Der Krieg in der Ukraine hat auch die Landwirtschaft in unserer Region erreicht. Durch den weltweiten russischen Export-Stopp und ausgebremste unkrainische Lieferungen von Weizen steigt der Preis für dieses Getreide extrem. Davon könnten die hiesigen Bauern profitieren, so scheint es. „Möglichen guten Einkünften stehen aber negative Faktoren entgegen, die weit schwerer wiegen“, erklärt Stefan Leichenauer. Er betreibt in Tengen-Uttenhofen den bäuerlichen Lauterbachhof und setzt sich als Vorsitzender des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes des Landkreis Konstanz (BLHV) für seinen Berufsstand ein.

„Die Folgen des Ukraine-Krieges belastet unseren Berufsstand.“Stefan Leichenauer, Landwirt
„Die Folgen des Ukraine-Krieges belastet unseren Berufsstand.“Stefan Leichenauer, Landwirt

„Die Produktionskosten schnellen in die Höhe. Alleine schon durch einen Preisanstieg des Diesels um etwa 75 Prozent. Auch für Dünger, der durch Energie wie Gas hergestellt wird, müssen wir tiefer in die Tasche greift. Dasselbe gilt für den Pflanzenschutz“, zeigt Leichenauer auf. Die Entwicklung führe auch dazu, dass weniger Stickstoffdünger auf dem Markt sei. In der Folge müssten die Landwirte empfindliche Einbußen bei den Ernte-Erträgen in Kauf nehmen. Und: „Die Preise für Getreide sind zwar derzeit hoch, die Ernte erfolgt aber überwiegend im Sommer und Herbst. Sie können bis dahin aber wieder stark fallen. Und nicht jeder Landwirt hat die Möglichkeit, Vorverträge mit Käufern, wie Mühlen abzuschließen“, sagt Leichenauer.

Der Zukauf für die Futterproduktion, wie für die Schweinemasthaltung, koste dreimal soviel als bisher. „Aus diesem Grund geben immer mehr Bauern die Schweinemast auf. Gerade die Ukraine war ein wichtiger Importeur für Futtermittel, wie Körnermais. Das Land kann schon deshalb nicht liefern, weil die in Produktionsbetreiben arbeitende Männer in den Krieg ziehen müssen. Und die Exporthäfen sind zum größten Teil zerbombt.“

Der Junglandwirt Jonas Schlatter pflegt auf dem Buchhaldehof bei Rielasingen das Jungvieh mit besonderer Fürsorge.
Der Junglandwirt Jonas Schlatter pflegt auf dem Buchhaldehof bei Rielasingen das Jungvieh mit besonderer Fürsorge. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Der BLHV-Vorsitzende befürchtet auch, dass die hohen Energiepreise den Verbraucher auch beim Erwerb von bäuerlichen Nahrungsmitten auf die Sparbremse drücken lassen. „Viele Menschen können nicht auf das Autofahren verzichten, wenn die Kosten für Benzin und Diesel auch noch so hoch sind. Gerade Berufspendler in der ländlichen Region sind auf mobiles Fahren angewiesen“, so Leichenauer.

Für eine weitere Verringerung von Ernte-Erträgen sorge die politisch verordnete zunehmende Ökologisierung der Landwirtschaft. „Um die volle Prämie für unsere landwirtschaftlichen Flächen zu erhalten, dürften wir nach EU-Plänen ab 2023 vier Prozent der Grundstücke nicht bewirtschaften“, schildert Leichenauer.

Die höheren Produktionskosten, wie für Futtermittel, schlägt auch beim Buchhaldehof in Rielasingen-Worblingen zu Buche. „Für uns zahlt es sich aber aus, dass wir 95 Prozent der Futtermittel selbst produzieren“, sagt Jonas Schlatter, der zusammen mit seinen Eltern den landwirtschaftlichen Betrieb führt. „Die Teuerung hat schon vor dem Krieg in der Ukraine eingesetzt. Der hat die Lage aber noch verschärft“, sagt er. Das Einkommen erzielt die Familie durch die Produkte von etwa 80 Milchkühe und 3000 Hühnern.

Auch der Engener Bäckerei-Unternehmer Jürgen Waldschütz muss immens steigende Kosten in Kauf nehmen.
Auch der Engener Bäckerei-Unternehmer Jürgen Waldschütz muss immens steigende Kosten in Kauf nehmen. | Bild: Jens Bittlingmaier

„Der Preis wird aber vom Handel diktiert, wie auch von den Molkereien. Sind wir für sie zu teuer, weil wir auch unsere gestiegene Kosten beim Verkauf der Milch einrechnen müssen, könnten sie sich auch für andere Abnehmer entscheiden. Und wieviel Futter wir zukaufen müssen, hängt zu 85 Prozent von der Witterung ab. Die entscheidet über den Umfang der Erträge“, so Schlatter. Eines ist ihm ganz wichtig: „Unsere Probleme sind absolut nachrangig gegenüber dem großen Leid, das die Menschen in der Ukraine ertragen müssen.“

Der Engener Bäckerei-Unternehmer Jürgen Waldschütz versteht die Geschäftswelt nicht mehr. „Da produzieren wir bewusst regional. Das Paradoxe aber: Durch die derzeitige Situation auf dem Weltmarkt laufen uns die Produktionskosten aus dem Ruder“, erklärt er. Der hohe Getreidepreis und die immens steigenden Energiekosten sorgten für Mehrausgaben von mehr als 50 Prozent innerhalb von etwa zwei Monaten. „Dabei setzen wir vor allem auf große Qualität, wie durch den Bezug von Getreide und Mehl aus Orsingen-Nenzingen“, berichtet Waldschütz. Schon Corona habe für einen massiven Umsatzverlust gesorgt, weil Feste, Märkte, Sportveranstaltungen und private Feiern lange Zeit ausgefallen seien. Auch, dass viele Menschen im Home-Office arbeiten, schlage negativ zu Buche.

„Uns fehlt durch viele Quarantänefälle ein Teil des 50-köpfigen Personal und durch die Verteuerung und Knappheit Material für die Produktion“, zeigt er auf. Leider müsse er ein Teil seiner Mehrkosten beim Verkauf der Backwaren an die Kunden weitergeben, sagt der Bäckermeister.