Die Unterschriftenliste ist lang. Mehr als 400 Menschen stehen mit ihrem Namen gegen das Verlegen der Haltestellen Tenbrink- und Markgrafenstraße ein. „Und ich hätte noch mehr sammeln können, das ist das Ergebnis aus zwei Tagen“, erklärt Maria Vormittag. Sie zählt zu den Anwohnern im Gebiet am Bahnhof Petershausen und wirkt als Sprachrohr für die Unterschreibenden.
Wenn die Stadtwerke Konstanz erwartet haben, mit der Verlegung der Buslinie 6 aus der Markgrafenstraße lediglich kurzzeitig für Unmut zu sorgen, so sehen sie sich nun standhafter Gegenwehr ausgesetzt.
Das Problem vieler Anwohner zeigt sich bei einem Ortstermin
Nicht jeder, der wollte, konnte auch kommen. Denn: Es regnet. "Da wird es für manche schon schwierig", sagt Vormittag. "Wer auf einen Rollator oder Gehhilfen angewiesen ist, der wagt sich dann nicht mehr gerne auf die Straße."
Bei anderen, darunter sie selbst, komme eine stark eingeschränkte Sehkraft hinzu. "Wie soll man da schadlos die Reichenaustraße überqueren, wie es sich die Stadtwerke vorstellen?", fragt Vormittag.

Das sei selbst für gesunde Menschen ein Wagnis. Dorthin wurden die bisherigen Haltestellen der Markgrafenstraße im März verlegt. Sie und ihre Mitstreiter sind über das Verhalten der Stadtwerke "stinksauer", beschreibt Vormittag.
"Wir lassen uns den Bus nicht einfach wegnehmen"
Rund um den Bahnhof Petershausen wurde Wohnraum für hunderte Bürger geschaffen, darunter auch zahlreiche Ältere, die sich laut eigener Aussage gerade wegen der guten Anbindung an den öffentlichen Verkehrs dort niederließen. Sie wollen deshalb weiter um ihr Ziel kämpfen: „Wir lassen uns den Bus nicht einfach wegnehmen.“
Warum? Einerseits, weil sie sich von der kurzfristigen Ankündigung der Linienverlegung durch den Busbetreiber von wenigen Tagen überrumpelt fühlten. Andererseits, weil es ihnen schwerfällt, das von den Stadtwerken vorgebrachte Argument der Verkehrssicherheit zu glauben. „In Wahrheit ging es doch darum, Hotels und Einkaufszentren an der Reichenaustraße noch besser zu bedienen“, vermutet Maria Vormittag.
Alternative: Eine von Busfahrern steuerbare Ampel?
Die Stadtwerke Konstanz argumentieren in dem Verfahren seit Beginn mit größter Gefahr bei der Begegnung von Bussen und Radfahrern, insbesondere in der neuen Fahrradstraße in der Petershauser Straße.
Mehrere hundert Vorfälle sollen Busfahrer während des vergangenen Septembers gemeldet haben. Dies wurde auch Maria Vormittag in einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, noch einmal bestätigt, nachdem sie die 400 Unterschriften an die Stadtwerke verschickte.
„Selbst wenn es um die Verstöße einzelner Radfahrer geht. Wie kann es sein, dass hier hunderte Anwohner für deren Fehler bestraft werden?“, fragt Vormittag im Namen der Anwohner. Erneut bringen sie deshalb die Lösung einer gesteuerten Ampel vor der Einfahrt von der Petershauser Straße in die Markgrafenstraße ins Spiel. Die Ampel gibt es bereits. Lösten Busfahrer diese per Signal aus, würde das die Gefahrensituationen an dieser Stelle beseitigen, lauten die Argumente der Ampel-Befürworter.
Die Stadtwerke sahen das bei ihrer Entscheidung anders
Auch gegenüber den erbosten Anwohnern teilen sie mit: „Die von ihnen vorgeschlagene Ampelschaltung setzt voraus, dass sich alle Verkehrsteilnehmer immer an die Regeln halten.“ Erfahrungen von der Ampel am Kreuzungsbereich Petershauser Straße/ Reichenaustraße zeigten, „dass dies in der Praxis leider nicht immer funktioniert“.
An der Fußgängerampel an der Markgrafenstraße würde laut Stadtwerke Ähnliches drohen. Demnach könnten sich Busfahrer nicht darauf verlassen, dass Fußgänger bei Rot auch stehen bleiben. „Daraus resultierende Gefahrenbremsungen stellen auch für unsere Fahrgäste ein nicht unerhebliches Risiko dar“, so das Argument.
Anwohner wollen sich an Gemeinderat wenden
Als nächsten Schritt kündigen die Anwohner nun den Besuch der Bürgerfragestunde im Gemeinderat an. Dort dürften sie zumindest in Teilen mit zustimmendem Nicken der Stadträte rechnen können – antworten darf nur die Stadtverwaltung.
So sagt Jürgen Ruff für die SPD-Fraktion, die sich als erste im Gemeinderat gegen die Verlegung der Linie 6 geäußert hatte: „Eine derart weitreichende Entscheidung wurde dem politischen Prozess entzogen, da sie eben nicht in den zuständigen politischen Gremien öffentlich diskutiert und abgestimmt wurde.“ Seine Fraktion fordere nun genau dies, auch die Freie Grüne Liste (FGL) hat das Thema inzwischen auf der Agenda.
Und wenn die Anwohner um Maria Vormittag in Konstanz nicht weiterkommen? Dann kündigt sie schon einmal an: „Dann gehen wir notfalls bis nach Berlin.“