Sie ist vor gut einem Jahr mit Dynamik in der Gemeinde gestartet, weil sie die Brüche im industriell geprägten Dorf schätzte. Jetzt hat Olga Gozdzik ihren Platz in der Verwaltung wieder geräumt, um in die freie Wirtschaft zu gehen. Die Stadtplanerin hinterlässt ein beachtliches Werk zur Weiterentwicklung der Gemeinde. Umso größer ist das Bedauern von Bürgermeister Michael Klinger.
Gozdzik hatte den stockenden Prozess in Sachen Quartier 2020 wieder in Gang gesetzt und die Meinungsbildung so weit vorangetrieben, dass jetzt ein Konzept mit genauen Aufgaben für Investoren vorliegt. Jetzt können sich Planungsteams um das Großprojekt bewerben und einen ganz neuen Wohn- und Sozialraum auf dem Gelände der alten Haupt- und Realschule erschaffen.
Im Gemeinderat würdigte Klinger den Einsatz der ausgeschiedenen Stadtplanerin: „Ich will die Arbeit von Frau Gozdzik hier noch einmal besonders hervorheben“, sagte er. „Es war eine sehr schwierige Aufgabe. Sie hat die Themen geordnet, die Diskussion auf einen konstruktiven Weg gebracht und mit uns zusammen ein gutes Ergebnis erarbeitet. Wir sind einen riesigen Schritt vorangekommen.“

Viele Erwartungen an Plangebiet
Noch vor gut einem Jahr drehte sich die Diskussion im Kreis, weil man an das rund 27.300 Quadratmeter große Planungsgebiet sehr viele Erwartungen geknüpft hatte. Da war zum einen die Wunschliste aus der Bürgerbeteiligung; da waren die Vorstellungen der Gemeinderatsfraktionen und die Ideen der Verwaltung. Allen war klar, dass Gottmadingen mit diesem zusammenhängenden Gelände eine seltene Chance zur Gestaltung eines neuen Quartiers nicht verschenken dürfe.
Man wollte keine Fehler machen, nichts übersehen und das Maximum herausholen. Doch genau das führte zu Hemmungen und schließlich die Diskussion in eine Sackgasse. Die Aufgabe schien zu groß. Deshalb unterteilte Klinger den Entscheidungsprozess in kleinere Schritte. Stück für Stück arbeitete man sich durch die Fragen. Will die Gemeinde das Gelände an den meistbietenden Investor vergeben oder in einem Wettbewerb die beste städtebauliche Planung ermitteln?
Rat wählt Konzeptvergabe
Schließlich entschieden sich die Ratsmitglieder für die Konzeptvergabe. Das heißt nichts anderes, als dass mögliche Investoren verschiedene Vorgaben der Gemeinde erfüllen müssen. Zum Beispiel, was den Anteil an sozialem Wohnraum angeht. Wörtlich heißt es im Ausschreibungstext: „Das Ziel des Verfahrens ‚Quartier 2020 – Rattenäcker‘ in Gottmadingen ist es, das beste Konzept für ein neues generationenübergreifendes, sozialgerechtes und lebendiges Quartier zu finden.
Für dessen Entwicklung, Umsetzung und gegebenenfalls dessen spätere Betreibung sucht die Gemeinde Gottmadingen erfahrene Projektträger.“ Der Auslobungstext liest sich wie ein Pflichtenheft mit sehr detaillierten Aufgaben. Ob das die Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderung sind oder der Einsatz regenerativer Energie ist: das Konzept stellt viele Bedingungen an die Bewerber.
Durchhaltevermögen gefragt
Stadtplanung braucht einen langen Atem. Olga Gozdzik hat den Prozess für kurze Zeit, aber effektiv begleitet. „Wir starten eine ganz andere Art, ein Quartier zu entwickeln“, sagte Michael Klinger. „Wir verlassen den Weg, einzelne Grundstücke zu verkaufen. Wir wollen nicht nur Häuser bauen, wollen gemeinsam ein Viertel entwickeln.“
Dabei müsse man sich aber auch bewusst machen, dass es bei dem hohen Anspruch und steigenden Zinsen an den Finanzmärkten Durchhaltevermögen brauche, warnte er. „Wir sollten bereit sein auszusteigen, wenn es nötig ist, und dann einen besseren Zeitpunkt abwarten.“
Räte für Nahwärmekonzept
Schließlich ging es noch darum, ob eine zentrale oder dezentrale Heizung festgeschrieben werden soll. Der Energieberater Olaf Hildebrandt hatte dringend dazu geraten, diese Entscheidung vor der Ausschreibung zu fällen und im Konzeptverfahren zu fixieren. Die Singener Firma Solarcomplex stehe bereit, so Klinger, eine zentrale Nahwärmeversorgung für das Quartier und das angrenzende Wohngebiet zu bauen. Dann wären Wärmepumpen ausgeschlossen.
Der Vorteil des Nahwärmenetzes ist, dass keine Einzellösungen für die Gebäude nötig sind. Allerdings müsse dann ein Standort für eine Heizzentrale gefunden werden. Am Ende sprachen sich die Räte einstimmig für ein Nahwärmekonzept aus.