Herr Klinger, wie sehr treibt Sie die Sorge um, dass die Motivation von ehrenamtlichen Helfern aufgrund aktueller Geschehnisse schwindet?

Michael Klinger: Ich denke, wir kämpfen in Gottmadingen wie in allen anderen Bädern auch mit zunehmend schwindendem Respekt gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Ehrenamtlichen. Ich empfinde das als eine bedenklich gesellschaftliche Entwicklung. Es gibt ja genügend Beispiele, wo auch Rettungskräfte der Blaulichtorganisationen vor vergleichbaren Respekt-Problemen stehen. Dass das die Attraktivität der Berufsgruppe für Bäder, wie Schwimmmeister oder Fachangestellte für Bäderbetriebe, nicht fördert und auch Ehrenamtliche es nicht motivierend finden, bei der Beckenaufsicht von einzelnen Badegästen angegangen zu werden, versteht sich von selbst. Angestellte in unseren Bädern und Ehrenamtliche sind Mangelware, sie haben etwas Besseres verdient.

Der Gottmadinger Bürgermeister Michael Klinger sorgt sich wegen fehlendem Respekt in Bädern und appelliert an die Gemeinschaft.
Der Gottmadinger Bürgermeister Michael Klinger sorgt sich wegen fehlendem Respekt in Bädern und appelliert an die Gemeinschaft. | Bild: Frank Müller

Auf der anderen Seite sollte man sehen, dass wir an einem heißen Wochenende mehrere tausend Badegäste haben. Fast alle gehen zufrieden nach Hause, sind dankbar für die Abkühlung und das Freizeiterlebnis und geben das auch dankbar an die zurück, die im Bad Dienst tun. Das dürfen wir uns von einer Minderheit, die sich nicht an Regeln halten will, nicht kaputt machen lassen. Zivilcourage kann eine Antwort sein: Sich als Badegäste hinter das Personal und die Ehrenamtlichen stellen, wenn andere Stress machen, und damit klar machen, dass die Mehrheit solches Verhalten nicht toleriert.

Kann sich eine Gemeinde angesichts immer knapper werdenden Personals und des Einsatzes von Sicherheitsdiensten künftig überhaupt noch einen Badebetrieb leisten?

Michael Klinger: Personalknappheit hat nichts mit der Frage zu tun, ob sich die Gemeinden auch zukünftig Bäder werden leisten können. Weniger Personal führt bei Einhaltung der Arbeitszeit- und Sicherheitsvorgaben zu weniger Öffnungszeit. Viel mehr Sorgen macht mir schon mit Blick auf die Haushaltszahlen für das Jahr 2026, dass das Geld bei den Gemeinden immer knapper wird. Uns werden immer mehr Aufgaben aufgeladen, die andere beschließen und die wir vor Ort erfüllen müssen.

Rechtsansprüche auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen und Unterbringung und Integration von Geflüchteten sind nur zwei Stichworte. Krankenhäuser sind chronisch unterfinanziert, und die kommunale Ebene zahlt die Rechnung. Und immer mehr Geld versickert in einer überbordenden Bürokratie und gegenseitiger Selbstbeschäftigung der staatlichen Ebenen.

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Wenn es uns nicht bald gelingt, uns wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren und keine Versprechungen mehr zu machen, die kaum umsetzbar sind, dann wird es bei den Gemeinden vermutlich finanziell sehr eng. Und das kann auch Auswirkungen auf freiwillige Leistungen wie den Betrieb von Bädern haben.

Wie lassen sich die Probleme lösen?

Michael Klinger: Es geht um die Frage, dass wir alle vielleicht wieder mehr darüber nachdenken, wo wir der Gemeinschaft etwas zurückgeben können, statt immer weitere Forderungen an den Staat zu stellen. Egal ob Engagement beim DLRG und Freibadförderverein, bei der Feuerwehr oder einfach in der Nachbarschaft oder wie bei mir im Naturschutz: Jeder, der mit anpackt, leistet einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag.

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Wir brauchen mehr Zupacken und weniger Motzen. Mehr mitmachen und weniger fordern. Bei Menschen, die nach einer Woche reduzierten Öffnungszeit bereits den Bürgermeister anschreiben und Geld für die Jahreskarte zurück wollen, erkenne ich diese zupackend positive Haltung jedenfalls nicht.