Eigentlich säßen Janine und Christian Geller jetzt gemütlich auf der Terrasse ihres neuen Einfamilienhauses im Stockacher Ortsteil Hoppetenzell. Das Baugrundstück liegt in einem Neubaugebiet, die Nachbarn sind sehr nett und der gemeinsame Sohn Philip, knapp vier Jahre alt, hat schon Anschluss gefunden. Er geht in dem kleinen Ort auch in den Kindergarten. Aber so idyllisch ist die Situation leider nicht. Der Bau des Traumhauses hat sich zu einem wahren Albtraum entwickelt, wie die Eheleute berichten.

Das Problem mit dem Keller

Im Mai 2019 hatten sie bei der Stadt Stockach nach einem Bauplatz angefragt, erzählt der 50-jährige Christian Geller. Sie nahmen Kontakt zu mehreren Baufirmen auf und machten schließlich einen Vertrag mit einer Firma aus Österreich. „Wir wollten bezugsfertig bauen. Die Verkäuferin hat uns eine Schweizer Kellerbaufirma empfohlen, die auch den kompletten Innenausbau gemacht hätte“, sagt die 32-jährige Janine Geller, die als Fachkraft für Lagerlogistik im Gewerbegebiet Blumhof arbeitet.

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Andere Firmen hätten erst viel später anfangen können, sodass sie dem Vorschlag zustimmten. Der Kellerbauer wiederum habe ihnen einen Tiefbauer mit Sitz in Waldshut genannt, der den Aushub und die Stützwand im hinteren Bereich des Grundstücks übernehmen sollte. „Dessen Angebot erschien uns zu teuer, aber der Kellerbauer sagte, wir sollten ihn trotzdem nehmen, sonst käme er auch nicht“, so Christian Geller, der im Werkschutz tätig ist.

80.000 Euro statt 33.000 Euro für schiefe Wände

Der Aushub ab Februar 2021 lief zunächst planmäßig – bis sie festgestellt hätten, dass bis auf einen Rand von 30 bis 40 Zentimetern fast alles ausgehoben worden war – also viel zu viel. Dann wurde der Keller gebaut. Christian Geller erinnert sich genau: „Uns ist direkt aufgefallen, dass die Wände schief sind.“

Das bestätigt auf Nachfrage des SÜDKURIER auch der beauftragte Baugutachter Stefan Hubenschmid aus Aach. „Der Keller war eine Katastrophe, richtig schlimm.“ Hubenschmid, der für den Verband Privater Bauherren (VPB) mit seinem Team die Region Konstanz und Umgebung betreut, ist freier Architekt, beratender Ingenieur und zertifizierter Immobiliengutachter. Er forderte ein Abdichtungskonzept und eine Statik-Berechnung für den Keller. Laut Christian Geller kam kein Abdichtungskonzept, aber die Statik-Berechnung im Juni. Das Ehepaar konsultierte daraufhin eine Anwältin für Baurecht.

Schon in der Bauphase rutschten Teile der Stützmauer nach unten.
Schon in der Bauphase rutschten Teile der Stützmauer nach unten. | Bild: Janine Geller

Dann habe der Tiefbauer statt 33.000 Euro plötzlich knapp 80.000 Euro gewollt. Der Bausachverständige habe die Grube laservermessen und festgestellt, dass ihnen fast die doppelte Menge an Aushub berechnet worden war.

Statik nicht ausgelegt für das Gebiet

Die Anwältin habe den Kellerbauer mehrfach aufgefordert, die schiefen Wände zu korrigieren. „Wir sind hier Erdbebengebiet Zone 2. Diese Statik war nicht ausgelegt für das Gebiet. Aber der hinzugezogene Statiker hat gesagt, er wisse davon nichts. Er habe nur den Plan bekommen und auch nie Geld gesehen“, erzählt Janine Geller.

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Auch bei der Stützmauer hakte es. Der Tiefbauer habe behauptet, die Abnahme durch die Bauherren sei erfolgt, aber das stimme nicht. „Sie ist immer noch nicht fertig. Wir haben ihm einen Teil gezahlt, daraufhin hat er uns auf Werklohnforderung verklagt“, so Christian Geller.

Dies sollte die Stützmauer sein. Sie muss erneuert werden, weil sie in ihrer Bauweise komplett ungeeignet ist, den Hang zu stützen.
Dies sollte die Stützmauer sein. Sie muss erneuert werden, weil sie in ihrer Bauweise komplett ungeeignet ist, den Hang zu stützen. | Bild: Janine Geller

Anfang November fand die erste Gerichtsverhandlung statt. Die Gellers sagen, Hauptstreitpunkt seien der Aushub und die Stützmauer gewesen. Ihr Gutachter sei von der Gegenpartei abgelehnt worden. Christian Geller führt aus: „Das Gericht hat einen anderen Gutachter gestellt, den wir auch noch bezahlt haben, damit es schneller ging.“

Krumm, schief und mit Bauschaum statt Mörtel

Es wurde festgestellt, dass die Steine der Kellerwände, die gar nicht für den Hochbau geeignet waren, teils schief und krumm aufeinander gesetzt wurden – mehr, als die Toleranz erlaubt. Zwischenräume waren statt mit Mörtel mit Bauschaum verschlossen worden, an mehreren Stellen klafften deutliche Lücken.

Unterschiedlich große Fugen wurden von der Kellerbaufirma ebenso individuell behandelt: Einige blieben offen, andere wurden mit ...
Unterschiedlich große Fugen wurden von der Kellerbaufirma ebenso individuell behandelt: Einige blieben offen, andere wurden mit Bauschaum gefüllt. | Bild: Janine Geller

Nach unzähligen Aufforderungen an den Kellerbauer sei dieser in Rorschach in der Schweiz verhaftet worden, damit er eine außerordentliche Kündigung des Vertrags unterschrieb, berichtet Christian Geller. Im Oktober hätten sie von einer anderen Firma den Keller abreißen lassen.

Keller muss abgerissen werden: Weitere 13.000 Euro

Der notwendige Abriss des Kellers mit Hangsicherung kostete die Familie weitere 13.000 Euro. Beim Abriss sei deutlich worden, dass eine Ecke der Bodenplatte durch den Bagger abgebrochen worden war.

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Der Abriss der Bodenplatte hätte zusätzlich 14.000 Euro gekostet. „Das haben wir nicht gemacht. Wir haben den neuen Keller drauf gebaut, unsere Baupläne geändert und den Kniestock niedriger geplant“, erläutert Janine Geller. Dadurch seien Zusatzkosten von über 2000 Euro für den Architekten entstanden. Zum Glück, so Christian Geller, kamen keine Kosten von der Hausbaufirma hinzu, weil das Haus noch nicht produziert worden war.

Jetzt fehlt das Geld zum Weiterbau

Die Statik wurde dann neu berechnet. Über Kontakte kamen sie an eine andere Kellerbaufirma. Nun soll bald die Betondecke den Keller abschließen, berichtet das Ehepaar. Doch damit ist die Geschichte nicht ausgestanden. „Unser Geld ist alle. Wir haben eine Nachfinanzierung beantragt bei der Bank, von der wir das Hauptdarlehen bekommen haben. Der Antrag liegt seit Wochen dort“, sagt Janine Geller Anfang Juni frustriert. Bevor das Haus gestellt werden kann, müssen der Keller isoliert, Lichtschächte gebaut und die Dickbeschichtung angebracht werden. Außerdem muss das Erdreich angefüllt werden.

„Aber das Anfüllen geht nicht, weil die Stützwand zur Hangsicherung komplett ungeeignet ist“, beschreibt Christian Geller die aktuelle Problematik. Laut Gutachter sei sie nicht frostsicher, die Blöcke seien nicht ausgerichtet, die Fugen nicht stabil. „Die Mauer muss erneuert werden, das sind nochmal 30.000 Euro. Beim Verdichten besteht sonst die Gefahr, dass Steine runterfallen.“

Der neue Keller bekommt noch eine Betondecke. Dann müsste der Keller mit Lichtschachten versehen und isoliert werden, bevor die Erde ...
Der neue Keller bekommt noch eine Betondecke. Dann müsste der Keller mit Lichtschachten versehen und isoliert werden, bevor die Erde aufgefüllt werden kann. Dafür fehlt dem Ehepaar Geller nun das Geld. | Bild: Claudia Ladwig

„Wir wollen, dass anderen das nicht passiert“

Familie Geller muss neben dem aufgenommenen Kredit fürs Haus noch Miete zahlen. Die ersten Möbel für das neue Haus hatten sie schon in einem zu bezahlenden Container gelagert. Jetzt konnten sie diese bei einem Arbeitskollegen unterstellen, um wenigstens dieses Geld zu sparen.

Warum erzählen sie ihre Geschichte so ausführlich? Beide sagen: „Wir wollen, dass anderen das nicht passiert.“ Würden sie nochmal beginnen, wünschten sie sich einen Hausanbieter, der nicht ab Oberkante Kellerdecke oder Bodenplatte, sondern den gesamten Bau anbietet.

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Nach ihrer Erfahrung empfehlen Janine und Christian Geller, einen Bausachverständigen zur Abnahme des kompletten Projekts oder auch bei irgendwelchen Bedenken hinzuziehen. Dafür müsse man zwar ein paar Euro mehr einplanen, sei aber auf der sicheren Seite. „Man weiß nie, was kommt. So kann man die Bremse reinhauen und macht nicht so viel Geld kaputt wie wir“, lautet ihr Fazit.

Wann sie in ihr neues Haus einziehen können, ist noch unklar, ohne neuen Kredit geht es für sie nicht weiter. Viele tausend Euro haben sie aber schon jetzt verloren.