzt. „Das lässt sich nicht wieder aufholen.“ Ihr Betrieb sei doppelt betroffen, weil nicht nur die Camper fehlen, sondern auch die vielen Besucher des Restaurants. Und Abholservice würde sich bei ihnen nicht lohnen, so Motz. Ob das existenzbedrohend werde, hänge von der Gemeinde als Verpächterin ab. Man wolle mit dieser reden wegen der Mindestpacht. Und die Gemeinde hat auch schon angekündigt, dass sie ihren Pächtern – nicht nur hier – entgegen kommen will. Motz erklärt: „Wir haben im Moment nur Ausgaben.“ Es seien viele Stornierungen eingegangen, aber es gebe auch Buchungen für Pfingsten und August, berichtet Motz. Doch selbst wenn ab Juni wieder etwas erlaubt wäre, hätte sie gar nicht das nötige Personal, um den Betrieb wieder richtig hochzufahren. Die Mitarbeiter seien zum Teil noch im Ausland. Und sie wisse nicht, ob die Leute dann noch für zwei oder drei Monate kommen. Hinzu kämen Auflagen – wie zum Beispiel Sicherheitsabstand zwischen den Wohnwägen. „Das ist alles schwierig umzusetzen.“ Und Zusatzkosten etwa für die Hygiene in der Sanitäranlage, wenn diese stündlich desinfiziert werden müsste. „So viel Bier kann ich gar nicht verkaufen.“