Seine Meinung frei äußern zu dürfen ist ein unschätzbar wichtiges Gut. Ein Blick beispielsweise nach China, in den Iran oder nach Russland machen das derzeit nur zu deutlich. Die Unterdrückung der freien Meinung ist Standard in autoritären Regimen, um die eigene Ideologie zu verfestigen. Die Geschichte des gebürtigen Anselfingers Karl Schmid zeigt beispielhaft, mit welcher Skrupellosigkeit die Meinungsäußerung während des Nationalsozialismus unterdrückt wurde. Ab März soll ein glänzender Stolperstein an den Mann aus Engen erinnern, der sich mit nur einem Satz um Kopf und Kragen geredet hat.

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1896 in Anselfingen geboren

Karl Schmid wurde 1896 als Sohn des Gastwirts der Anselfinger Traube geboren. Er besuchte die Volksschule in Anselfingen, danach eine Fortbildungsschule, absolvierte eine kaufmännische Lehre bei der Engener Firma Dürrhammer und besuchte außerdem noch die Handelsschule in Stuttgart.

Wie der ehemalige Kreisarchivar Wolfgang Kramer bei seinen Recherchen zu den Engener NS-Opfern herausfand, wurde Schmid 1916 in den Kriegsdienst eingezogen. Er wurde verwundet, ausgezeichnet und 1919 aus dem Wehrdienst entlassen. Er heiratete, betrieb zeitweise ein Kolonialwarengeschäft in Augsburg und arbeitete ab 1936 als Lagerarbeiter.

Der ehemalige Kreisarchivar Wolfgang Kramer hat die Initiative ergriffen, um auch an die Engener Opfer des NS-Regimes zu erinnern. 15 ...
Der ehemalige Kreisarchivar Wolfgang Kramer hat die Initiative ergriffen, um auch an die Engener Opfer des NS-Regimes zu erinnern. 15 Stolpersteine sollen in Engen verlegt werden. | Bild: Kerle, Helene

Der verhängnisvolle Satz

Im April 1940, als die Wehrmacht Dänemark und Norwegen überfallen hatte, besuchte Karl Schmid mit einem Freund die Gaststätte „Stadt Wien“ in Augsburg. Im Beisein von Wehrmachtsangehörigen soll er dort angesichts der Zuversichtlichkeit auf einen deutschen Sieg gesagt haben: „1914 begann auch der Krieg mit einer Begeisterung und wir haben ihn 1918 verloren. Wir gewinnen den Krieg nicht.“ Das reichte bereits dafür aus, dass er noch am selben Abend verhaftet wurde und sich kurz darauf im KZ Dachau befand.

Der Kölner Künstler Gunter Demnig hat damit begonnen, Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zu verlegen. Das ...
Der Kölner Künstler Gunter Demnig hat damit begonnen, Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zu verlegen. Das Bild wurde bei einer Verlegung in Konstanz aufgenommen. | Bild: Scherrer, Aurelia

Trotz verzweifelter Eingaben, in denen er auf seine Kriegsverletzung, seinen schlechten Gesundheitszustand im KZ sowie seine Angetrunkenheit im Gasthaus verwies, blieb Schmid in Haft. In der Nacht vom 31. März 1941 verstarb Karl Schmid im KZ Dachau. Sein Gedenkstein soll am Standort des früheren Gasthaus Traube in Anselfingen verlegt werden.