Wer hier nur einige Minuten steht, kann bemerkenswerte Szenen miterleben. Fußgänger mit großem Gepäck kommen vom Bahnhof Hegne, kraxeln, sich einander Halt gebend, eine steile Böschung hinauf und stapfen in Richtung Ort.
Eine Ordensschwester in vollem Ornat marschiert über die staubige Baustelle und arbeitet sich mühsam den Abhang hinunter. Ein Mann schiebt einen Rollstuhl und fragt, wie es zum Dorf geht. Als ihm erklärt wird, dass er jetzt erst mal links gehen muss, bis man den Weg nicht mehr sieht, dort eine große Kehre machen soll und er dann die weitere Route schon sehen wird, schüttelt er den Kopf.
Unterführung seit Monaten fertig
So geht es zu unterhalb von Hegne. 450 Meter Luftlinie liegen zwischen der Schranke beim Haltepunkt und dem Haupteingang zum Marianum, der großen Schule. Mehr als 1,2 Kilometer beträgt der Fußweg, weil alle, die sich korrekt verhalten wollen, eine weite Schleife gehen müssen. Und weil unter dem Damm der künftigen B33-Ausweichstrecke seit Monaten eine Unterführung fertig ist, die aber versperrt und nicht ans Wegenetz angeschlossen ist. Das immerhin soll sich bald ändern.

Eigentlich, sagt Jörg Bauer von der Neubauleitung Singen des Regierungspräsidiums, sollte die Unterführung erst nächsten Sommer geöffnet werden. Dann, wenn obendrüber die Autos und Lastwagen in Richtung Radolfzell oder Konstanz donnern. Dann brauchen die Fußgänger und Radler eine sichere Möglichkeit, die provisorische Trasse zu queren. Auf der alten B33 können sie dann entlang der Klostermauer und auf ziemlich direktem Weg zu Kloster oder Schule gehen. Erst dann, findet Bauer, ergibt die Unterführung so richtig Sinn.

Aber die Szenen vor Ort, die Forderungen aus Hegne und das Drängen des Allensbacher Bürgermeisters Stefan Friedrich zeigen nun doch Wirkung. Wenn im Herbst am B33-Provisorium die Arbeiten weitergehen, sollen die letzten Arbeiten an der Unterführung sowie Fußwege mitsamt Beleuchtung gleich zu Beginn an die Reihe kommen, verspricht das Regierungspräsidium. Der Weg zur Wellblech-Unterführung unter der bestehenden B33 bleibt zwar mindestens bis Sommer 2024 beschwerlich, wird dadurch aber zumindest etwas kürzer und auf jeden Fall für Ortsfremde nachvollziehbarer.
Unterführung wird zehn Jahre lang benötigt
Die Unterführung selbst ist weitgehend fertig. 30 Meter ist sie in etwa lang, sagt Planer Jörg Bauer, oben ist Platz für die Trasse, auf der der B33-Verkehr ab Sommer 2024 und dann für voraussichtlich etwa zehn Jahre fließen wird. Falls nebendran der Radweg zur Schnellverbindung ausgebaut wird, ist auch dafür genügend Platz. Wenn aber, voraussichtlich nicht vor 2034, der Tunnel Hegne in Betrieb ist, unterquert die Unterführung nur noch eine kaum befahrene Kreisstraße.

Ein teures Provisorium also? „Die lange Dauer und der enorme Verkehr auf der B33 rechtfertigen das Bauwerk auf jeden Fall“, erklären die Planer. Denn wenn erst einmal 30.000 Autos täglich über die Ausweich-Trasse rollen, ist der Weg vom Bahnhof Hegne zum Dorf nicht mehr nur beschwerlich, sondern ohne sichere Querung lebensgefährlich. Und eine Fußgängerampel über die meistbefahrene Straße im Kreis Konstanz – das konnten sich die Planer dann auch nicht vorstellen.
Wann genau der neue Fußweg zur Verfügung steht, ist noch nicht ganz klar, so Jörg Bauer bei einem Ortstermin auf der Baustelle. Am Rand des heutigen Parkplatzes werde ein barrierefreier, sicherer und bequemer Weg asphaltiert, ebenso auf der anderen Seite des Durchlasses. Auf den Damm der Baustelle muss dann niemand mehr kraxeln – und sollte es dann auch nicht, denn wo heute staubige Mondlandschaft mit etwas Unkraut ist, sind dann schwere Straßenbaumaschinen im Einsatz.