Früher landeten männliche Küken, die bei der Legehennenzucht auf die Welt kamen, in der Regel im Schredder, da sie keine Eier produzieren können und als Fleischlieferanten unwirtschaftlich sind. Inzwischen ist diese Praxis verboten und die sogenannten Bruderhähne brauchen ein sicheres Zuhause, in dem sie aufwachsen können.

Markus Thum und seine Frau Daniela aus dem Eigeltinger Ortsteil Guggenhausen wollten auf ihrem Grundstück am Ortsrand genau das schaffen. Den Bruderhähnen geht es bei Thums auch sichtlich gut. Sie haben alles, was ein Huhn zum Glücklichsein braucht: Auslauf, Sandbad, Gebüsch und Schutz vor Raubtieren.

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In den Mühlen der Ämter

Doch nun gerieten Thums in die Mühlen gleich mehrerer Ämter mit dem Fazit, dass sie alles, was sie bisher aufgebaut haben, wieder abreißen sollen. Hühnerstall und Zaun inklusive. Der Grund: Das betroffene Grundstück liegt auf der anderen Seite der Landstraße 440 und damit, rechtlich gesehen, außerhalb der geschlossenen Ortschaft.

Familie Thum nutzt das Grundstück laut eigenen Angaben bereits seit Jahrzehnten. Es diente als Lagerfläche für die gegenüberliegende Autowerkstatt, beherbergt einen Bienenstock und wird als Freizeitgrundstück genutzt.

Ein gemütliches Sandbad im Schatten ist im Freigelände vom Ehepaar Thum für die Hühner ein Genuss.
Ein gemütliches Sandbad im Schatten ist im Freigelände vom Ehepaar Thum für die Hühner ein Genuss. | Bild: Susanne Schön

Bruderhähne sollen artgerecht leben dürfen

Nun sollten hier auch rund 20 Bruderhähne aufgezogen werden. Dafür wurde das ganze Grundstück eingezäunt, damit Fuchs und Marder keine Hähne räubern und töten können. Die Idee zur Aufzucht von Bruderhähnen kam Markus Thum gemeinsam mit Landwirt Konrad Schubert aus Eckartsbrunn. Schubert verkauft Eier und hat einen Teil des Grundstücks von Markus Thum gepachtet, damit dieser Schuberts Bruderhähne großziehen kann.

„Das Stockacher Baurechtsamt bemängelt nun, dass der Mutterhof zu weit weg liege und darum die landwirtschaftliche Privilegierung für Zaun und Kleinstall nicht gelte“, wundert sich Markus Thum. Eckartsbrunn und Guggenhausen sind rund fünf Kilometer voneinander entfernt.

Mündliche Zusagen gelten nicht mehr

Für zusätzliche Frustration sorgt bei Markus Thum die Tatsache, dass man ihm in der Vergangenheit gesagt habe, dass es sich bei dem Grundstück um einen sogenannten unechten Außenbereich handle und die Nutzung damit rechtens sei, erklärt er. Nun habe ihm das Baurechtsamt der Verwaltungsgemeinschaft Stockach mitgeteilt, dass es diesen Sachverhalt nicht mehr gebe und eine Nutzung nachträglich beantragt werden müsse.

Das sagt das Baurechtsamt

Das Gartenhaus, welches vor rund zehn Jahren aufgestellt wurde, und die Bienenstöcke, die bereits seit über 50 Jahren auf diesem Grundstück stehen, haben jeweils einen Rauminhalt von weniger als 20 Kubikmetern und konnten aus diesem Grund ohne besondere Genehmigung errichtet werden.

Die einzige Voraussetzung: Im Außenbereich einer Ortschaft müssen solche Vorhaben mit der unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt Konstanz abgeklärt werden, erläutert Nina Warnke vom Baurechtsamt der Verwaltungsgemeinschaft Stockach auf Nachfrage des SÜDKURIER. Beim Baurechtsamt sei man davon ausgegangen, dass der Bauherr sich um diese Abklärung gekümmert hat. „Aufgrund dieser Tatsachen wurde auch diese bauliche Anlage vom Baurechtsamt der Verwaltungsgemeinschaft Stockach bisher nicht bemängelt“, so Warnke.

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Ab dem Jahr 2010 seien auf dem besagten Grundstück dann ein Container aufgestellt sowie ein Lagerplatz errichtet worden. Ab dem Jahr 2017 sei dieser Lagerplatz vergrößert sowie ein Carport und ein Traktor-Stellplatz errichtet worden, so die Auskunft des Baurechtsamtes. Diese Maßnahmen seien indes im Außenbereich grundsätzlich verboten, wenn keine Landwirtschaftliche Privilegierung vorliege.

Landwirtschaftliche Nutzung erst im Nachhinein beantragt

„Da dieses Grundstück augenscheinlich nicht landwirtschaftlich genutzt wurde, wurde der Grundstückseigentümer gebeten, für die Erstellung sämtlicher baulicher Anlagen Bauvorlagen einzureichen“, erklärt Warnke. Erst daraufhin sei von Familie Thum eine Nutzungsänderung für einen landwirtschaftlichen Betrieb beantragt worden.

Das Landwirtschaftsamt des Landkreises habe eine Prüfung durchgeführt und sei dabei zu dem Schluss gekommen, dass die Voraussetzungen für eine Privilegierung als landwirtschaftlicher Betrieb nicht gegeben seien.

So schön könnte das Leben für die Bruderhähne sein. Ohne Zaun und Stall drohen ihnen allerdings Fuchs, Marder und Verkehr.
So schön könnte das Leben für die Bruderhähne sein. Ohne Zaun und Stall drohen ihnen allerdings Fuchs, Marder und Verkehr. | Bild: Susanne Schön

Zusätzlich habe die untere Naturschutzbehörde des Landkreises bemängelt, dass die Bauten auf dem Grundstück die Belange des Naturschutzes unter anderem durch die Bodenversiegelung und Veränderung des Landschaftsbildes erheblich beeinträchtigen. „Aufgrund dessen ist die beantragte Nutzung des Grundstücks nicht zulässig“, so der Standpunkt des Baurechtsamts.

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Grundstück darf nur als Wiese genutzt werden

Was heißt das nun für Familie Thum? Der Gesetzgeber habe den Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass der Außenbereich einer Ortschaft grundsätzlich nicht bebaut werden darf. Das heißt, dass das Grundstück entsprechend der gesetzlichen Regelungen lediglich als (Streuobst-)Wiese genutzt werden darf, so die Information aus dem Baurechtsamt. Selbst die Errichtung eines Zaunes sei hier nicht zulässig.