Der Ortsteil Duchtlingen und die Kartoffel sind nicht zu trennen. Diese urwüchsige Knolle gedeiht seit ewigen Zeiten besonders gut auf den Äckern rund um das Dorf. Und das in vielen Sorten. Eine davon war eine ganz besondere: „Solche Kartoffeln wachsen nicht überall, die Sorte sprengte während des Wachstums geradezu aus dem Erdboden“, weiß Vanessa Tschacher aus den Erzählungen.
Man nannte sie Bodensprenger, und es sei nicht ausgeblieben, aus diesen wüchsigen Herdöpfeln, wie Kartoffeln in Duchtlingen genannt werden, mehr zu machen. Die Duchtlinger Narren nahmen es in die Hand und gründeten im Jahr 1969 den Narrenverein Bodensprenger.
Von klein auf dabei
Herdöpfel-Wieb Vanessa Tschacher wurde in eine närrische Familie hineingeboren und früh vom Fasnetvirus infiziert: Sie war schon als Kleinkind im Kinderwagen bei den närrischen Veranstaltungen dabei, und die Fasnachtszeit gehört für sie bis heute dazu. Ihre Narren-Laufbahn begann bei den Stupfern, den Jüngsten im Zug, die die Herdöpfel in den Boden stupfen.
Dann wurde sie Jungnärrin, mit 16 dann Maskenträgerin in der Gruppe der Herdöpfel-Wieber, die vor 20 Jahren dazukam. Denn die Duchtlinger Narren wollen das Brauchtum fördern: „Der ganze Zug ist durchdacht und soll mit den Figuren die Abfolge des Kartoffelanbaus in früheren Zeiten nachstellen“, erklärt Vanessa Tschacher.
Kuh, Stupfer, Wieber
Angeführt wird der Zug von einer Kuh als Einzelmaske, sie zieht den Pflug des Bauern, dem die Stupfer folgen. Danach kommen die Herdöpfel-Wieber, sie lesen die Kartoffeln auf. Sie sind rotbäckig und tragen Kopftuch, ihr einer Mundwinkel zeigt fröhlich nach oben, der andere aber nach unten.
Damit passt sich ihre Maske den Bodensprengern an. Die verkörpern mit knolliger Nase und Auswüchsen rund um das Gesicht auf den ersten Blick eine lachende Kartoffel. Erst bei näherem Hinschauen erkennt man einen dritten Mundwinkel, und der zeigt nach unten – die Maske lacht und weint gleichzeitig.
„Wir laufen in Reihen“
Das sei auch das Besondere und habe eine Bedeutung: „Der Mund steht für die jeweilige Saison, mal gibt es eine gute Ernte, mal ein schlechte“, erklärt Vanessa Tschacher. Die Bodensprenger treiben bei einem Umzug auch keinen Schabernack: „Wir laufen in Reihen, so wie die Kartoffeln auf dem Feld wachsen.“
Die Herdöpfel-Wieber haben auch eine ganz besondere Aufgabe: „Vor einem Umzug müssen wir früh aufstehen und Kartoffeln dämpfen“, erklärt sie. Diese werden dann in Wärmeboxen verpackt, kommen mit den Süßigkeiten in den Korb und werden bei Umzügen verteilt.
Warme Kartoffeln für Zuschauer
Da hätte man schon ganz schön zu tragen, was die Wieber aber gern hinnehmen. Denn viele Zuschauer würden schon auf sie warten, und wer sie nicht kennt, sei völlig überrascht über eine warme Kartoffel. Seit zwölf Jahren schlüpft Vanessa Tschacher ins Häs und unter die Maske, und das werde sie machen, solange es geht. Ihr macht es Spaß, in eine andere Rolle zu schlüpfen und unerkannt zu bleiben.