Es ist schwer zu übersehen: Konstanz lebt maßgeblich vom Handel. Mehr denn je. Was sich in vollen Geschäften und langen Schlangen an den Kassen im Alltag zeigt, beweist nun auch ein Blick auf die Wirtschaftszahlen. Diesen April haben die Gewerbesteuer-Einnahmen der Handelsbranche erstmals die der Industrie überholt.

Steuereinnahmen durch Handel wächst seit Jahren rasant

Knapp 8,6 Millionen Euro an Vorauszahlungen stehen laut einer Auswertung der Wirtschaftsförderung Konstanz rund acht Millionen Euro gegenüber. Zum Vergleich: Vor sechs Jahren betrug das Verhältnis zwischen Handel und Industrie noch 4,7 zu 10,3 Millionen Euro. Die Auswertung enthalten jeweils keine Nachzahlungen. Der Handel steuert damit inzwischen einen Anteil von mehr als 23 Prozent zu den Gewerbesteuer-Einnahmen bei.

Seit 2016 ist viel passiert. Zu den mehr als zehn Millionen Euro der Industrie-Einnahmen trugen maßgeblich die Steuern des Pharmaunternehmens Takeda, vormals Byk Gulden und Altana, bei. 2000 Menschen arbeiteten einst am Pharma-Standort Konstanz, mit der Schließung der Takeda verlor ein letzter großer Teil von ihnen die Arbeit – und die Stadt nach und nach ihre größten Gewerbesteuerzahler. Zuletzt sorgte auch der Abzug des Unternehmens Dr. Kade aus Konstanz für Aufmerksamkeit.

Auch immer mehr Arbeitsplätze hängen an Handel und Gastgewerbe

Der Boom des Handels – verbunden mit dem Frankenschock 2015 und dem nach wie vor starken Einkaufstourismus aus der Schweiz – ist für das Konstanzer Steuersäckel ein Segen. Und nicht nur das. Einerseits nimmt die Gemeinde über den Handel mittlerweile fast ein Viertel seiner Gewerbesteuern ein, nur der Dienstleistungssektor bringt noch mehr ein.

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Anderseits arbeitet heute nahezu jeder dritte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – insgesamt mehr als 9200 Menschen – in den Bereichen Handel, Gastgewerbe oder Verkehr. Das sind mehr als doppelt so viele wie in der Industriebranche.

"Der Bereich Handel, Gastgewerbe und Verkehr wuchs zwischen 2008 und 2016 um 2260 Personen und trug damit um mehr als 50 Prozent zum gesamten Beschäftigungswachstum bei", erklärt Wirtschaftsförderer Friedhelm Schaal. Wobei geringfügig Beschäftigte in diesen Zahlen noch nicht inbegriffen sind. Gerade in der Hotellerie, in der Gastronomie und im Handel werden sie jedoch häufig eingesetzt.

Jeder dritte Arbeitsplatz und jeder dritte Gewerbesteuer-Euro stammt aus den Bereichen Handel und Tourismus

Im großen Maßstab zeigt sich der Wandel in der Entwicklung der Konstanz Gewerbesteuer also aus dem Handel. Im Kleinen, dabei aber nicht weniger auffällig, lässt er sich in den Branchen Hotellerie und Gastronomie nachweisen.

Zwar nehmen beide Bereiche prozentual nur einen Bruchteil der Gesamtsteuereinnahmen ein, gerade einmal 2,8 Millionen von insgesamt 36,6 Millionen Euro. Aber: Der Sektor wachst rasant und hat sich in den vergangenen sechs Jahren von damals rund 1,1 Millionen Euro mehr als verdoppelt.

Wirtschaftsförderer Schaal fasst zusammen: "Man kann feststellen, dass Handel und Tourismus in Konstanz für rund 30 Prozent der Arbeitsplätze und 31 Prozent des Gewerbesteueraufkommens sorgen."