Manuela Herbon hatte eigentlich alles, was zu einem geregelten Leben dazugehört: Eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau, einen festen Job als selbstständige Lastkraftwagenfahrerin, eine nette Wohnung in der Friedrichstraße sowie einen intakten Freundeskreis.
"Das Theater ging los, als mein Vermieter starb und durch den neuen Besitzer der Wohnung die Kaltmiete nach oben schnellte", erzählt die 50-Jährige. Ihr wurde ein neuer Vertrag zur Unterschrift vorgelegt, "doch den konnte ich so nicht unterschreiben, da mich das finanziell in den Ruin getrieben hätte".
Zeitgleich ging ihr Unternehmen insolvent, gesundheitliche Probleme machten ihr immer mehr zu schaffen.
„Es kam alles auf einmal. Ich war echt am Boden zerstört und total fertig.“
Doch die Powerfrau kämpfte weiter, arbeitete in einem Getränkeladen, versuchte, sich irgendwie über Wasser zu halten. An Aufgeben dachte sie nie.
Ihr Vater war ihr großes Vorbild. "Er hat im Krieg und auf der Flucht lernen müssen, was es bedeutet über Wochen hinweg an einer halben Kartoffel zu essen", sagt sie. "Später war er Schiffbauer und Schiffschlosser-Meister." Die Härte im Nehmen und Geben lernte sie von ihm.
Irgendwann geht ihr letzter Halt verloren – und sie wird obdachlos
"Das Büro in dem Getränkeladen, in dem ich arbeitete, war gleichzeitig meine Wohnung." Doch das ging nicht lange gut. 2013 landete sie auf der Straße, fühlte sich am Abgrund der Gesellschaft.
„Ich schlief in Eingangsbereichen der Sparkasse oder der Post. Dort, wo gerade Platz war. Die Auswahl war ja nicht gerade groß. Im Sommer ging's, im Winter war's hart.“
Schließlich wagte sie sich in städtische Obdachlosenunterkünfte. Doch das war die Hölle.
„Hier kannst du alle Drogen kaufen, die du möchtest, und als Frau bist du Freiwild. Doch Gott sei Dank war ich LKW-Fahrerin und weiß mich zu wehren.“
Kleine Jobs bei Fairkauf halfen ihr, den Kontakt zum "normalen Leben" nicht zu verlieren, wie sie es ausdrückt. Sie fand eine kleine Wohnung in der Mainaustraße, wo sie heute noch lebt.
Die Krankheit verwehrt ihr viele neue Chancen – aber ihre Geschichte auch
"Hier war ich plötzlich wie neu geboren. Ich würde so gerne wieder arbeiten, aber meine Gesundheit lässt das derzeit nicht zu", erzählt sie. Sie hat Probleme mit der Hüfte, den Kreuzbändern, den Knien und den Bandscheiben. "Ich bin krank geschrieben, doch eigentlich doch noch viel zu jung, um nichts zu machen."
Täglich durchstöbert sie Anzeigen nach Arbeit, die sie trotz ihrer Probleme erledigen könnte, "doch das ist nicht einfach. In meinem Alter und mit meiner Geschichte".
Ein große Hilfe war und ist ihr das Jobcenter.
„Sigrun Messmer möchte ich da hervorheben. Sie hat mich immer voll unterstützt, es ist schön, dass es solche Menschen gibt. Genauso Agnes Martin-Dulemba und Patrick Martin von klaradenken, die mit dem Jobcenter zusammen arbeiten. Ohne die drei hätte ich es nicht geschafft.“
Heute lebt sie zwar am Existenzminimum, erhält Hartz IV – doch sie lebt und scheint dabei glücklich zu sein. "Das sind 424 Euro jeden Monat, dazu wird meine Miete bezahlt", erklärt sie.
Kann man davon überhaupt vernünftig leben – auch und vor allem in Konstanz?
„Das geht schon. Ich trinke keinen Alkohol, rauche nicht und habe nicht jede Woche eine neue Frisur oder neue Fingernägel. Wenn man weiß, wie viel Geld man genau zur Verfügung hat und sein Leben danach richtet, dann klappt das irgendwie auch.“