Es ist schon auffallend: Je weiter weg von Konstanz, desto stärker der Widerstand. So lässt sich die Geschichte der Eingemeindungen nach Konstanz in den 1970er-Jahren zusammenfassen.
Während sich in Litzelstetten nur sehr wenig Widerspruch gegen den Zusammenschluss regte, zögerten die Dingelsdorfer deutlich länger und pokerten. Auf die Spitze trieb es schließlich Dettingen – das zusammen mit Wallhausen eine eigenständige Gemeinde bildete – und reichte eine Klage beim baden-württembergischen Staatsgerichtshof in Stuttgart ein.
Der CDU-Ortschaftsrat erinnert sich: Der SPD-Bürgermeister „ist eine Legende“
„Wir hatten einen starken SPD-Bürgermeister. Er ist eine Legende“, erzählt Kurt Demmler, langjähriger CDU-Stadtrat und Ortschaftsrat, über Fritz Weißhaupt.

Der 66-jährige Demmler wuchs in Dettingen auf und erlebte diese bewegte Zeit mit. „Aber damals war ich politisch noch nicht so interessiert“, sagt er. Allerdings war seine Familie recht nah dran am Geschehen, schließlich war sein Vater Gemeinderechner (Kämmerer) unter Weißhaupt.
Keine engeren Beziehungen zu Konstanz
„Der Widerstand in der Bevölkerung war sehr groß: Es war einfach so, wir wollten selbstständig bleiben, ohne dass man sich viele Gedanken gemacht hat. Das war die allgemeine Stimmungslage. Ich bin auch beim Auto-Korso mitgefahren. So wie ich mich heute mit der Thematik auseinandersetzen würde, habe ich das damals nicht“, sagt er rückblickend.
Zu Konstanz hätten damals keine engeren Beziehungen bestanden. „Es hatte sie höchstens über die kirchlichen Verbände gegeben, aber das hatte mit den politischen nichts zu tun“, erläutert Demmler. „Es gab die Schule und man war in den verschiedenen Vereinen aktiv“, ergänzt er.
Wäre die Gemeinschaft mit Allensbach vielleicht die bessere Lösung gewesen?
„Weißhaupt hat den Bürgern Zückerle hingeworfen“, erzählt Demmler. So habe er ihnen ein Hallenbad versprochen. „Die Brunnenhalde war damals im Gespräch“, berichtet Demmler. Auf dem Gelände sei es hierfür zum Grundstückstausch und -kauf gekommen, ergänzt er. Als Alternative zu einer Eingemeindung war lange Zeit die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft zwischen Dettingen und Allensbach im Gespräch, denn schließlich ging es bei der Gebietsreform auch um Kosteneinsparung für die öffentliche Hand.
„Dettingen war eine reiche Braut“
„Auch in Allensbach gab es einen starken Bürgermeister“, berichtet Demmler. „Ob die Verwaltungsgemeinschaft tatsächlich die bessere Lösung gewesen wäre, kann man im Nachhinein nicht mehr beurteilen“, erklärt der Ortschaftsrat. „Dettingen war damals eine reiche Braut.“
In der Tat hatte Dettingen kurz zuvor selbst den Neubau einer Schule, einer Mehrzweckhalle und eines Kindergartens gestemmt. Kurt Demmler beendete 1968 die Volksschule. „Kurz darauf wurde angefangen zu bauen“, erzählt er. Die Turnhalle oberhalb des Kreuz-Parkplatzes sei nach dem Bau der Mehrzweckhalle überflüssig geworden. 1968 wurde auch der Kindergarten eingeweiht.

1975 fiel dann die Entscheidung
Kurt Demmler war zu der Zeit in Ausbildung bei der Polizeischule in Biberach. „Ich bin am Freitagmittag mit dem Auto vom Hof weggefahren. In den Nachrichten ist es gekommen, dass Dettingen verloren hat. Zu diesem Zeitpunkt hat mich das nicht mehr so arg interessiert. Du hast es hingenommen“, erzählt er. Auch Weißhaupt kapitulierte, denn auf den Gang zum Bundesverfassungsgericht verzichtete er.
Auch wenn manche Entscheidungen lange dauern und Wünsche nicht immer in Erfüllung gehen, zieht Demmler eine positive Bilanz. „Im Nachhinein sehe ich es nicht als Fehler, dass Dettingen zur Stadt Konstanz gehört. Ich glaube, dass die meisten von uns sich als Konstanzer fühlen. Von mir sage ich: Ich bin Konstanzer, der aus Dettingen kommt“, erklärt Kurt Demmler.
Die Thingolthalle gab‘s als „Dankeschön“ aus Konstanz
Mit dem Gerichtsurteil hatte Dettingen nicht nur politisch verloren, sondern auch finanziell. Für Gemeinden, die sich freiwillig eingemeinden ließen, gab es Sonderzuschüsse. Litzelstetten mit der Insel Mainau tat dies bereits 1971. Dingelsdorf mit Oberdorf 1974, nachdem der Gemeinderat in einer ersten Sitzung dagegen gestimmt hatte. Außerdem schrieben die Eingemeindungsverträge fest, was Konstanz in den neuen Teilorten erhalten beziehungsweise neu bauen muss. „Als Folge bekamen wir 1983/84 die Thingolthalle“, berichtet Dingelsdorfs Ortsvorsteher Heiner Fuchs.

„Ich weiß es noch ganz genau. 1983 wurde die Seeblickhalle gebaut. Vorher ist an Fasnacht immer ein Zelt dort gestanden“, erzählt Litzelstettens Verwaltungsleiter Klaus Frommer. Ein Blick in den Vertrag offenbart ihm, welche Zusagen gemacht wurden: „Die Ortsverwaltung bleibt selbstständig – wir sind heute ein komplettes Bürgerbüro; der Campingplatz, das Strandbad und die Grundschule bleiben, die Feuerwehr bleibt selbstständig“.

Darüber hinaus ist für Heiner Fuchs wichtig, dass der Bus nicht teurer als in der Stadt sein darf. „Deshalb gibt es keinen Zonentarif“, erläutert er. Gut findet er auch, dass die Bauhöfe geblieben sind. „Es ist sinnvoll, sie dort zu erhalten, wo man sie braucht“, so Fuchs.