Am 17. Juni konnte Nachwuchs-Köchin Lina-Maria Wekerle ihren Augen kaum trauen: Die 26-Jährige Schwaningerin arbeitet nach Stationen bei Koch-Berühmtheiten wie Zwei-Sterne-Köchin Douce Steiner und als Restaurantfachfrau im Schwarzen Adler in Oberbergen aktuell in einem der renommiertesten Restaurants Deutschlands: Dem Tantris in München (zwei Sterne).
Und an diesem Abend verfolgte sie, wie fast alle ambitionierten Köche in Deutschland, die Sterne-Verleihung des Guide Michelin live am heimischen Bildschirm. Womit sie nicht gerechnet hatte: Plötzlich stand ihr Vater auf der Bühne neben Promikoch Alexander Herrmann – beide einen grünen Stern für Nachhaltigkeit in der Hand und ein breites Grinsen im Gesicht.
Markus Wekerle (57) ist ihr Vater. Und gemeinsam mit Ehefrau und Wirtin Alexandra Wekerle (56) betreibt der Küchenmeister das Gasthaus Schwanen in Schwaningen bereits in dritter Generation. „Dass wir nach Frankfurt zur Verleihung eingeladen wurden, haben wir erst mal niemandem erzählt“, gesteht er im Interview, „unsere Tochter ist aus allen Wolken gefallen.“
„Wir wollen nicht als Gourmettempel wahrgenommen werden“
Und die Freude über die Auszeichnung ist auch bei den beiden Vollblut-Gastronomen riesengroß: „Wir wollen gar nicht als Gourmettempel wahrgenommen werden und das sind wir auch nicht“, sagt der Koch. „Wir sind ein gutes, regionales Wirtshaus, das seine Gästen mit leckeren Gerichten und Herzlichkeit glücklich machen will!“

Familiäre Gastfreundlichkeit hat hier nämlich Tradition: Im Jahr 1935 haben Markus Wekerles Großeltern den Schwanen übernommen. „Sie hatten eigene Landwirtschaft und haben das, was Garten, Felder und die eigene Viehhaltung hergaben, im Gasthof zubereitet, zu Bränden und Likören gebrannt und auf den Tisch gebracht“, sagt er stolz.
In den 1980er-Jahren übernahm dann Markus Wekerles Mutter Maria als Chefköchin gemeinsam mit ihrem Mann Werner als Service- und Bauernhof-Chef den Betrieb. „Schon als kleiner Bub habe ich meinem Vater auf den Feldern geholfen.“ 1996 hat dann die dritte Generation den Betrieb übernommen.

Nach Lehrjahren bei ausgezeichneten Köchen fern der Heimat brachte Markus Wekerle nicht nur ganz viel modernes Küchenwissen mit zurück ins idyllische Schwaningen, sondern auch seine Frau Alexandra, die in Oberbayern aufgewachsen ist und Restaurantfachfrau in der Spitzengastronomie gelernt hat.
„Uns beiden sind Saisonalität, Regionalität und das Kochen und Wirken im Einklang mit Produzenten und der Natur wichtig“, sagen die Wirtsleute. Das sind auch die Stichwörter, die dem Schwanen jetzt die Auszeichnung des renommierten Gastro-Führers beschert haben.
Während in den ersten Jahrzehnten der Sternegastronomie vor allem die exotischsten, seltensten und teuersten Zutaten der Welt für Ruhm und Ehre gesorgt haben, rückt das heute zunehmend in den Hintergrund. Wekerles verarbeiten auch heute noch Eier, Kräuter und Früchte von den eigenen Streuobstwiesen zu Speisen, Likören oder Quittensekt.

Hinzu kommen regelmäßig Zutaten von Streifzügen durch Wälder und Wiesen: „Schwarze, fermentierte Walnüsse, Sauerampfer, selbstgesammelte Trüffel, wilde Blüten, Vogelbeeren, die ich zu Schnaps verarbeite“, so Alexander Wekerle. „Die Natur schenkt uns so viel und das möchten wir nutzen!“
Auf der Karte stehen etwa Wildschweinravioli in Salbeibutter – das Schwein aus Schwaninger-Jagd, der Salbei im eigenen Garten geerntet. Auf den Tisch kommen neben Wild auch Weiderinder und Bio-Geflügel, die Sonne und frisches Gras genossen haben.
Getreide kommt von der traditionsreichen Blattertmühle in Wellendingen, Kartoffeln vom örtlichen Kalvarienberg-Hof Schwarz, Fisch aus Lembach oder vom Bodensee. „Wo immer es möglich ist, arbeiten wir mit Landwirten aus der Region!“
Schon seit 2003 wird der Schwanen mit dem „Bib Gourmand“ des Guide Michelin für hochwertige Küche zu einem moderaten Preis ausgezeichnet. Jetzt folgte der grüne Stern – und noch eine Auszeichnung: Der Restaurantführer Gault Millau hat die Weinauswahl des Gasthauses mit herausragenden fünf schwarzen Trauben ausgezeichnet.
Welche Restaurants in der Region sind noch ausgezeichnet worden?
- Sterne: Am Hochrhein und im Südschwarzwald sind die Genussapotheke in Bad Säckingen, die Mühle in Schluchsee und Eckert Fine Dining in Grenzach-Wyhlen je mit einem Stern ausgezeichnet.
- Grüne Sterne in der Region haben neben dem Schwanen in Schwaningen auch das Gasthaus Sommerau in Bonndorf (seit 2023), der Waldfrieden in Todtnau (seit 2021) und die Sennhütte im Kleinen Wiesental (seit 2023).
- Gastro Empfehlungen: Im Guide Michelin außerdem erwähnt werden der Kranz in Lottstetten-Nack, Gengs Linde in Stühlingen-Mauchen, Kamino in Häusern, fine.wine.dine. in Bad Säckingen, der Rührberger Hof in Grenzach-Wyhlen, die Villa Feer und das Wirtshaus Mättle in Lörrach, die Krone und das Wasserschloss in Inzlingen, der Berggasthof Schlüssel in Zell im Wiesental und das Café Gupi in Weil am Rhein.