Viel Zuspruch erhielt am Sonntagnachmittag der Bürgerempfang der Stadt Konstanz. Zeugnis dessen war der voll besetzte große Veranstaltungssaal im Bodenseeforum, der nicht einmal für alle Besucher ausreichte. Über zwei Leinwände wurde das etwas mehr als zweistündige Programm in zwei weitere Räume übertragen. Das große Interesse rührte nicht zuletzt daher, da etliche Besucher hinter der traditionell zum Jahresbeginn stattfindenden Veranstaltung den Auftakt zum Wahlkampf von Oberbürgermeister Uli Burchardt erwarteten. Entsprechend gespannt war das Publikum auf seine Reden zum Rückblick auf 2019 und Ausblick auf 2020.
Jetzt offiziell: Uli Burchardt kandidiert erneut als OB
Enttäuscht wurden sie dahingehend nicht, dass Burchardt nun – wenig überraschend – auch offiziell seine Kandidatur für die im Juli stattfindende Wahl erklärte. Mehr wollte er vorerst nicht sagen, „denn dies wäre dann bereits Wahlkampf„. Stattdessen verwies er auf seine neue private Homepage, auf der man sich unter anderem über seine Vision für Konstanz im Jahr 2040 informieren kann.
Die wichtigsten Themen für Konstanz
Nach der Rückschau auf 2019, die Burchardt wie schon im Vorjahr mit Bildern seines privaten Smartphones durchschritt, streifte er in der Vorschau auf 2020 die für Konstanz relevanten Themenkomplexe von Wohnen über Verkehr bis zu Bildung und Kinderbetreuung sowie die wirtschaftliche Lage der Stadt. Diese sei, so der Oberbürgermeister, trotz der Abwanderung der Industriebetriebe – insbesondere aus der Pharmabranche – nicht schlechter als mit diesen aufgestellt. Diese Stadt müsse heute in allen Bereichen „nach den klügsten Köpfen Ausschau halten“. Das betreffe nicht nur die wachsende Gründerszene, sondern zum Beispiel auch Fachkräfte in der Pflege. Deren akuter Mangel sorgt für häufig nicht zu belegende Betten am Klinikum.

Ziel sind 7500 neue Wohnungen bis 2035
Beim Ausbau des Wohnungsangebots sei das Ziel, bis 2035 um die 7500 neue Wohnungen bereitzustellen. Nötig würden die vielen neuen Wohnungen laut Burchardt nicht unbedingt wegen eines starken Bevölkerungswachstums – zuletzt stieg die Zahl der Einwohner in Konstanz nur noch marginal -, sondern weil heute jeder Einzelne auf mehr Quadratmetern als früher leben wolle. Der Wohnungsnot begegnen wolle man insbesondere durch die Großprojekte Telekom-Hochaus, Döbele- und Bückle-Areal sowie schließlich Hafner.

Ausbau des öffentlichen Verkehrs
Der Kritik am Kurzstrecken-Ticket für Busse, in dessen Vorzug nur Menschen mit Smartphone kommen, entgegnete Burchardt, dass es mit dem neuen vergünstigten Mehfahrten-Block für Fahrgäste ab 65 Jahren nun eine Alternative gebe. Erfreulich im Bereich Verkehr sei die steigende Zahl der Radfahrer bei gleichzeitig zurückgehender Zahl beim motorisierten Verkehr, wie eine neue Untersuchung zuletzt belegt habe. Mit Blick auf die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs erfolgten demnächst Gespräche mit den Stadtwerken. Die Zielrichtung gab Burchardt dabei wie folgt vor: Mehr Angebote, mehr Busse, Ausbau der Taktung.

Bevor die Show-Turngruppe des TV Konstanz ihr Können unter Beweis stellte, konnten im Jahr eins nach Ausrufen des Klimanostands die Herausforderungen des Klimawandel für die Stadt in der oberbürgermeisterlichen Rede zum Jahresauftakt nicht fehlen.

Konstanz soll kein „Ort des Verzichts“ sein
Burchardt äußerte sich überzeugt davon, dass Konstanz „das Zeug dazu hat, eine der nachhaltigsten Städte Deutschlands zu werden“. Voraussetzung seien sowohl städtische Maßnahmen und ein Umdenken jedes einzelnen Bürgers, die der OB dazu aufrief, sich an der Aktion der 1000 Klimabäume zu beteiligen und auf ihrem Privatgrundstück einen städtischen Baum zu pflanzen. „Es geht nicht darum, dass Konstanz ein Ort des Verzichts wird“, sagte Burchardt.
Seenachtfest in kleinerer Variante
Vielleicht war dies auch ein Hinweis auf die das vergangene Jahr beherrschende Diskussion um das Seenachtfest und dessen Zukunft, das es nach den Wünschen des Oberbügermeisters – wie er nun noch einmal sagte – ab 2021 in einer kleineren, nachhaltigeren Variante geben soll.
Kritik der jungen Klimaschützer berechtigt, sagt der OB
Gleichzeitig gestand er ein, dass die Kritik der Fridays-for-Future-Bewegung berechtigt sei. Diese hatte zuletzt angemahnt, seit in der Stadt der Klimanotstand herrsche, seien die Probleme nicht ausreichend und schnell genug angegangen worden. So passt zum Thema Klima und angesichts der anstehenden Wahl des Stadtoberhaupts wohl auch für Burchardt persönlich seine Erwartung an 2020 wohl sehr gut: Es werde sicher kein einfaches Jahr, sondern eines der Anstrengung. Spannend, so die Einschätzung vieler Besucher im Bodenseeforum, wird es wohl ganz sicher.