Noch ist es Oktober, aber die Engener Kämmerin Katja Muscheler beschäftigt sich schon seit Wochen mit der städtischen Finanzplanung für das kommende Jahr. Erste Eckpunkte ihrer bisherigen Planung stellte sie in der jüngsten Gemeinderatssitzung vor. Aktuelle Berechnungen gehen von negativen Haushaltsergebnissen im gesamten Planungszeitraum bis 2027 aus. Das erfordert dringend Einsparmaßnahmen, insbesondere bei den geplanten Investitionen, wie Katja Muscheler den Stadträten verdeutlichte.
Keine schwarze Null auf lange Sicht
Katja Muscheler rechnet derzeit mit einem doch erheblichen Minus von 2,77 Millionen Euro im ordentlichen Ergebnis für 2024. Grundlage sei die Abfrage der Zahlen im August, so dass einige Punkte auch noch überarbeitet werden müssten, vermittelte sie. Klar ist aber, dass sich auch im kommenden Jahr der negative Trend fortsetzt. Für dieses Jahr wurde mit einem Minus von 2,6 Millionen Euro gerechnet. Wie die Zahlen für 2023 tatsächlich aussehen, will die Kämmerin in einer der nächsten Sitzungen mitteilen. Bürgermeister Johannes Moser gab jedoch schon zu verstehen, dass es hier zumindest keine böse Überraschungen gebe.
„Trotz stetig hohem Steueraufkommen und einem Kreisumlagehebesatz von 34 Prozent ist es im Planungszeitraum nicht möglich, ein ordentliches Ergebnis aufzuweisen“, so die Erkenntnis der Kämmerin. Im kommenden Jahr sind Investitionen in Höhe von rund 3 Millionen Euro geplant. Dank eines Überschusses im Ergebnishaushalt von rund 70.000 Euro braucht es also 2,9 Millionen Euro für das kommende Jahr.
Einnahmen decken laufende Kosten nicht
Es waren generell keine gute Nachrichten, die Katja Muscheler für die Sitzung mit im Gepäck hatte. Ganz konkret machte sie klar, dass es bis 2027 ausschließlich im Jahr 2025 möglich sei, die laufenden Kosten der Stadt mit den laufenden Einnahmen zu decken. Das bedeutet schlicht, dass die nicht gedeckten Kosten der anderen Jahre über die Rücklagen der Stadt finanziert werden müssen. Insgesamt sollen das bis in drei Jahren 1,6 Millionen Euro sein, die aus den Ersparnissen aufgewendet werden müssen.
Um es noch deutlicher zu machen, stellte Katja Muscheler den bildlichen Vergleich mit einem Familienvater an, der zu wenig Geld hat, um den Kühlschrank zu füllen und deshalb anfängt, den Schmuck der Frau zu verkaufen. Sollten die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren sinken, brauche es noch mehr liquide Mittel, um die laufenden Kosten zu decken, so die Kämmerin.
Personalkosten und Investitionen sind Kostentreiber
Steigende Kosten gibt es für die Stadt besonders im Bereich der Personalaufwendungen. Die steigen im Vergleich zum Vorjahr um rund 1,5 Millionen Euro. Im Vergleich zu 2022 sind es sogar 3 Millionen mehr an Personalkosten.
Deutlich mehr schlagen die geplanten Investitionen in den kommenden Jahren zu Buche. Alle angemeldeten Vorhaben würden die Rücklagen um ganze 16 Millionen Euro schrumpfen lassen. Zusammen mit den Entnahmen für die laufenden Kosten blieben Ende 2027 von den aktuell 18 Millionen Euro an Rücklagen gerade einmal noch 1,1 Millionen übrig.
Radikaler Sparkurs scheint einzige Lösung
Um dem entgegen zu wirken, enthielt der Bericht von Katja Muscheler auch konkrete Vorschläge für Sparmaßnahmen. So sollen aus dem Investitionsprogramm bis 2027 alle noch nicht begonnenen beziehungsweise rechtlich nicht verpflichtenden Maßnahmen radikal gekürzt werden.
Große Einsparpotentiale bieten dabei unter anderem die Sanierung des Hegaustadions, Straßenbauarbeiten an der Scheffelstraße und im Briele oder auch der geplante Radweg von Welschingen nach Binningen. Damit würde sich der Finanzmittelbedarf für 2027 von 16 Millionen auf rund 720.000 Euro reduzieren. Katja Muscheler gab aber auch zu, dass drastische Kürzungen wie diese Konfliktpotential bergen.
Außerdem sollen die Ergebnisse der Haushaltskonsolidierung vom Sommer beschlossen werden und sämtliche Budgets, die es rechtlich zulassen, um zehn Prozent gekürzt werden. Eine weitere Überlegung ist, die Gewerbesteuer anzuheben. Darüber soll der neue Bürgermeister Frank Harsch in seiner ersten Sitzung im Dezember mit dem Rat entscheiden.
„Großes Erwachen in der Bevölkerung“
„Das sind nicht ganz so gute Zeiten, die da auf uns zukommen. Da wird es ein großes Erwachen in der Bevölkerung geben“, kommentierte der stellvertretende Bürgermeister Bernd Maier. Die ein oder andere Gemeinderatsentscheidung werde richtig bitter, ist er sich sicher. Bürgermeister Johannes Moser pflichtete ihm bei und schaute über den Engener Tellerrand hinaus: „Alle Kommunen kommen an ihre Grenze“, ist er sich sicher.
UWV-Sprecher Gerhard Steiner macht die Situation nachdenklich: „Wir planen auf hohem Level und kommen trotzdem nicht hin“, sagte er im Hinblick auf die hohen Steuereinnahmen. Die vorgestellten Eckdaten zwängen die Stadt, im kommenden Jahr wirklich nur die Posten einzuplanen, die auch realistisch umgesetzt werden könnten.