In den warmen Monaten brummt der Herosé. Kaum ein Stück Rasen ist nicht von einem Handtuch bedeckt. Es riecht nach Sonnencreme, Zigaretten, Shishas und Grillfleisch. Fetzen von Musik aus mehreren Anlagen trudeln durch die warme Luft und ab und zu hört man einen erhitzten Körper in den Seerhein klatschen. Der Herosé ist wohl einer der meistfrequentierten öffentlichen Orte in der Stadt.
Ergänzung zu den Streifen des Kommunalen Ordnungsdienstes
Für das junge Konstanz ein immens wichtiger Treffpunkt, wo mitten im Stadtgebiet entspannte Stunden verbracht werden. Anwohner und ältere Konstanzer haben allerdings einen gänzlich anderen Blick auf das Areal. Sie hören Lärm, sehen massiven Alkoholkonsum und Müll. Herosé und Seerheinufer werden in diesem Jahr von einem kommunalen Ordnungsdienst patrouilliert. Und seit Samstag soll der alkoholfreie Kiosk b.froobie weiter zur Entspannung der Konflikte um den Herosé beitragen.

Günstige Preise, ein Pfandsystem – aber sicher kein Alkohol
Wie soll ein Kiosk das leisten? Für die nächsten drei Monate wird der Foodtruck direkt neben der Fahrradbrücke regionale Produkte anbieten. Limonade, Eistee, Smoothies, Bio-Chips und das froobie-Eis des studentischen Start-Ups aus Markelfingen. Kein Bier, kein Gin-Tonic. Preislich zwischen 1,50 und 2,50 Euro. Alles mit Pfand, um keinen Müll zu verursachen.
Einer der vier froobie-Gründer Leonard Thielmann steht hinter der Theke. „So ein Kiosk spricht sich im Park schnell rum. Und die Leute freuen sich, dass sie hier direkt ein Eis kaufen können“, sagt er. Vor Feindseligkeit oder Antistimmung habe er keine Angst. Sie seien zwar mit der Alkoholpräventionsidee vor Ort aber „keine Sozialarbeiter oder so“.
Leiter des Präventionsteams: Kein Interesse, Studenten das Feiern zu verbieten
Die Präventionsidee für den Herosé kommt von b.free. Eine den Rotary-Clubs im Landkreis zugehörige Gesellschaft, die sich für den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen einsetzt. Für den Kiosk in Konstanz arbeiten alle acht Rotary-Clubs der Region zusammen und haben gemeinsam mit froobie, die Stadt Konstanz und den Landkreis von der dreimonatigen Testphase überzeugt.
Der Geschäftsführer von b.free und Suchtbeauftragte des Landkreises ist Johannes Fuchs. Er beschreibt die Idee: „Wir haben nicht ansatzweise das Interesse, die Studenten zu vertreiben oder das Feiern zu verbieten. Mit unserem spielerischen und experimentellen Ansatz erhoffen wir uns eine andere soziale Durchmischung und dass der Platz für alle Konstanzer und Gäste zugänglicher wird.“

Bei erfolgreichem Probelauf soll das Projekt zur Dauerlösung werden
Allerdings seien er und seine Mitstreiter nicht so naiv zu glauben „von heute auf morgen alles ändern zu können“. Nach drei Monaten und vielen Gesprächen mit den Standbetreibern von froobie, Anwohnern und Parkbesuchern werde der Erfolg des Experiments mit dem alkoholfreien Angebot bewertet. Und wenn das Konzept aufgegangen sei, könnte dort im nächsten Jahr ein fixer b.froobie-Kiosk entstehen.
Auch die anderen Initiatoren des Projektes wollen ihren Ansatz auf keinen Fall als Belehrung oder moralischen Zeigefinger verstanden wissen. Benjamin Güller, Andreas Görwitz und Philipp Graf von Magnis sind sich einig, dass sie weder ein Alkoholverbot für den Herosé, noch eine Verdrängung der jungen Feiernden wollen. „Die Stadt sieht ja auch die besondere Atmosphäre im Herosé-Park und möchte die nicht kaputt machen."
Am häufigsten bestellt wird – trotz allem: Bier
"Wir wollen da auch keine Konzertmuschel für Rentner aufstellen. Aber die oberste Exzessspitze soll gekappt werden“, fasst von Magnis zusammen. Am Kiosk berichtet Leonard Thielmann von den bisherigen Erfahrungen: „Wir führen eine Strichliste, was die Leute am häufigsten bestellen“, dann lacht der junge Mann, „bisher führt Bier die Liste ganz klar an. Aber dann erklären wir das b.froobie-Konzept und fast alle reagieren darauf echt positiv.“
Konzept für den öffentlichen Raum – das Beispiel Basel
Im Behördendeutsch werden Konflikte, wie der im Herosé-Park wie folgt erklärt: „Der Nutzungsdruck auf die öffentlichen Räume ist groß.“ Im Klartext: Viele Menschen haben an einen Ort viele verschiedene Erwartungen. Und das führt zu Konflikten. Die Stadt Basel formulierte 2014 ein Konzept mit Leitsätzen für den öffentlichen Raum. Darin wurde der Anspruch erhoben diesen grün, für alle und vielfältig nutzbar, sicher und gepflegt zu halten. Dazu dienen vielfältige Maßnahmen. Eine davon ist beispielsweise die Berücksichtigung gesellschaftlicher Bedürfnisse bei der Planung öffentlichen Raumes und baulich-organisatorischen Maßnahmen. B.froobie möchte die Erkenntnisse aus Basel für Konstanz nutzen und hier anwenden.