Angler holen nur Fische aus dem See – mit dieser Aussage werde man immer wieder konfrontiert, sagt Christof Erne, Kassierer des Angelsportvereins Allensbach (ASV). Doch der Verein tue auch etwas für den Erhalt der Fischbestände im Untersee, betonen er und ASV-Vorsitzender Björn Zimpel.
Denn der Verein besitze nahe der Allensbacher Schiffsanlegestelle drei Fischreiser, und jüngst hätten Mitglieder zwei davon frisch mit Obstholz befüllt. „Das ist ein großer Beitrag für den Artenschutz“, betont Erne. Auf dem meist flachen Seegrund bieten die in einem Reiser aufgehäuften Äste und Baumkronen etlichen Fischarten einen geschützten Bereich für die Ablage ihres Laichs.
Zudem finden dort Jungfische Schutz vor Raubfischen und fischfressenden Vögeln wie dem Kormoran, erklären Erne und Zimpel. „Beim Reiser ist Leben“, sagt der ASV-Vorsitzende. Im Gehölz seien Jungfische, zum Beispiel von Kretzer (Barsch), Aal, Hecht, Rotaugen oder Alet, drumherum seien die Räuber, vor allem ausgewachsene Hechte und Kretzerschwärme.
In einem Reiser finden die Jungfische auch Nahrung, im Bereich der Hölzer seien Algen sowie Kleinstlebewesen wie Plankton, Wurmarten oder Süßwassergarnelen. „Reiser sind elementar für den Erhalt der Fischbestände“, so Zimpel. Er bezeichne diese manchmal als den „Supermarkt im See“, weil es ein Treffpunkt für Fische sei, wo es auch was zu essen gibt, erklärt er schmunzelnd.
Befreundete Taucher kontrollieren das Gehölz unter Wasser
Der 1974 gegründete ASV habe die drei Fischreiser seit gut 40 Jahren, so der Vorsitzende. Diese seien rund, hätten einen Durchmesser von acht bis 14 Metern und seien mit Pfählen im Seeboden umfasst in einer Wassertiefe von rund zehn Metern. Alle fünf bis sieben Jahre müssten die Reiser vier bis 4,5 Meter hoch mit neuem Holzgeäst befüllt werden, weil dieses nach und nach im Wasser verrotte. Befreundete Taucher würden das für den ASV kontrollieren.
Der Verein verwende für die Reiser Obstholz, weil dieses recht schnell absinke, erklärt Zimpel. Erne fügt an, dass das Gräfliche Haus Bodman das Holz erfreulicherweise bereits zum zweiten Mal gespendet habe. Der Verein habe es nur selbst abholen müssen, was die Gemeinde und die Firma Holzbau Späth mit Fahrzeugen unterstützt habe. Mehr als 20 Leute seien allein bei der ersten Aktion zum Befüllen eines Reisers im Einsatz gewesen, blickt Zimpel zurück.

Die einen holten das Holz, andere sägten den Haufen am Ufer zurecht, und acht Mann in vier Booten brachten das Material zu den Reisern und warfen es ins Wasser – rund 70 Kubikmeter. „Da fährt man einige Male“, sagt Erne. Zum Befüllen werden Rohre auf die im Boden steckenden Pfähle aufgesteckt, damit man weiß, wo das Holz in den See muss. Denn die Pfähle am Boden dürfen nicht zu weit nach oben ragen, damit sie die Schifffahrt nicht behindern, erklären Erne und Zimpel.
Natürlich profitieren auch die ASV-Mitglieder von den Reisern. „Wo die kleinen Fische sind, sind auch die Kretzer“, weiß Zimpel. Und fügt schmunzelnd an: „Nicht nur die Unterwasserräuber sind scharf auf Fische.“ Deshalb angle man im Bereich der Reiser, müsse dabei aber auch Abstand halten. Gerade bei frisch befüllten Reisern bestehe die Gefahr, dass der Angelhaken im Holz hängen bleibt.
Mehr als 100 Fischreiser liegen auf dem Grund des Untersees
Der Reichenauer Berufsfischer Stefan Riebel, Vorsitzender des Fischereivereins Untersee und Rhein, bestätigt die Angaben der Allensbacher Angler. Es gebe im Untersee mehr als 100 Fischreiser in einer Tiefe von acht bis 20 Metern, viele davon seien in Privatbesitz, und alle registriert beim Landratsamt.
Fünf Reiser gehören dem Fischereiverein. Man helfe aber auch anderen Besitzern beim Befüllen, wenn diese mangels Material und Booten nicht die Möglichkeit dazu haben. Denn man müsse sich um den Erhalt der Reiser kümmern, sonst müssten sie abgeräumt werden.

„Fischreiser sind ein eigenes Biotop im See“, betont Riebel, „sie sind wichtig für das ganze Ökosystem – von der Alge bis zum Fisch.“ Weil sie eben Schutz und Nahrung für viele Jungfische bieten. Dies sei heute umso sinnvoller, weil es, anders als noch vor ein paar Jahrzehnten, viel weniger Nährstoffe im Seewasser gebe. Dadurch wachsen weniger Pflanzen, die früher Platz für Fischlaich boten und Schutz für Jungfische. Daher begrüße er auch das Engagement des ASV.
Der Besitz von Fischreisern und deren Pflege sei auch ein Aushängeschild des Vereins, sagt Riebel. Ganz früher hätten auch Berufsfischer die Reiser befischt. Heutzutage halte man Abstand, zumal es Schäden an den Netzen geben könnte. Die Berufsfischer hätten durch die Pflege der Reiser zum Erhalt der Fischbestände höchstens einen Vorteil in der Zukunft.