Das Amtsgericht Sigmaringen hat unter Richterin Linda-Sue Blazko zwei junge, in Pfullendorf lebende Angeklagte wegen so genannter Urkundenunterdrückung in vier Fällen zu Geldstrafen verurteilt. Geahndet wird mit diesem juristischen Begriff die Zweckentfremdung von Bankkarten eines Kreditinstituts, die die beiden aufgefunden und zum bargeldlosen Zahlungsverkehr benutzt hatten. Die strafrechtliche Sanktion des 23-jährigen Angeklagten liegt bei insgesamt 1125 Euro, bei der 21-Jährigen bei 525 Euro. Sie müssen auch die Kosten des Verfahrens tragen.
Als Computerbetrug klassifiziert
Der Gerichtsprozess, der zunächst als gemeinschaftlicher Computerbetrug klassifiziert wurde, bezieht sich auf Taten, die knapp über ein Jahr zurückliegen. Das im Verlöbnis zusammenlebende Paar soll die angeblich vor einem Bankhaus aufgefundene EC- und Visakarte einer ihnen unbekannten Person zum Einkaufen in diversen Lebensmittelläden und einer Tankstelle in Pfullendorf genutzt haben, um sich damit unbefugt Vermögensvorteile zu verschaffen, so der die Anklageschrift verlesende Staatsanwalt Moritz Arold, wobei er in Summe von einem Kleinbetrag von unter 60 Euro ausging.
Zurück an den Fundort gelegt
Der Angeklagte gab an, die Karten vor einem Bankhaus auf den Boden gefunden zu haben. Gemeinsam mit seiner Verlobten hätten sie beschlossen, damit Lebensmittel einzukaufen. Allerdings hätte sie alsbald ein schlechtes Gewissen geplagt, sodass sie die Karten ein paar Tage später wieder an den Fundort zurückgelegt hätten. Zum Geschädigten gäbe es keinerlei Kontakt, auch sei an ihn nichts zurückgezahlt worden. Richterin Blazko fragte, ob ihm bekannt sei, dass sich Ware bis unter 50 Euro ohne Eingabe einer PIN-Nummer abbuchen lasse. Dies verneinte er: „Das war eher auf gut Glück.“ Über sein Motiv zum Missbrauch befragt, sagte er er, zu jener Zeit knapp bei Kasse gewesen zu sein. „Ich hatte eine Wohnung und auch damit verbundene Schulden von 30.000 Euro geerbt. Da haben wir uns überlegt, wie wir die Karten einsetzen könnten.“
Keine Reifeverzögerung
Seine Verlobte sagte aus, eigentlich einen anderen Standpunkt zu solchen Straftaten zu hegen, aber zum Zeitpunkt der vorgefundenen Bankkarten nicht darüber nachgedacht zu haben. Erst später sei ihnen ihr inkorrektes Verhalten bewusst geworden, was sie veranlasste, die Karten dort wieder zurückzulegen. Sandra Holdenried, die beauftragte Jugendgerichtshilfe im Strafprozess, hatte erst kurz zuvor mit der jungen Frau ein Gespräch geführt. Sie sah in der bislang straffrei gebliebenen Angeklagten „keine tiefgründige Reifeverzögerung“ und plädierte für eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht.
Opfer lässt Karte sofort sperren
Der 34-jährige Geschädigte sagte im Zeugenstand, dass er sich auf dem Stadtseefest in Pfullendorf aufhielt und sich kurz darauf in einem Bankhaus Geld holte. Dabei müssten wohl seine beiden Karten herausgefallen sein. Jedenfalls profitierte er von einer in seinem Mobiltelefon eingerichteten Banking-App. Push-Nachrichten hätten ihn über Bankabbuchungen aus Lebensmittelläden informiert. „Da habe ich meine Karten sperren lassen, bin gleich zur Polizei spaziert.“
Videoaufzeichnung als Beweismittel
Insgesamt seien 150 Euro abgebucht und bereits wieder von der Bank zurückerstattet worden. Die Polizei hätte den Chef eines der von den beiden Dieben genutzten Lebensmittelgeschäfts kontaktiert. Tatsächlich belegt die im Gerichtssaal gezeigte Videoaufzeichnung, wie der Angeklagte in einem größeren Lebensmittelladen seine Ware mit einer Bankkarte an der Kasse bezahlt. Beide entschuldigten sich vor Gericht beim Geschädigten und bedauerten ihre Handlungen. Was dieser akzeptierte.
Einträge im Strafregister
Beim Angeklagten, der seit einigen Monaten arbeitslos ist, jetzt aber vor einer Vollbeschäftigung steht, sind einige Vergehen im zentralen Strafregister festgehalten. Darunter gefährliche Körperverletzung und unerlaubtes Handeln mit Betäubungsmitteln. Wegen Drogenmissbrauchs hatte er im November vergangenen Jahres seinen Führerschein verloren. Tatsächlich würde er Cannabis der unterschiedlichster Art konsumieren. Seine Verlobte erklärte stolz, sich in sozialen Netzwerken als Influencerin für Cannabisstecklinge zu betätigen und geringfügig etwas hinzuzuverdienen.
Kriminelle Energie
Solche Markenbotschafter sind im Visier der Steuerfahndung. Mit Stirnrunzeln und eindrücklichen Mahnungen reagierten Richterin und Staatsanwalt Moritz Arold auf deren Einlassungen. Letzterer sah die Sachverhalte der Anklage als bestätigt an und hielt dem Angeklagten eine kriminelle Energie vor. Sein im Plädoyer gefordertes Strafmaß setzte die Richterin im Urteil etwas höher an.