Es ist ein langes Gespräch mit Peter Kolb, in dem er sich streckenweise so richtig in Rage redet. Dann hält er inne: „Wenn man es mit Distanz betrachtet, ist es zum Lachen“, sagt der Geschäftsführer des Sporthauses Gruner. Er bezieht sich damit auf Reaktionen zur Ausgabe von Bändchen der Konstanzer Werbegemeinschaft Treffpunkt, mit denen der örtliche Handel die Kontrolle der 2G-Regelung in den Geschäften vereinfachen möchte.
Dabei hätten er und seine Kollegen allen Grund, sich über den Erfolg der Aktion zu freuen. Und um einen Erfolg handelt es sich: Nach Angaben des Treffpunkt-Chefs Daniel Hölzle wurden die Bändchen in der ersten Aktionswoche mehr als 10.000 Mal nachgefragt. Der Wert dieser Zahl ergibt sich aus dem Verhältnis der Kundenfrequenz in der Konstanzer Innenstadt. Laut Daniel Hölzle passieren pro Woche 40.000 bis 45.000 Menschen die Rosgartenstraße, was als signifikante Größe für den Besuch der gesamten Innenstadt gesehen werden kann. Denn wer nach Konstanz kommt, wird in aller Regel durch diese prominente Flaniermeile schlendern.
Etwa ein Viertel der Menschen, die in die Innenstadt kommen, haben sich somit in der ersten Woche an der Bändchen-Aktion beteiligt. „Und wenn man nur die Kunden berücksichtigt“, erläutert Daniel Hölzle die Zahlen, „dann kann vermutlich sogar von einer Beteiligung in einer Größenordnung von einem Drittel ausgegangen werden.“ Denn prinzipiell sei nicht davon auszugehen, dass jeder Besucher einen Abstecher in ein Geschäft macht – etliche werden nicht aus Einkaufsgründen durch die Straßen gehen.

Wirklich überraschend ist der gute Absatz der Bändchen allerdings nicht. Der Handel kommt damit dem starken Bedürfnis nach einem möglichst ungetrübten Einkaufserlebnis in Zeiten der Pandemie nach. Die Idee: Der 2G-Nachweis wird einmal geführt, dafür erhält man ein für die laufende Woche gültiges Bändchen in einer bestimmten Farbe und bekommt so ohne lästige Einzelkontrolle den Zutritt zu den beteiligten Geschäften. Dabei handelt es sich nicht nur um die rund 160 Läden, die unter dem Treffpunkt-Dach ihre Aktionen koordinieren, auch Nicht-Mitglieder können mitmachen.
Das hört sich einfach an, ganz trivial jedoch ist die Organisation nicht. Da sind zunächst die Kosten: Acht, neun Cent kostet ein Bändchen, die durch die Nummerierung fälschungssicher und reißfest sind, außerdem steckt das Bändchen laut Daniel Hölzle auch gut den Duschgang unbeschadet weg. Zu den Kosten gehören ferner die Ausgaben für die Bewerbung der Aktion, wobei er die Unterstützung durch die MTK (Marketing Tourismus Konstanz) hervorhebt. „Aber das ist es uns wert“, führt der Treffpunkt-Chef aus, wobei er nicht nur die Kunden im Blick hat. Den Händlern geht es zugleich um eine Entlastung der Mitarbeiter, für die die Corona-Eingangskontrolle sich mehr und mehr zu einer ermüdenden Belastung entwickelt. „So etwas hat immer etwas von einer Gängelung“, sagt Daniel Hölzle, „was im Gegensatz zu unserem beruflichen Selbstverständnis steht.“
Die Bändchen-Aktion könnte somit als Glücksmoment in der Pandemie durchgehen, wenn da nicht der aufgeregte Mailverkehr zwischen den Händlern wäre. Peter Kolb hat ihn dem SÜDKURIER zukommen lassen, und er verdeutlicht, warum der Geschäftsmann seinem Frust Luft verschafft. Er und seine Kollegen müssen sich mit Vorwürfen aus der Ecke von Querdenkern herumschlagen, wonach sie sich mit den Bändchen zu Handlangern einer angeblich grundgesetzwidrigen Politik machen.
Deshalb kündigt beispielsweise ein Kritiker – ohne Namens- oder Adressangabe – an, dass er „alle Menschen in Konstanz aufrufen werde, diese Bändchen und darüber hinaus den Einkauf nach den 2G-Regeln zu boykottieren“. Es wird ferner der Vorwurf erhoben, dass die Händler einer „kollektiven Psychose Nahrung geben“ und dies zur Spaltung der Gesellschaft beitrage. Überhöht wird diese Einstellung mit dem Aufruf, dass der Treffpunkt „sich auf die richtige Seite der Geschichte“ stellen und die „widerliche Aktion“ beenden solle.
Handel will nicht am Tropf des Staates hängen
Angesichts solcher Vorwürfe verliert der ein oder andere Geschäftsmann die Contenance. „Unsere Bändchen helfen gebeutelten Händlern und Kunden, und niemand wird zu irgendetwas gezwungen“, schreibt einer von ihnen. Er ergänzt: „Wir versuchen alles, um nicht wieder am Tropf der Staates zu hängen, und dann muss man sich mit diesem Mist rumschlagen.“
In diesem Sinne äußert sich auch Peter Kolb in einer schriftlichen Stellungnahme zu den Vorwürfen aus der Ecke der Querdenker. Der Konstanzer Handel sieht die Corona-Verordnungen demnach kritisch, aber man sei bestrebt, das Beste daraus zu machen. Durch elektronische Zugangskontrollen oder die Armbändchen werde versucht, den vorgeschriebenen Kontrollen gerecht zu werden und das Leben zu vereinfachen. „Es ist sehr beschämend“, so schreibt er, „wenn diejenigen, die am meisten unter den Auswirkungen leiden und sich um pragmatische Lösungen bemühen, auch noch angefeindet werden.“