Der beißende Brandgeruch steigt beim Betreten des Hauses noch immer in die Nase. Renate Hipp hat überall Schälchen mit Kaffeesatz aufgestellt, der den Gestank neutralisieren soll. Das Zimmer im Souterrain, in welchem am 10. Dezember in den Morgenstunden der Brand ausgebrochen war, wurde schon längst ausgeräumt, geputzt und ist derzeit hermetisch verschlossen – trotzdem: Der Brandgeruch hält sich.

Besucher stören sich nicht wirklich daran, aber Renate und Andreas Hipp werden dadurch unablässig an das Unfassbare erinnert. Der Schock sitzt bei beiden noch tief, wenngleich sie auch unendliche Dankbarkeit erfüllt. Dankbarkeit, weil es hätte schlimmer kommen können und weil sie viel Hilfe und Zuspruch erfahren. Was genau geschehen war? „Renate, erzählt Du. Mir kommen sonst die Tränen“, sagt Andreas Hipp zu seiner Frau.
Ein durchdringender Piepton hatte Renate Hipp am 10. Dezember gegen 6.30 Uhr aus dem Schlaf gerissen. „Was ist denn das?“, schoss es ihr durch den Kopf. Zuerst dachte sie, die Geräusche kämen von der naheliegenden Baustelle. Aber sofort war sie hellwach, ebenso wie ihr Mann Andreas, der umgehend aus dem Schlafzimmer im ersten Stock nach unten eilte.
„Man reagiert wie eine Maschine.“
Immer dem Geräusch nach, von dem er mittlerweile wusste, dass es ein Rauchmelder war. „Ein Melder nach dem anderen hat ausgelöst, aber ich hatte noch nichts gerochen“, erzählt er. Hipps haben in jedem Zimmer und im Treppenhaus in jeder Etage Rauchmelder, nicht nur in den gesetzlich vorgeschriebenen Räumen.

Im Souterrain angekommen öffnete Andreas Hipp die Tür zu seinem Arbeitszimmer. „Ich mache auf, sehe Feuer flackern, höre verpuffende Geräusche wie Knallfrösche und mir schlug Rauch entgegen. Ich habe sofort die Türe zugeschlagen und zu Renate hochgerufen: „Ruf schnell die Feuerwehr. Es brennt“, schildert Andreas Hipp.
Nach einer ganz kurzen Pause sagt er fast tonlos: „Es ging alles so schnell. Man reagiert wie eine Maschine.“ „Ich habe sofort die 110 gewählt“, fährt Renate Hipp fort. Nachdem sie den Brand gemeldet und die Adresse genannt hatte, sagte der Zentralist: „Bitte begeben sie sich sofort vor das Haus“, berichtet sie und ergänzt: „Ich habe Andreas zugerufen, er soll noch schnell die Sicherungen herausdrehen.“
Flucht ins Freie – im Schlafanzug
Im Schlafanzug standen dann die beiden vor ihrem Haus. Bei den eisigen Temperaturen? „Du fühlst in dem Moment keine Kälte“, stellt Andreas Hipp fest. Adrenalin, und zwar bis in die Haarspitzen. Die Feuerwehr kam schnell. „Ich schätze mal sechs bis acht Minuten, eher weniger, kam uns aber trotzdem lang vor“, meint er. Renate Hipp erzählt sofort weiter, weil sie merkt, wenn ihr Mann kurz davor ist, nicht mehr weitersprechen zu können.
So verläuft das gesamte Gespräch. Es ist offenkundig, wie gut sich die beiden ohne Worte verstehen und sich perfekt ergänzen.
„Die Feuerwehrleute sind mit Atemschutz ins Haus, haben Schläuche an den Hydranten am Spielplatz angeschlossen, und einer hatte eine Axt: da bleibt Dir das Herz stehen“, sagt Renate Hipp, hält kurz inne und erzählt dann weiter: „Die Nachbarn waren sofort da, haben uns ihre Jacken, Tee und Brötchen gebracht.“ Das ist der Moment, wo beide vor Rührung innehalten, Renate Hipp dann aber formuliert: „Angst und Schrecken und dann das Gefühl, man wird aufgefangen.“
„Die Feuerwehrleute haben den Brand schnell gelöscht, Glutnester rausgetragen. Es hat extrem gequalmt“, berichtet Andreas Hipp. Der Sachverständige der Polizei hatte die Brandursache rasch ermittelt: „Batterien“, sagt Hipp beinahe ungläubig und erzählt: „Es waren neue Batterien, die alten hatte ich längst entsorgt.“ Ganz normale Haushaltsbatterien, die er – wie eigentlich alle Menschen – in einer Schublade aufbewahrt hat, und die sich ohne jeglichen äußeren Einfluss entzündet hatten.
„Ich habe später im Internet recherchiert und festgestellt: Das ist nichts Besonderes. Wir haben unsere jetzt vorerst im Gartenhäuschen“, erzählt Andreas Hipp. Im Haus will er sie jetzt erst einmal nicht haben, ganz klar. Er überlegt, ob er sich irgendwann einen feuerfesten Kasten besorgt, um die Batterien sicher zu lagern.
„Wir haben unheimlich Glück gehabt“
Der Schock sitzt immer noch tief. Eigentlich hatten sie alles richtig gemacht und weit mehr Vorkehrungen getroffen als die meisten Menschen. „Man hat ein bisschen das Urvertrauen verloren, denn man wurde in den Grundfesten erschüttert“, sagt Renate Hipp. „Es ist wirklich furchtbar. Wenn man es selber erlebt, hat es noch eine andere Dimension. Aber wir haben unheimlich Glück gehabt – in allem.“

Ihren Rauchmeldern verdanken sie ihr Leben, sind sich die beiden einig. Damit trösten sie sich auch ein wenig über den Sachschaden hinweg, schließlich ist materielles Gut ersetzlich. „Ich kann nur jedem zu einer Hausratversicherung raten“, stellt Andreas Hipp fest, froh darüber, dass sie vor mehr als 40 Jahren diese abgeschlossen haben und der finanzielle Schaden gedeckt ist.
Seine Modelleisenbahnlandschaft, die seine Frau als „Miniaturwunderland“ bezeichnet, ist unwiederbringlich verloren. Es war sein Lebenswerk, und dem trauert Andreas Hipp wirklich nach. Und doch tröstet er sich damit, dass alles hätte schlimmer kommen können.
Heiligabend und die Weihnachtsfeiertage werden für Renate und Andreas Hipp intensiver, denn es ist das erste Mal nach dem Brand, dass sie ein klein wenig zur Ruhe kommen können. Es wird eine Zeit des Innehaltens. Vor allem wird Weihnachten ganz anders verlaufen, denn eigentlich hätte die ganze Familie in Allensbach gefeiert.

Die beiden Töchter mitsamt Schwiegersöhnen, fünf Enkelkindern und Urgroßeltern „mussten wir ausladen“, denn sie hätten bei Hipps übernachtet. „40 Jahre hat sich alles hier abgespielt“, sagt Renate Hipp. Erstmals nach mehr als vier Jahrzehnten verbringen sie nun Heiligabend bei Andreas Mutter, um an den Weihnachtsfeiertagen die Kinder zu besuchen.
Ehepaar Hipp dankt allen Helfern
„Wir haben allen Grund zur Dankbarkeit“, sagen sie unisono und schwärmen von der Verlässlichkeit von Familie, Freunden und Nachbarn, auf die sie zählen können und die ihnen in der prekären Lage geholfen haben. „Und an Heiligabend wird uns das sicherlich noch bewusster, da kommt man eher zur Ruhe. Jetzt sind wir noch im Bewältigungsstress“, so Andreas Hipp.