Wolfgang Tauschel blickt entspannt lächelnd über den See und atmet auf. Er hat seinen Arbeitsplatz dort, wo andere Menschen gerne ihre Freizeit verbringen: seit April ist er Hafenmeister im Yachthafen Ludwigshafen. Als solcher kümmert er sich um das Hafengelände, dessen Sanitäreinrichtungen und Bepflanzung, die Steganlagen, den Parkplatz und vieles mehr. Er hegt, pflegt, putzt, schrubbt, baut um, auf und ein, ist Security-Manager und Ansprechpartner in Sachen Boote.
Er ist ein Allround-Handwerker, kann Vieles und wenn er mal Hilfe braucht, bekommt er sie. Denn spätestens seit Corona sei die Hilfsbereitschaft unter den Mitgliedern enorm gestiegen, sagt Tauschel. Er lobt: „Man bekommt hier viel Unterstützung, die Clubmitglieder sind einfach ein starkes Team.“ Wolfgang Tauschel strahlt Zufriedenheit aus, Gelassenheit, und er wirkt glücklich – ein Zustand, den sich der gelernte Gärtnermeister lange gewünscht hatte.
Stress und Dauerbelastung
Doch wie kommt ein Gärtner nun an den Hafen? Mancher, der die Hindelwanger Gärtnerei Tauschel kannte, wundert sich vielleicht, warum Wolfgang Tauschel erst jetzt so richtig glücklich ist: schließlich war seine Gärtnerei beliebt, seine Pflanzenvielfalt bunt und der Umgang mit seinen Kunden herzlich. Doch obwohl Tauschel die Gärtnerei, seine Kunden und seine Blumen liebte, wurde dies für ihn immer mehr zu Stress, zu einer Dauerbelastung.
Die Gründe dafür waren vielfältig: der Konkurrenzkampf mit Gartenmärkten, die alles immer billiger und früher im Jahr anboten, oder dass die Gärtnerei zunehmend unwirtschaftlich wurde, weil Tauschel alles von Hand machte, was anderswo maschinell passierte.

„Man hätte modernisieren müssen“, sagt Tauschel. „Aber eigentlich war die Gärtnerei nicht wirklich modernisierbar. Es war alles alt, das älteste Gewächshaus zum Beispiel hatte schon 70 Jahre auf dem Buckel.“ Ein Experte habe ihm geraten, mit der Planierraupe durchzugehen, und alles neu zu bauen. Aber das sei nicht vorstellbar und auch nicht finanzierbar gewesen.
Kunden bleiben wegen Baustelle aus
Und zum Schluss sei noch das Problem mit der Oberdorfstraße in Hindelwangen hinzugekommen, die während des Baus des Adler-Kreisverkehrs mehr Durchgangsverkehr bekam, obgleich sie eine Anliegerstraße war.
Die Anwohner begannen damals, jedes Auto, das die Straße nutzte oder dort parkte, aufzuschreiben und dem Ordnungsamt zu melden – auch Tauschels Kunden. Dies habe zur Verunsicherung und auch zum Ausbleiben von Kunden geführt.
All dies sei schlussendlich zulasten der Gärtnerei gegangen, vor allem aber auf das Konto seiner Gesundheit, die immer mehr bröckelte. Sein Hausarzt habe ihn gewarnt und sich gewundert, wie er das alles aushalte, sagt Tauschel. Doch er machte weiter und blieb dabei stets freundlich und fröhlich, auch wenn es sich innerlich anders anfühlte.
Mit Burnout in eine Klinik
Bis Anfang 2020 die große Krise kam: Das Burnout-Syndrom habe zugeschlagen und ihn in eine Klinik befördert. Dort habe er erkannt, was mit ihm los ist und habe die Symptome deuten können, unter denen er lange gelitten hatte: neurologische Ausfälle, emotionale Überreaktionen, Angst vor dem Autofahren, Streit mit Eltern und Familie.
Dabei sei es seine Familie gewesen, die ihn durch alles hindurchgetragen und die alles abgefangen habe, sagt Tauschel heute, der dafür unglaublich dankbar ist. Er habe dann, schweren Herzens, den Entschluss gefasst, die Gärtnerei aufzugeben – um seine Ehe zu retten, für seine Familie, und um wieder gesund zu werden.
„Ich vermisse die Gärtnerei“
Was ihm offenbar gelungen ist. Er sagt: „Natürlich vermisse ich die Gärtnerei, aber ich vermisse nicht diese unheimliche Belastung und den Druck, unter dem ich stand.“ Der Bodensee, an dessen Ufer er arbeitet, sei sein Lebenselixier, sagt Tauschel.
Aber er wird auch seine ehemaligen Gärtnerei-Kunden nie vergessen, die ihm stets die Treue gehalten haben. Sein Betrieb hätte in diesem Jahr 50. Jubiläum gefeiert. Doch es gibt ihn nun nicht mehr. Und aus dem Gärtner ist ein Hafenmeister geworden.