Es ist schwer zu übersehen: Konstanz lebt maßgeblich vom Handel. Mehr denn je. Was sich in vollen Geschäften und langen Schlangen an den Kassen im Alltag zeigt, beweist nun auch ein Blick auf die Wirtschaftszahlen. Diesen April haben die Gewerbesteuer-Einnahmen der Handelsbranche erstmals die der Industrie überholt.
Steuereinnahmen durch Handel wächst seit Jahren rasant
Knapp 8,6 Millionen Euro an Vorauszahlungen stehen laut einer Auswertung der Wirtschaftsförderung Konstanz rund acht Millionen Euro gegenüber. Zum Vergleich: Vor sechs Jahren betrug das Verhältnis zwischen Handel und Industrie noch 4,7 zu 10,3 Millionen Euro. Die Auswertung enthalten jeweils keine Nachzahlungen. Der Handel steuert damit inzwischen einen Anteil von mehr als 23 Prozent zu den Gewerbesteuer-Einnahmen bei.
Auch immer mehr Arbeitsplätze hängen an Handel und Gastgewerbe
Der Boom des Handels – verbunden mit dem Frankenschock 2015 und dem nach wie vor starken Einkaufstourismus aus der Schweiz – ist für das Konstanzer Steuersäckel ein Segen. Und nicht nur das. Einerseits nimmt die Gemeinde über den Handel mittlerweile fast ein Viertel seiner Gewerbesteuern ein, nur der Dienstleistungssektor bringt noch mehr ein.
Anderseits arbeitet heute nahezu jeder dritte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – insgesamt mehr als 9200 Menschen – in den Bereichen Handel, Gastgewerbe oder Verkehr. Das sind mehr als doppelt so viele wie in der Industriebranche.
"Der Bereich Handel, Gastgewerbe und Verkehr wuchs zwischen 2008 und 2016 um 2260 Personen und trug damit um mehr als 50 Prozent zum gesamten Beschäftigungswachstum bei", erklärt Wirtschaftsförderer Friedhelm Schaal. Wobei geringfügig Beschäftigte in diesen Zahlen noch nicht inbegriffen sind. Gerade in der Hotellerie, in der Gastronomie und im Handel werden sie jedoch häufig eingesetzt.
Jeder dritte Arbeitsplatz und jeder dritte Gewerbesteuer-Euro stammt aus den Bereichen Handel und Tourismus
Im großen Maßstab zeigt sich der Wandel in der Entwicklung der Konstanz Gewerbesteuer also aus dem Handel. Im Kleinen, dabei aber nicht weniger auffällig, lässt er sich in den Branchen Hotellerie und Gastronomie nachweisen.
Zwar nehmen beide Bereiche prozentual nur einen Bruchteil der Gesamtsteuereinnahmen ein, gerade einmal 2,8 Millionen von insgesamt 36,6 Millionen Euro. Aber: Der Sektor wachst rasant und hat sich in den vergangenen sechs Jahren von damals rund 1,1 Millionen Euro mehr als verdoppelt.
Wirtschaftsförderer Schaal fasst zusammen: "Man kann feststellen, dass Handel und Tourismus in Konstanz für rund 30 Prozent der Arbeitsplätze und 31 Prozent des Gewerbesteueraufkommens sorgen."
Gewerbesteuer in Konstanz
Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle von Städten und Gemeinden. In Konstanz entsprach ihr Anteil zuletzt rund 19 Prozent der Gesamterträge des Haushalts. Ihre Berechnung richtet sich nach dem Ertrag der Unternehmen multipliziert mit der Steuermesszahl (derzeit 3,5 Prozent), der wiederum mit dem Hebesatz der jeweiligen Gemeinde multipiliziert wird. In Konstanz liegt der Hebesatz bei 390 und damit über dem Durchschnitt im Landkreis (347). Vom gesamten Gewerbesteueaufkommen müssen Gemeinden einen Anteil im Rahmen der Steuerumlage an Bund und Länder abgeben. Ein Beispiel: Das Brutto-Gewerbesteueraufkommen in Konstanz betrug 2017 44 Millionen Euro, hiervon flossen rund 7,7 Millionen Euro als Umlage ab. Netto blieben also 36,3 Millionen Euro im städtischen Haushalt. 2018 rechnet die Kämmerei mit ähnlichen Zahlen. Die Gewerbesteuer ist eine schwer zu kalkulierende Größe. So musste die Stadt Konstanz in den beiden Vorjahren unerwartet jeweils sieben beziehungsweise acht Millionen Euro Gewerbesteuern an Unternehmen zurückzahlen, weil diese weniger Gewinn machten, als zunächst angenommen. (bbr)