Zum ersten Mal seit Langem rechnet die Engener Kämmerei mit einem satten Minus in der diesjährigen Finanzplanung. Ganz überraschend kommt das nicht. Kämmerin Katja Muscheler hatte schon in den vergangenen Jahren auf steigende Kosten in der Stadt mit ihren vielseitigen Aufgaben und starker Infrastruktur hingewiesen.
Haushaltsausgleich als Chance
Nach aktueller Planung wird der Haushalt für 2023 ein Minus von über 2,6 Millionen Euro aufweisen. Das entspricht nicht den Vorgaben der Gemeindeordnung, die einen ausgeglichenen Haushalt vorsieht. Es stehe noch offen, ob der Haushalt so genehmigt werde, sagt Kämmerin Muscheler bei der Vorstellung der Haushaltsplanung im Gemeinderat.
Eine Chance sieht sie in einem „Haushaltsausgleich unter erschwerten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen wegen der Ukraine-Krise“, so Muscheler. Hierbei würden alle Kosten, die auf die Krise zurückzuführen sind, ausgeklammert werden. Trotz Investitionen von rund 2,1 Millionen Euro und einem Finanzmittelbedarf von knapp zwei Millionen Euro muss die Stadt keinen Kredit aufnehmen. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen verfügt Engen noch über ein komfortables Finanzpolster von knapp 20 Millionen Euro.
Die Rücklagen schrumpfen
Für den Fehlbetrag von 2,6 Millionen Euro im Haushalt gibt es mehrere Gründe, die Katja Muscheler den Räten übersichtlich aufgeschlüsselt darlegte. Im vergangenen Planungszeitraum von 2019 bis 2022 seien die Investitionen von insgesamt rund 17 Millionen Euro zu 84 Prozent durch den Überschuss im Ergebnishaushalt gedeckt worden. Also dem, was von den städtischen Einnahmen nach Abzug der Kosten übrig bleibt.

Für den jetzigen Planungszeitraum von 2023 bis 2026 ist das Investitionsvolumen mit 16 Millionen Euro vergleichbar mit dem zuvor. Allerdings rechnet Katja Muscheler gerade einmal mit einem Überschuss aus dem Ergebnishaushalt von gut 1,3 Millionen Euro für den gesamten Zeitraum. Die decken gerade einmal acht Prozent des Investitionsvolumens. Das heißt, dass die übrigen 92 Prozent über die städtischen Rücklagen finanziert werden müssen. So rechnet sie damit, dass die Rücklagen bis Ende 2026 auf rund fünf Millionen Euro zusammenschrumpfen werden.
Einnahmesituation bleibt weiterhin auf hohem Niveau
Für dieses Jahr geht die Kämmerin von sehr guten Gewerbesteuereinnahmen von sieben Millionen Euro und mit einem Überschuss aus Steuern und Zuweisungen von insgesamt rund 13 Millionen Euro trotz Erhöhung der Kreisumlage aus. In ihrer Präsentation legte sie dar, dass die massiven Investition der Stadt neben den eigentlichen Kosten erhebliche Folgekosten durch Abschreibungen, Bewirtschaftung, Personal und Unterhalt verursachen. Für dieses Jahr geht sie von vier Millionen Euro allein an Abschreibungen aus, die im Haushalt durch Einnahmen gedeckt sein müssen.
Höhere Kosten für Personal und Bewirtschaftung werden bis 2026 einen gestiegenen Kostenaufwand von rund neun Millionen Euro in Engen ausmachen. Hinzu kämen in diesem Jahr höhere Mietkosten durch die Unterbringung von Geflüchteten, gestiegene Energiekosten, teure städtische Veranstaltungen sowie steigende Fortbildungskosten und unter anderem auch immer mehr Sachverständigenhonorare. Angesichts der Lage betonte Muscheler wie schon so oft, dass realistische Ansätze geplant werden müssten, also Projekte, die auch tatsächlich in diesem Jahr umgesetzt und finanziert werden.
Das sagen die Räte
„Wir können froh sein, dass wir eine gute Finanzlage haben“, versuchte Bürgermeister Johannes Moser das Positive in dieser Situation zu sehen. Er verwies darauf, dass eventuell die ein oder andere geplante Maßnahme geschoben werden könne. Gleichzeitig sagte er, es sei wichtig, die Projektliste anzugehen.

Ab Mai möchte er Konsolidierungsverhandlungen führen, um Einsparungen machen zu können. CDU-Sprecher Jürgen Waldschütz geht, ganz im Gegensatz zu Johannes Moser, trotz allem von einer Schwarzen Null am Ende des Jahres aus. „Wir getrauen uns als Fraktion aber gar nicht, einen Antrag einzubringen“, sagte er mit Blick auf mögliche weitere Kosten. Aus diesem Grund sieht er den Handlungsspielraum des Gemeinderats aktuell als begrenzt.
Dem widersprach Tim Strobel von der SPD, der meinte, man solle das Ergebnis nicht nur wirtschaftlich einordnen, sondern auch politisch. Kaum eine Kommune in dieser Größe sei derzeit schuldenfrei. Gerhard Steiner betonte, dass die Ergebnishaushalte die Handlungsfähigkeit der Stadt erhalten müssten.
Katja Muscheler bezeichnete die Abschreibungen durch das neue kommunale Haushaltsrecht als „Teufelskreis, der nicht auf die Kommunen passt“. Die Verabschiedung des Haushalts findet im Februar statt.