Sabrina Hellmann hat sich im Januar einen Traum erfüllt: Sie hat in den Räumen eines ehemaligen Antiquitäten- und Wollgeschäfts in der Engener Altstadt ihre eigene Goldschmiede eröffnet. Dort möchte die junge Unternehmerin neue Energie in die Innenstadt bringen und knüpft gleichzeitig an eine lange Tradition an. Doch der Weg in die Selbstständigkeit war alles andere als geradlinig und auch zur Eröffnung gab es ein paar Stolpersteine.
Nachdem sie 13 Jahre lang in der Pflege gearbeitet hatte, hat sie 2019 auf einer Pilgerreise beschlossen, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Nach einer zweijährigen Ausbildung in Pforzheim erlernte sie den praktischen Teil des Goldschmiedens während der Corona-Zeit bei Rudi Lang, der 36 Jahre lang eine Goldschmiede in der Engener Vorstadt führte. Dort arbeitete sie auch nach der Ausbildung.
Als Lang aber Ende 2024 in den Ruhestand ging, habe es nahegelegen, dass Sabrina Hellmann den Betrieb übernehmen würde. Doch Verhandlungen mit der Vermieterin des alten Ladens seien gescheitert. „Die Hauseigentümerin hat anderes vor. Deswegen hat es nicht gefruchtet“, betont auch Rudi Lang.
Für Hellmann stand dennoch fest: Sie will in Engen bleiben. „Wir sind das einzige Schmuckgeschäft in der Stadt und es wäre schade gewesen, wenn das verloren gegangen wäre“, sagt sie. Schließlich entschied sie sich, ganz in der Nähe der alten Schmiede ihre eigene Goldschmiede zu eröffnen.
Der Start war eine Punktlandung
Doch das war nicht so einfach: „Zwei Tage vor der Eröffnung waren hier noch Handwerker unterwegs“, berichtet sie. Und das Gebäude brachte einige Überraschungen mit sich: „Das Haus ist wirklich alt, und man wusste vorher nicht, was alles in der Decke und hinter den Mauern steckt.“

Letztlich war es bis zur Eröffnung eine Punktlandung und die Feier wurde gut angenommen. „Sogar der Chor aus Aach, in dem ich singe, hat bei der Eröffnung gesungen“, erzählt sie. Laut Hellmann kamen bereits am ersten regulären Öffnungstag einige Kunden, und die Resonanz sei durchweg positiv. „Der Bürgermeister war bei der Eröffnungsfeier dabei, und wir bekommen viel Zuspruch. Die Engener sind sehr offen und unterstützen das Geschäft.“
Stadt fördert Neugründungen gezielt
Peter Freisleben sieht als Wirtschaftsförderer der Stadt Engen in der Neueröffnung einen wichtigen Impuls für die Innenstadt. „Handwerkskunst in der Stadt zu behalten, ist ein wichtiger Beitrag zur Belebung der Innenstadt – solche Betriebe zeichnen die Stadt Engen aus“, betont er. Trotz Herausforderungen wie eingeschränkter Kaufkraft und schwierigen Bedingungen für den lokalen Einzelhandel sieht er das Potenzial, das in Handwerksbetrieben steckt.
„Jede Geschäftsschließung hat Einfluss auf die Attraktivität der Stadt.“ Deshalb fördere die Stadt mit einem kommunalen Förderprogramm Neugründungen von Gastronomien und dem Einzelhandel gezielt, um so vor allem kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe zu stärken. Auch Rudi Lang habe schon immer diese Unterstützung seitens der Stadt erfahren: „Es liegt auch im Interesse der Stadt, dass die Geschäfte und die Stadt belebt sind. Wirtschaftsförderer begleiten uns da sehr gut“, betont Lang.
Es gibt immer weniger Goldschmiede
Hellmann ist sich der Herausforderungen ihres Handwerks bewusst. „Der Beruf des Goldschmieds ist ein aussterbendes Handwerk. Bei der Ausbildung in Pforzheim waren wir ursprünglich 40, am Ende haben nur 15 die Prüfung gemacht“, berichtet sie. Trotzdem möchte sie das Goldschmiedehandwerk bewahren – und sogar weitergeben: „Ich habe den Ausbilderschein gemacht, weil ich künftig selbst ausbilden möchte.“
Auch die Konkurrenz durch online erhältlichen Schmuck ist ein Thema. Laut Hellmann müsse man als Goldschmied heutzutage mit der Mode gehen. „In erster Linie muss der Schmuck den Alltag gut begleiten und unkompliziert sein. Hochwertiger individueller Schmuck eines Goldschmieds ist aber auch heutzutage noch gefragt“, betont auch Lang.
Ihr ehemaliger Chef lobt Hellmanns Arbeit: „In erster Linie ist es ein Handwerksberuf. Wenn Kreativität dazu kommt, entsteht eine perfekte Symbiose.“ Sabrina Hellmann sei auf einem guten Weg, ihren eigenen Stil zu entwickeln, und nutzt dafür auch die fließenden, natürlichen Formen, die sie von Rudi Lang erlernt hat.
Jakobsweg diente als Inspiration
Der Name der Goldschmiede „Camino Design“ ist kein Zufall. Camino bedeutet auf Spanisch Weg. Hellmann hat sich für diesen Namen entschieden, da sie während einer Pilgerreise auf dem Jakobsweg beschlossen hatte, Goldschmiedin zu werden. Die Jakobsmuschel, das Symbol des Jakobswegs, ist heute ein Markenzeichen ihrer Schmuckstücke.

Blick in eine goldene Zukunft
Nach der intensiven Umbau- und Eröffnungsphase möchte die Goldschmiedin zunächst ankommen. „Mein Ziel ist es, dass die Gäste sich wohlfühlen und ich nach und nach neue Ideen und Kollektionen entwickeln kann“, so Hellmann. Für die Zukunft hat sie einen klaren Wunsch: „Ich möchte auf Dauer glücklich sein und Spaß an der Arbeit haben.“ Ihr ehemaliger Chef stehe ihr auch weiterhin mit Rat und Tat zur Seite: „Ich bin immer da, wenn sie mich ruft. Wir pflegen ein freundschaftliches Verhältnis“, so Rudi Lang.