Der geplante Kiesabbau im Dellenhau erreichte mit voller Wucht den Hilzinger Gemeinderat. Und dessen früheres Mitglied, Rainer Luick, bediente sich als geladener Vertreter des Kreistags und der Regionalversammlung Hochrhein Bodensee Anleihen aus einem eher ruhigeren Metier. Er verglich handelnde Personen und Gremien beim geplanten Kiesabbau mit einem Schachspiel, bei dem allerdings wichtige Figuren fehlten. So die Königin, wie Luick die Vertretung des baden-württembergischen Forstes bezeichnete. Eine solche kam nicht in den Hilzinger Gemeinderat. Das Fehlen des Fachmanns sei krankheitsbedingt, ließ der Forst verlauten, einen adäquaten Ersatz gebe es nicht.

Dabei setzte der Landesforst durch die Unterzeichnung eines Pachtvertrages mit dem Kiesunternehmen Birkenbühl im Jahr 2014 einen richtungsweisenden Schachzug, der erst heute hitzig diskutiert wird. Und Birkenbühl-Geschäftsführer Andreas Drewing musste als weitere Königsfigur jüngst fast aussetzen. Die Mehrheit des Gemeinderates gewährte ihm aber nach einer Abstimmung den Verbleib in der Ratssitzung und räumte ihm Rederecht ein, das aber kaum zum Tragen kam. FDP-Mann Sigmar Schnutenhaus hatte schnell den gravierenden Formfehler erkannt und ließ die Abstimmung in einem anderen Wortlaut wiederholen. Denn: Aus einer öffentlichen Ratssitzung kann niemand verwiesen werden.

Der Auftakt hatte es also in sich im proppevollen Ratssaal. Und die SPD-Vertreterinnen Andrea Baumann und Barbara Kissmehl befeuerten das Thema Kiesabbau im Dellenhau gleich mächtig. Ihr Ansinnen war es, eine neue Stellungnahme der Gemeinde zum Raumordnungsverfahren zu erwirken, nachdem der Gemeinderat eine von der SPD beantragte negative Bewertung mit 10:9-Stimmen abgeschmettert hatten. "Ich bin nicht der Vertreter des Kiesabbauers, wie das teilweise behauptet wird", betonte der Hilzinger Bürgermeister Rupert Metzler. Nun sollte durch die Einladung von Vertretern Beteiligter des Raumordnungsverfahrens der Gemeinderat nochmals Gelegenheit bekommen, sich ein umfassendes Bild zum machen, um die Stellungnahme endgültig zu formulieren.

"Jeder kann selbst denken, was er davon hält", kommentierte Metzler die Absage des Forstvertreters. Heftige Kritik hagelte es besonders von den beiden SPD-Damen, dass Birkenbühl einen Großteil des Kieses in dessen Betonwerk im schweizerischen Frauenfeld exportieren will. "Das Thema Export kann der Regionalverband nicht regeln. Hier gelten die Gesetze der bilateralen Wirtschaftsabkommen. Außerdem profitiert auch der deutsche Einzelhandel von der Schweiz", erläuterte Hans-Peter Hofmann, Direktor des Regionalverbandes Hochrhein-Bodensee. "Wir sind den Schweizern nichts schuldig. Sie legen vielfach ihre eigenen grenzüberschreitenden Handelsgesetze so aus, dass nur sie den Vorteil haben", betonte Holger Graf und erntete dafür viel Beifall. "Es geht hier um Rohstoff, nicht um Konsumgüter, wie beim Einzelhandel", wetterte Andrea Baumann.

Der weiter steigende Bedarf an Kies sei im Regionalplan festgelegt worden, erklärte Karl-Heinz Hoffmann. "Ist ein Sicherungsgebiet im Regionalplan ausgewiesen, sollte er innerhalb von 15 bis 30 Jahren in ein Vorranggebiet umgewandelt und in dieser Zeit auch Kies abgebaut werden. Und die letzte Ausweisung erfolgte im Jahr 2005", betonte Hofmann. Falle ein Abbaugebiet eines Unternehmers weg, wie bei Birkenbühl bis Mitte 2018 im Singener Stadtteil Überlingen am Ried, sehe der Teilregionalplan einen Ersatz in räumlicher Nähe vor. Und das Dellenhau sei für einen solchen ausgewiesen, erklärte er. "Die Möglichkeiten des Regionalverbandes sind eingeschränkt. Die Festsetzungen des Regionalplans, die von den Vertretern der Landkreise und damit der Kommunen erstellt wurden, sind bindend", so Hoffmann. "Wir können nur eingeschränkt argumentieren", betonte er. "Der Landesforst als Dellenhau-Eigentümer und damit das Ministerium können dagegen eigene Bestimmungen festsetzen", so Hoffmann.

"Es gibt Kiesabbaugebiete in der Region, wie zwischen Singen und Radolfzell, die große Kapazitäten haben und noch Jahrzehnte Rohstoff liefern können", erklärte CDU-Rätin Marianne Guthoff. "Wir haben solche Alternativen geprüft, aber auch ein großer Unternehmer könne nicht unendlich abbauen", konterte Hofmann. "Wieso werden Abbau-Alternativen nur in unserer Region geprüft und nicht etwa im Gebiet Konstanz/Kreuzlingen, wo durch den Ausbau der Bundesstraße Millionen Tonnen von Kies benötigt werden?", warf Ralf Oßwald von den Freien Wählern ein. Heftig kritisiert wurde auch, dass der Regionalverband seine Entscheidung getroffen habe, ohne die Stellungnahme der betroffenen Gemeinden abzuwarten.

"Wir verfügen in der Region über riesige Mengen an Kies, wo Abbaugebiete schon vorhanden sind. Im Vergleich dazu ist Dellenhau ein verschwindend geringer Anteil. Wir müssen das Gebiet als Rohstoff sichern", betonte Rainer Luick. "Vertreter der Kreistagsfraktionen der CDU, SPD und Grünen wollen in der Regionalversammlung einen Antrag einbringen, damit das Thema nochmals fundiert behandelt wird, um den Beschluss kippen zu können. Es wird schwierig genug, da es meines Wissens einen solchen Fall noch nie gab", so Luick.


So geht es weiter

Der Gemeinderat Hilzingen soll in der nächsten Sitzung am Dienstag, 2. Mai, um 19 Uhr nochmals festlegen, wie die Stellungnahme formuliert werden soll. Derzeit gilt der bisherige Beschluss, keine negative Stellungnahme abzugeben. Sie könnte auch so neu formuliert werden, dass es keine klare Zustimmung oder Ablehnung für Kiesabbau gibt, sondern dazu bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen.